Gelsenkirchen. Die Corona-Krise treibt viele Gelsenkirchener in die Natur. Landwirte und Förster sind nun nicht nur wegen der anhaltenden Trockenheit besorgt.

Die Natur ist in diesem Frühjahr gestresst. Bereits im dritten Jahr in Folge fällt zu wenig Regen. Getreide und Gemüse auf den Feldern dürsten nach Wasser, in den Wäldern leiden die Bäume unter der anhaltenden Trockenheit. Schon jetzt warnen Förster vor hoher Waldbrandgefahr. Als wäre das nicht bereits genug, macht der Mensch Pflanzen und Tieren das Leben zusätzlich schwer: Wegen der Coronavirus-Pandemie sind deutlich mehr Menschen im Grünen unterwegs als üblich. Und einige verhalten sich dabei offenbar extrem rücksichtslos.

1,6 Liter Regen pro Quadratmeter sind im April bisher in Buer gefallen. Ein Defizit, das trotz des anhaltenden Niederschlags in den Montaten davor bereits spürbar ist, wie RVR-Revierförster Matthias Klar erklärt: "Vor allem den Jungpflanzen, die wir in diesem Jahr gesetzt haben, fehlt schon jetzt Wasser." Die anhaltende Trockenheit und der Ostwind, der in den vergangenen Tagen wie ein Föhn gewirkt hat, machen dem Experten Sorgen. Das trockene Laub aus dem letzten Herbst könne schon beim kleinsten Funken Feuer fangen. In anderen Städten ist das in den letzten Tagen bereits passiert. Die Folgen im Emscherbruch wären verheerend. Klar appelliert deshalb an alle Spaziergänger, sich an das Rauchverbot im Wald zu halten.

Förster: Noch nie waren so viele Menschen im Wald

Aber nicht nur die Witterung treibt dem erfahrenen Förster die Sorgenfalten auf die Stirn. "Ich bin seit über 20 Jahren hier im Revier und habe noch nie so viele Familien im Wald gesehen", sagt er. Weil sie wegen der Covid-19-Pandemie nirgendwo anders hin können, Restaurants, Schulen und Freizeiteinrichtungen geschlossen sind, suchen viele gerade nach Erholung in der Natur. Das, so Klar, sei eigentlich etwas Positives. Leider beobachtet er allerdings oft, dass Menschen abseits der Wege unterwegs sind und Hunde unangeleint durchs Unterholz streunen.

In diesen Tagen eine große Gefahr, denn das Wild bekommt bald Nachwuchs und braucht dafür dringend Ruhe. "Die Ricken sind gerade hochtragend und dürfen nicht gestört werden", sagt der Förster. Immer wieder sei es jedoch in den vergangenen Wochen in Gelsenkirchen zu Wildunfällen gekommen, weil aufgescheuchte Tiere in Panik auf die Straße gerannt seien. "Stellen Sie sich vor, sie müssten hochschwanger einen Sprint absolvieren", beschreibt Klar. Er bittet Waldbesucher daher eindringlich, auf den befestigten Wegen zu bleiben und auch forstwirtschaftliche Zuwege zu meiden.

Illegale Müllablagerung im Wald

Matthias Klar hat zudem beobachtet, dass während der Corona-Pandemie illegal Müll im Emscherbruch entsorgt wurde. In der vergangenen Woche habe es gleich zwei Fälle gegeben, berichtet er. Der Förster führt das mit darauf zurück, dass die Wertstoffhöfe in Gelsenkirchen aktuell für Privatpersonen geschlossen sind. Gleichzeitig nutzen viele ihre Zeit zu Hause, um auszumisten.

Landwirte befürchten Ernteeinbußen

Rücksichtslose Spaziergänger und Hundehalter ärgern auch Ortslandwirt Hubertus Hölscher. Denn sie richten auf Feldern und Wiesen zusätzliche Schäden an. Dabei fürchtet Hölscher wegen der Trockenheit ohnehin schon jetzt, dass die Ernte in diesem Jahr mager ausfallen könnte. "Im Vergleich zu den letzten beiden Jahren ist es etwas besser. Aber wir waren um diese Zeit auch schon mal weiter. Wir konnten zwar viel arbeiten, aber die obersten Zentimeter sind schon wieder trocken", sagt er.

Auch seine Kollegen hätten bereits mit dem Wetter zu kämpfen, berichtet Hölscher: Ausgebrachter Dünger ziehe nicht ein, weil Regen fehlt. Außerdem seien die Temperaturen noch etwas zu frisch, als dass Gras, Getreide, Obst und Gemüse richtig wachsen können. Immerhin, so der Ortslandwirt, habe es in Gelsenkirchen in Folge der Corona-Reisebeschränkungen bisher keine Engpässe bei Erntehelfern gegeben. Allerdings sei der Bedarf in der Stadt ohnehin nur gering.

Ansturm auf den Eckermannshof

Einen richtigen Ansturm während der Krise erlebt der Hofladen auf dem Eckermannshof, wie die Betreiberin Mechthild Föcker berichtet. "Es läuft im Moment sehr gut. Ich denke, das liegt auch daran, dass die Menschen viel Zeit zu Hause verbringen und viele nicht in den Urlaub fahren konnten", sagt sie. Besonders an Wochenenden sei die Nachfrage an Milch, Eiern und Kartoffeln direkt vom Hof groß. Besonders gut geht gerade natürlich auch frischer Spargel.

So gut, dass Föcker Kunden rät, am Wochenende telefonisch vorzubestellen (Telefon: 0209/788451). Denn wegen der Hygieneregeln und des damit verbundenen höheren Aufwands komme es sonst schonmal zu Warteschlangen. Aktuell dürfen nur zwei Kunden gleichzeitig in den Laden an der Böningstraße in Resse. Vor Wochenenden und Feiertagen gibt es zusätzlich eine Verkaufsbude auf dem Hof, damit keine langen Wartezeiten entstehen. "Das klappt auch ganz gut", sagt Föcker und freut sich, dass die Kunden verständnisvoll auf die Situation reagieren.

Und sie hat eine gute Nachricht für alle Liebhaber königlichen Gemüses: Trotz aller Widrigkeiten und des erhöhten personellen Aufwands sehe es bisher nicht so aus, als ob der Spargel teurer werden würde. "Der Preis ist etwa so hoch wie im letzten Jahr um diese Zeit."

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