Gelsenkirchen-Erle. Um die Bewohner zu erfreuen, veranstaltete die Awo vor ihrem Haus in der Darler Heide in Gelsenkirchen ein Konzert. Zuhörer standen auf Balkonen.
„Wer früher beginnt, kann länger spielen“, sagt Norbert Labatzki gut gelaunt durch das Mikrofon und legt gleich los mit einem Konzert in neuartiger Form: Er selbst steht allein im Hof des Awo-Seniorenzentrums Darler Heide. Sein Publikum ist verteilt auf die Balkone des Hauses. Von dort aus winken die älteren Menschen fröhlich herunter. Es ist ganz deutlich, dieser Moment ist für alle besonders und schenkt Hoffnung.
„Eine solche Aktion hat es vor einer Woche in einem Awo-Haus in Marl gegeben“, erzählt Einrichtungsleiter Dedor Nassowitz, wie die Idee zu diesem außergewöhnlichen Konzert entstand. „Seit Freitag haben unsere Bewohner keine Besuchskontakte mehr. In dieser schwierigen Zeit wollen wir für sie eine Alternative schaffen.“
Labatzki hofft auf Nachahmer
Etwa zeitgleich verspürt auch Heimatforscher Hubert Kurowski den Impuls, der neuerlichen Tristesse etwas entgegen zu setzen. Er hat in der Vergangenheit schon oft mit Musiker Norbert Labatzki zusammen gearbeitet und hat die Idee, ihn hier aufspielen zu lassen. „Mir war sofort klar, dass das ganz viele gute Effekte haben kann. Zum einen für Norbert Labatzki, der auf diese Weise auftreten kann, und natürlich für die Bewohner des Hauses. Zum anderen, dass dieses Konzept vielleicht in der Stadt und darüber hinaus Nachahmer findet.“
Denn wie gut es hier angenommen wird, das bewegt den Erler. „Wenn ich sehe, wie die Menschen von den Balkonen aus winken, da geht mir das Herz auf.“ So erlebt es auch seine Frau Isabel. Sie steuert zwischen der Musik einige Gedichte bei. Frühlingshafte und auch Besinnliche Texte seien dies, erzählt sie.
Musik, die Erinnerungen weckt
„Eine Reise ins Glück“, spielt und singt Norbert Labatzki derweil. Er ist begeistert von diesem besonderen Konzert-Konzept. „Es kommen alle Interessen zusammen – Musiker, die keine Auftritte haben und ältere Menschen, denen ein strenges Kontaktverbot auferlegt ist, begegnen darin einander. Daher rufe ich dazu auf, dass dieses Konzept Schule macht. Den Menschen zuliebe.“ Was er für Musik mitgebracht habe? „Stücke, die Erinnerungen wecken an die Jugend der Bewohner, an die 50er und 60er Jahre.“ Das halte er immer so, wenn er für Senioren spiele, die zum Teil auch schon unter Demenz leiden.
Das neue Format ist auch für ihn, der sonst gerne in Kontakt tritt mit seiner Zuhörerschaft, Neuland. „Bei diversen Sommerfesten der Awo, auf denen ich gespielt habe, waren viele Menschen dabei, die nicht raus konnten und von den Balkonen aus zugehört haben.“ Heute aber ist gar kein Zuhörer nah am Geschehen. „Ich gehe gern zu den Menschen. Das fällt heute weg. Aber trotz dieser Distanz zu den Menschen ist man nah dran.“ Spricht er und beweist es auch, indem er vor sein Pult tritt, spielt, singt und mit ausgebreiteten Armen auf der Freifläche tanzt.
"Der Höhepunkt des Tages"
Auf der anderen Seite des Platzes beobachten zwei Damen im Sicherheitsabstand von der Szenerie und von einander das Geschehen. Sie leben in den benachbarten Seniorenwohnungen und sind begeistert. „Das ist astrein organisiert“, sagt die eine. Und die andere ergänzt: „Musik ist immer gut. Die Freude daran darf man nicht verlieren.“ Einig sind sich die beiden auch noch in einem anderen Punkt: „Das ist für uns der Höhepunkt des Tages.“
Weitere Hofkonzerte geplant
Um den Bewohnern des Hauses zumindest einmal in der Woche eine erfreuliche wie beschwingte Abwechselung zu bieten, will man im Awo-Haus an der Darler Heide gleich eine ganze Reihe solcher Hofkonzerte ins Leben rufen.
Im Vorfeld habe man sich versichert, dass dies den aktuellen Auflagen gerecht werde. „Solange wir keine komplette Ausgangssperre haben, geht das“, so Dedor Nassowitz.
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