Gelsenkirchen. Corona-Krise: Nach fünfeinhalb Wochen gingen in Gelsenkirchen am Donnerstag rund 4900 Schüler wieder zur Schule. Wie verlief der erste Tag?

Es ist Tag eins in Zeiten der Corona-Krise, an dem die Schulen auch in Gelsenkirchen wieder ihre Türen und Tore öffnen. Es ist ein besonderer Tag: Rund 4900 Schüler sind nach Aussagen der Stadt in einen anderen, einen ganz neuen Schulalltag gestartet. Doch wie ist die Lage vor Ort? Wir haben uns umgesehen.

Gelsenkirchen: So lief der Schulstart in Zeiten der Corona-Krise

Am Annette-von-Droste-Hülshoff Gymnasium in Gelsenkirchen-Buer lief der erste Tag der Schulöffnungen laut Schulleiter Friedrich Schenk „positiv, unaufgeregt und komplikationslos“. „Wir waren gut vorbereitet“, so Schenk weiter. Die 70 angehenden Abiturienten mussten vor dem Gang ins Schulgebäude eine Hygieneschleuse passieren, ein entsprechend erarbeiteter Hygieneplan gibt Schülern und Lehrern das richtige Verhalten vor. Das sei schon an Tag eins vorbildlich gewesen: Viele kamen mit Gesichtsmasken, alle hielten den nötigen Abstand, so Schenk.

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Die Abiturienten konnten selbst entscheiden, ob sie noch einmal zur Schule kommen. Der Grund: Nach den Osterferien hätten sie ohnehin keinen regulären Unterricht mehr gehabt. Nahezu alle Schüler hätten jedoch den Weg zum Annette-von-Droste-Hülshoff Gymnasium angetreten, nur etwa eine Hand voll sei nicht erschienen, so Schenk.

Gelsenkirchener Schulleiter fordert dringend Klarheit mit Blick auf weitere Öffnungen

Mit Blick auf eine Öffnung der Schule für weitere Jahrgänge ab dem 4. Mai übt Schenk aber auch Kritik: „Da brauchen wir nun ganz dringend Klarheit.“ Man könne in dieser Situation auf keinerlei Routine zurückgreifen. „Wir wären froh, wenn spätestens am kommenden Dienstag raus wäre, wie es weitergeht.“

Jürgen Much, erster Konrektor der Gertrud-Bäumer-Realschule in der Gelsenkirchener Stadtmitte, und sein Team haben sich auf die Rückkehr der Schüler vorbereitet. An der Schule gilt eine Maskenpflicht.
Jürgen Much, erster Konrektor der Gertrud-Bäumer-Realschule in der Gelsenkirchener Stadtmitte, und sein Team haben sich auf die Rückkehr der Schüler vorbereitet. An der Schule gilt eine Maskenpflicht. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

An der Gertrud-Bäumer-Realschule in der Gelsenkirchener Stadtmitte hat man sich indes auf die Rückkehr von 88 Schülern vorbereitet. Ohne Mundschutz gilt für das Schulgebäude: Betreten verboten. Maskenpflicht. Und am Eingang zum Klassenraum als erste Handlung: Hände desinfizieren. Am Mittwoch sind 30 Liter Desinfektionsmittel von der Stadt gekommen. „Wir haben es umgefüllt und in der Schule verteilt, sodass jeder Raum versorgt ist“, berichtet Jürgen Much.

Die Abschlussklassen sind in Kleingruppen aufgeteilt

Der erste Konrektor der Schule und sein Team haben in den vergangen Tagen und Wochen viel getan. Die vier Abschlussklassen der Schule sind auch hier in Kleingruppen aufgeteilt, acht Schulräume sind belegt. Man versuche, die Handlungs-und Hygienerichtlinien bestmöglich umzusetzen.

Jürgen Much sagt auch: „Ich kann die Hälfte meines Kollegiums gar nicht einsetzen“ – da sie beispielsweise zur Risikogruppe gehören. Mit einem normalen Schulbetrieb noch vor den Sommerferien rechnet Much indes nicht. Und er sagt auch, mit Blick auf die räumliche Kapazität seiner Schule: „Mit den Zehnern kriegen wir es gerade noch so hin.“

Nicht alle Schüler halten sich an die Abstandsregeln

Hinweise am Schulhof der Gertrud-Bäumer-Realschule: Der Hausmeister hat sie überall im Gebäude und auf dem Grundstück aufgehängt.
Hinweise am Schulhof der Gertrud-Bäumer-Realschule: Der Hausmeister hat sie überall im Gebäude und auf dem Grundstück aufgehängt. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Und was sind seine weiteren Eindrücke, etwa zum Verhalten der Schüler? Jürgen Much hat schon am frühen Donnerstagmorgen, vor Schulbeginn, beobachtet, dass sich nicht alle seiner Schüler an die gebotenen Abstandsregeln gehalten haben. „Es war klar, dass das nicht funktioniert“, so Much. Nach dem Ende der ersten Unterrichtseinheit dasselbe Bild, am Rande des Schulgrundstücks: Schüler gehen nach Hause, in kleinen Gruppen, zu viert, zu fünft, man ist nah beieinander, redet, lacht.

Auch am Berufskolleg Königstraße und auch am Teilstandort Augustastraße gilt das Prinzip „Lernen auf Distanz“. Die Schüler werden vor der Schultür in Empfang genommen, sie arbeiten in kleinen Gruppen auf Abstand – es wird auf absehbare Zeit immer im selben Raum, immer am selben Platz sein. Innerhalb des Gebäudes gilt auf den Gängen das Einbahnstraßensystem. Und auch hier ist es ruhig an diesem Donnerstagvormittag, nur vereinzelt sind ein paar Schüler zu sehen.

„Schülern die Chance geben, einen Abschluss zu machen“

Man sieht es hier ganz pragmatisch: „Wir wollen unseren Schülern die Chance geben, einen Abschluss zu machen“, betonen Gorden Skorzik und Jörg Plackmann von der Schulleitung. Vor allem bei den vielen bildungsschwachen Schülern sei der Besuch der Schule gerade auch in diesen Zeiten so immens wichtig. Stundenplan? „Völlig außer Kraft gesetzt“, so Jörg Plackmann. Es geht derzeit nur um eine reine Prüfungsvorbereitung. Immerhin befinden sich 1000 Schüler im Abschlussjahrgang, über 300 vor den Prüfungen.

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Bislang sei alles ganz entspannt angelaufen. Ab Anfang der kommenden Woche wird es anders, damit rechnen Skorzik und Plackmann: Dann beginnen zahlreiche Prüfungen für die Schüler. Diesen Zustand sehen die beiden und ihr gesamtes Team als besondere Herausforderung, nennen den kommenden Montag gar einen „Großkampftag“. Aber auch hier haben sie Pläne, wissen genau, wie die 26 Räume genutzt, gereinigt, desinfiziert, wie die Schüler gerade in der Prüfungssituation betreut werden.

Schüler sind ruhig und distanziert in den ersten Schultag gestartet

Die Schüler seien allesamt sehr ruhig und distanziert in den ersten Schultag nach dem Shutdown gestartet. „Es ist alles entschleunigt, nicht so hektisch und temperamentvoll“, berichtet die Gorden Skorzik. Ein Problem sieht er darin, dass die Corona-Krise in Zusammenhang mit den Schulöffnungen ein schnelles Reagieren erfordere. Er sagt aber auch: „Was machbar ist, müssen wir machen.“ Und Skorzik und Plackmann bringen einen weiteren Aspekt an: „Viele unserer Schüler sind froh, dass sie wieder kommen dürfen“. Da gehe es dann unter anderem darum, dass man nicht nur seine Mitschüler endlich wiedersieht, sondern den Lehrer, der in vielen Fällen oftmals auch Bezugsperson ist.

Auf dem Schulhof warten derweil Danja Smajic und Celine Pawelczyk auf ihre Zulassungsergebnisse. Die bekommen sie heute auf so ganz andere Art – unter freiem Himmel, in der Sonne, mit dem nötigen Abstand von ihrer Lehrperson. „Ich habe es mir etwas anders vorgestellt, dass wir unter anderen Bedingungen starten“, sagt Danja Smajic. Die beiden 18-Jährigen fühlen sich mit Blick auf die anstehenden Prüfungen nicht gut vorbereitet. Es liegt nicht an der Schule, sondern an den Umständen. Ihr Mitschüler Tarik Özdemir sagt: „Ich habe mich sehr auf diesen Tag heute gefreut. Das war wie ein kleiner Lichtblick.“

Stadt zieht positives Fazit des ersten Schultags

Die Stadt zieht ein positives Fazit des ersten Schultags. „Die Hygienemaßnahmen werden an allen Schulen vorbildlich eingehalten.“ Stadträtin und Bildungsdezernentin Annette Berg hatte sich am Donnerstagvormittag selbst ein Bild von den Schulen gemacht, sie besuchte die Gesamtschule Erle, die Hauptschule an der Grillostraße, das Berufskolleg Königstraße, das Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium und die Lessing-Realschule.

Mit Sorge betrachtet die Dezernentin allerdings, „dass die geltende Corona-Schutzverordnung außerhalb der Schulmauern nicht immer so strikt eingehalten wurde wie gewünscht“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Hier sei vor allem der Mindestabstand oft unterschritten worden, die Schüler hätten sich herzlich mit Umarmungen oder per Handschlag begrüßt. „Auch wenn ich gut verstehen kann, dass es nach einer so langen Zeit schwer fällt, auf Umarmungen und das Händeschütteln zu verzichten, so erneuere ich meinen Appell an die Schülerinnen und Schüler, bitte weiterhin auf den Mindestabstand zu achten und Begrüßungsrituale kontaktlos zu gestalten sowie nicht in Gruppen zur Schule zu gehen.“

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