Buer. Jürgen Nobel ist ein Profifotograf aus Gelsenkirchen. In Buer hat er Geschäftsinhaber und ihre geschlossenen Läden in den Fokus genommen.
Jürgen Nobel setzt in seinem Berufsalltag als Profifotograf normalerweise PS-starke Schwertransporter oder neu formierte Versicherungsvorstände werbewirksam in Szene. In diesen Corona-geprägten Zeiten sind aber auch ihm lukrative Aufträge weggebrochen, mussten zahlreiche andere Termine verschoben werden. Doch jeder Tag, an dem er nicht hinter der Kamera steht, ist für ihn ein verlorener. Deshalb widmet sich der 55-Jährige nun mit Hingabe seinem Projekt „Stillstand“. Dabei lichtet Nobel Geschäftsleute aus Buer ab, deren Läden wegen der Pandemie geschlossen waren – oder es noch sind.
Bueraner Geschäftsleute mit Gefühlsmischung aus Sorge und Hoffnung
Nobel steht an diesem sonnigen Frühlingsmittag in der „Lounge One“ an der Blindestraße in Buer. Seine Digitalkamera ruht auf einem Stativ. Gemeinsam mit Inhaberin Sofia Biancolin sucht er nach der richtigen Position, um die Gastronomin und ihre Räumlichkeiten bestmöglich in Szene zu setzen.
Diese Momentaufnahme soll dokumentieren, dass auch das am tollsten eingerichtete und dekorierte Ladenlokal enorm an Ausstrahlung verliert, wenn wie jetzt keine Kunden hineindürfen. Nobel will aber auch stets die dazu gehörigen Geschäftsleute zeigen, die in ihrer Gefühlsmischung aus großer Sorge und Hoffnung auf bessere Zeiten allen Fotos eine leicht melancholische Note verleihen.
„Ich habe bewusst von jedem dieser Bilder auch eine Schwarz-Weiß-Variante angefertigt, weil das die gewünschte Wirkung noch verstärkt“, erklärt Nobel im Gespräch mit der WAZ. Seit 2010 arbeitet er nun bereits als professioneller Fotograf. Vorher war der gebürtige Mönchengladbacher 20 Jahre in der Marketingabteilung und im Vertrieb eines Großkonzerns beschäftigt. „Ich bin Autodidakt und quasi als Quereinsteiger zur Fotografie gekommen“, erzählt er. Inzwischen erhält er europaweit Aufträge.
Wahlheimat Gelsenkirchen-Buer als bevorzugtes Terrain
Diese brachen mit Einsetzen der Corona-Pandemie weg. „Da stellte sich schnell die Frage: Was mache ich jetzt?!“, so Nobel. Im Internet entdeckte er Fotos eines Kollegen, der bekannte und sonst sehr belebte Plätze in München abbildete, die plötzlich nahezu menschenleer waren. Das brachte ihn auf die Idee mit den Ladenlokalen in Buer, seiner Wahlheimat. Kurz darauf stand das Konzept zum Projekt „Stillstand“.
Die ersten Bilder fertigte er in der Kneipe „Destille Buer“ an. Und deren Wirt Thomas „Thommi“ Wesselborg war es auch, der durch seine unzähligen Kontakte dafür sorgte, dass sich die Idee unter den Geschäftsleuten im Stadtteil schnell herumsprach. Rund 25 Ladenlokale hat Nobel inzwischen abgelichtet, darunter auch vorübergehend geschlossene Eisdielen, Friseursalons, Restaurants und Cafés.
Mit dem Fahrrad zu den Fototerminen anreisen
Und warum konzentriert er sich bei diesem Projekt ausschließlich auf Buer? „Weil ich hier zu Hause bin, mich total wohlfühle und alle Termine mit dem Fahrrad erledigen kann“, zählt Nobel auf. Die fertigen Fotos zeigt er im Internet auf seiner Homepage. Ob er mal ein Buch daraus macht, überlegt er noch. „Aber ich stelle jedem Laden, der mitmacht, die Bilder gratis zur Verfügung“, so der Fotograf.
Wann sein Projekt endet, weiß Nobel nicht. „Ich fotografiere so viele wie möglich – so lange, bis alle Läden wieder offen sind.“
Das sind die Kontaktmöglichkeiten
Wer sich die Fotos der Bueraner Geschäftsleute anschauen möchte, findet sie im Internet unter: www.juergennobel.de/stillstand.
Wer Interesse an einer Teilnahme am Projekt „Stillstand“ hat, kann Kontakt zum Fotografen aufnehmen per E-Mail an: jnobel@juergennobel.de.
Er gehe aber auch selbst auf Geschäftsleute zu. „Das Entscheidende dabei“, weiß Nobel, „ist immer die Ansprache“.