Gelsenkirchen-Buer. Einnahmeausfälle gefährden die Existenz von Gelsenkirchener Familie Röber. Ein Mitglied setzt nun auf ein „Drive-In“ für Mandeln und Lebkuchen.
„Schausteller bringen ein Licht ins Dunkel der Welt“, sagt Andreas Röber und bezieht sich damit sogar auf ein Zitat des Papstes. Nur sehe es in diesen Tagen im beruflichen Leben der Schausteller selbst düster aus. Feste, Kirmesveranstaltungen – alles wird abgesagt. Jene, die dort eigentlich für Freude hätten sorgen wollen, bedroht das in ihrer Existenz. Mehr noch: Im Schlimmsten Fall könne ein wahrer Kulturverlust drohen.
„Etwas Derartiges hat es in der 1200-jährigen Geschichte der Schaustellerei nicht gegeben. Meine Großeltern kamen beide aus dem Zirkus. Die haben im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs Kirmesveranstaltungen durchgeführt“, erzählt der Schausteller. Seine Familie ist seit Jahren in Buer heimisch, lebt auf der Königswiese, nimmt stets an Veranstaltungen im Stadtnorden teil, bringt sich in verschiedenen Arbeitsgruppen ein in das städtisches Leben. Das alles jedoch ist der aktuellen Zwangspause unterworfen.
Gelsenkirchener plagt vor allem die Ungewissheit, wann und wie es weitergeht
„Die Nachricht, dass bis Ende August keine Großveranstaltungen stattfinden, das war für uns ein Schock“, sagt auch Petra Röber. „Wir wissen nicht, wohin der Weg geht“, meint sie und berichtet, schon würden die ersten Weihnachtsmärkte abgesagt. Im schlimmsten Fall also dauere die Pause ein Jahr.
Schwierig sei auch, dass man nicht wisse, was genau nun unter einer Großveranstaltung zu verstehen sei. Da gebe es keinerlei Richtlinie vom Land.
Horster Kirmes ist noch nicht abgesagt
„Als Vorsitzender des Gelsenkirchener Schaustellerverbandes bin ich auch für die Organisation der Horster Kirmes zuständig“, so Sascha Röber, der Bruder von Andreas Röber. „Die hätte im April stattfinden sollen, da haben wir sie noch in den Juni verlegt.“
Weil die Kirmes eine ganz kleine sei, habe man sie bislang auch noch nicht abgesagt, warte die Richtlinien ab, mit denen man in rund zwei Wochen rechne. „Bislang haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben.“ Dürfe die Außengastronomie öffnen, sei man zuversichtlich.
Mit Leib und Seele Schausteller
„Diese Hygiene können wir auf dem Kirmesplatz auch garantieren.“ Gerade habe er einen kleinen Stand gebaut, an welchem man sich desinfizieren könne. Abstand halten, das sei auch kein Problem. „Und man darf nicht vergessen, dass Schaustellerbetriebe am meisten von allen kontrolliert werden.“ In einer üblichen Saison geschehe das jede Woche – auf jedem neuen Platz.
Weil Schausteller auch flexibler seien, ja wahre Überlebenskünstler, haben die Röbers schnell reagiert. „Wir haben das Glück, kurzfristig Arbeit gefunden zu haben“, sagt Andreas Röber und meint seine Frau Petra und Sohn Maxi. Sobald es wieder möglich ist, wollen die Eltern zurück in ihre Wagen. „Ich bin mit Leib und Seele Schausteller.“ Sohn Maxi, der unter anderen Umständen den Betrieb vermutlich irgendwann übernommen hätte, hat es mit seinem neuen Job gut getroffen, muss nach Corona gar überlegen, was er will. Ein Ergebnis dieser Wochen und Monate könne also sein, dass er nicht zurückkehrt.
„Drive-In“ für Kirmes-Naschwerk öffnet montags bis samstags
Der Drive-In öffnet erstmals am Montag, 27. April. Danach ist er montags bis samstags von 14 bis 19 Uhr geöffnet.
Zum einen kann man mit dem Auto an eine eigens errichtete Theke anfahren, die Bestellung abgeben und die Ware in Empfang nehmen. Daneben dürfen natürlich auch Fußgänger kommen und einzeln an den Wagen heran treten.
Sollten mehrere Kunden gleichzeitig da sein, müssen sie im Wartebereich bleiben und dort natürlich auch die Abstände wahren.
Drive-In auf der Königswiese für gebrannte Mandeln, Lebkuchen und Co.
Sascha Röber wählt einen anderen Weg, der Krise zu begegnen: Er richtet auf der Königswiese einen Drive-In ein für gebrannte Mandeln, Lebkuchenherzen und Co. Eine kuriose Idee, aber vielleicht eine mit Erfolg. An den Parkplätzen auf der Königswiese steht schon alles bereit, Kunden unter Wahrung aller Vorschriften zu versorgen. Ein anderer Ort wäre ein zu großes Wagnis gewesen. „Und für Experimente ist in dieser Zeit kein Geld da.“ Die Not macht eben erfinderisch.
„Ich hätte das auch lieber gemacht“, verrät Andreas Röber. „Aber für zwei Familien reicht das nicht.“ Wichtig jedoch sei es, aktiv zu bleiben und präsent, die Zeit bis zur Rückkehr ins eigentliche Leben zu meistern. Allen Röbers nämlich ist die Schaustellerei seit jeher Beruf und Berufung, sagt Petra Röber. „Wir haben uns jeden Tag gefreut, in unsere Geschäfte zu gehen.“
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