Gelsenkirchen-Rotthausen. Die Corona-Krise wirkt für den Gelsenkirchener Musiker Daniel Dorra wie eine Kreativitätsquelle. Sie inspiriert ihn zu neuen Songs und Gedichten.

Daniel Dorra arbeitet normalerweise als Kommunikationsdesigner und Grafiker, tief in seinem Herzen ist er aber ein Musiker. Während die grassierende Pandemie für viele Zeitgenossen ein nerviges Hemmnis darstellt, das den Alltag gehörig durcheinanderwirbelt, versucht der 52-Jährige die frei gewordenen Zeitkapazitäten effektiv zu nutzen. So vollendet er nicht nur eigene Songs, von denen zuvor bloß Fragmente existierten, sondern er schreibt nun auch Gedichte. Darin verarbeitet Dorra auch Eindrücke und Erlebnisse in der jetzigen Krise. Das Coronavirus als Kreativitätsquelle, sozusagen.

„Ruf des Bussards“ hat der Familienvater, der mit Frau und drei Kindern in Rotthausen lebt, ein neues Gedicht genannt. „Es ist an einem Morgen einfach so aus mir herausgeflossen. Ich hatte es innerhalb von 20 Minuten so gut wie fertig“, erzählt er bei einem Treffen im Hinterhof-Garten seines Hauses. Hier haben er und seine Familie sich inmitten der Großstadt ihre grüne Oase geschaffen.

Plötzlich kreiste in Gelsenkirchen-Rotthausen ein Bussard über seinem Kopf

Genau dort saß Dorra auch an besagtem Morgen, als er einen Bussard entdeckte, der über seinem Kopf seine Kreise zog. Und plötzlich fiel ihm auch die Stille auf, die ihn umgab. Kein Krach vorbeifahrender Autos war zu hören, kein Arbeitslärm aus der Nachbarschaft. Nur die Natur gab einen Laut von sich. „Das Corona-Virus hat ein Stück weit unser Alltagsleben angehalten. Das ist mir aber erst in diesem Moment auch sinnlich ganz bewusst geworden“, so Dorra.

Dieses Erlebnis brachte er in der ersten Strophe so zu Papier: „Wie Harmonie in ausgewogenen Zeiten legt Stille sich auf die urbanen Schluchten. Und als der Ruf des Bussards klingt, durchläuft mich eine ruhige Zuversicht – dass in dem Moment, in dem wir alle weichen, sich die Natur an ihre angestammte Stelle bringt.“ Dorra überlegt derzeit, ober er das Gedicht auch noch vertont und die Textzeilen für einen Song umformt. „Das schwirrt gerade zumindest in meinem Kopf umher“, sagt er.

Ein großer Fan von Sting und dessen Band The Police

Gemeinsam mit seinen Töchtern Pauline (l.) und Sophia stand Musiker Daniel Dorra beim Kultursalon in der „Flora“ im Januar 2019 auf der Bühne.
Gemeinsam mit seinen Töchtern Pauline (l.) und Sophia stand Musiker Daniel Dorra beim Kultursalon in der „Flora“ im Januar 2019 auf der Bühne. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Mit 13 Jahren hat der in Erle aufgewachsene Dorra den Weg zur Musik gefunden. Sein erstes Instrument? „Das war ein Bass, den ich einem Kumpel für 140 Mark abgekauft habe.“ Er bewunderte damals Sting, den Frontmann von The Police. Der war nicht nur Sänger der Band, sondern eben auch ihr Bassist. Dorra eiferte erst seinem Vorbild nach, spielte dann viele Jahre in diversen Bands. Inzwischen tritt er gern solo als Singer-Songwriter auf. Manchmal ist er aber auch Teil eines Quintetts, zu dem unter anderem sein Freund Linus Friedmann und seine beiden Töchter Sophia (21) und Pauline (19) gehören.

Wenn er im heimischen Tonstudio, dass er sich in seinem Haus direkt neben dem Arbeitsbüro errichtet hat, derzeit neue Songs komponiert, dann benutzt Dorra oft die deutsche, aber genauso gern die englische Sprache. Bei allem Genuss des zeitlichen Freiraums, der durch die Pandemie für ihn entstanden ist, weiß der Familienvater aber auch um die existenziellen Probleme, die viele Menschen aus der Kreativszene derzeit plagen. Auftrittsmöglichkeiten und Einnahmen seien für sie nahezu komplett weggebrochen. Und dies sei eine der schlimmen Schattenseite der Corona-Pandemie, betont Dorra mit Blick auf sein Umfeld.