Gelsenkirchen. Auch die Gelsenkirchener Fahrschulen müssen in der Corona-Krise auf die Hygienevorschriften achten. Manche setzen dabei auf die Marke Eigenbau.

Jana Brozda kann wieder ihrem Job nachgehen. Das wird sofort klar, als sie das Gespräch auf dem Handy annimmt. Im Hintergrund rauscht es, auch ein leises Tick-Tack vom Blinker ist zu hören. Sie sitzt im Auto zusammen mit einem Fahrschüler, zwischendurch gibt die Inhaberin der Fahrschule Kiauka und Goss kurze Anweisungen: "Den Blinker nicht vergessen."

Seit 27. April ist in NRW unter Auflagen wieder Fahrschulunterricht möglich, nachdem am 17. März auch die Fahrschulen geschlossen wurden. Doch wie sieht in Zeiten von Corona derzeit eigentlich der Alltag von Jana Brozda und ihren Kollegen im Stadtgebiet aus?

Diskussionen mit Gelsenkirchener Autofahrern um den Mundschutz

"Es ist alles etwas unentspannt", sagt Brozda, die zwei Filialen in der Stadtmitte und Bismarck hat. Durch die vorgegebenen Sicherheitsabstände komme im Theorieunterricht kein vernünftiges Miteinander zustande. Im Fahrzeug gilt die Maskenpflicht - das ist aber nur eine Ausnahme für Fahrschulen. Normale Autofahrer hingegen dürfen hinter dem Steuer Mund und Nase nicht bedecken. Das sorgte schon für die ein oder andere Diskussion.

"An der Ampel werden wir oft darauf angesprochen, dass wir das doch gar nicht dürfen", berichtet Brozda, die am Tag aktuell fünf Fahrstunden gibt. Drei Fahrlehrer musste sie in Kurzarbeit schicken: "Wir wurden von hundert auf null abgebremst." Die Soforthilfe des Landes NRW hat sie beantragt und ist zudem froh, bei den Versicherungskosten des Fuhrparks etwas sparen zu können.

Trennwand aus Folie hängt zwischen Fahrlehrer und Schüler

Stefan Drewnick berichtet, dass er in den vergangenen Wochen rund 1000 Euro für Hygieneartikel ausgegeben habe. "Ich habe die komplette Fahrschule umgerüstet mit Absperrbändern und Spuckschutz", verrät der Chef der Fahrschule Das Buersche-Team in Buer. Im Theorieunterricht muss er nach einer Allgemeinverfügung des Landes sicherstellen, dass nicht mehr als ein Schüler auf fünf Quadratmeter Raumfläche kommt.

Um sich und seine Fahrschüler bei den Praxisstunden zu schützen, hat er zwischen Fahrer- und Beifahrersitz eine Folie angebracht: "Man kann sich das wie ein Duschvorhang vorstellen. Die Folie habe ich mit Klettband am Dachhimmel fixiert. Wir sind ja schon ein Stück weit die Versuchskaninchen." Jeder, so Drewnick, spreche von Sicherheitsabstand, "aber in einem Polo sitzt man 30 Zentimeter auseinander".

Fahrschulen desinfizieren nach jedem Schüler das Auto

Wie die Kollegen muss auch Sandra Laux von der Fahrschule Stolpmann in Buer nach jeder Übungsstunde das Auto desinfizieren. Das beinhaltet Lenkrad, Schaltknauf, Handbremse, Blinkerhebel und Türgriffe. Danach wird eine Viertelstunde mit offenen Türen gelüftet. "Außerdem bleibt die Klimaanlage aus. Dann werden die Partikel nicht gleich durch das ganze Fahrzeug verteilt, wenn zum Beispiel jemand niest."

Von einer Trennwand in der Mitte hält sie nichts: "Es geht ja auch um die Sicherheit. Im Notfall muss ich ins Lenkrad greifen können." Erst im Januar gab es für die Fahrschule vier neue Autos - dementsprechend ungelegen kam für Laux nun die Corona-Krise: "Ich habe mir im Laufe der Jahre etwas zur Seite gelegt, aber es ist natürlich nicht schön, dass das dafür draufgeht. Klar gibt es die Möglichkeit Zahlungen zu stunden, irgendwann muss das Geld jedoch gezahlt werden. Und die Soforthilfe ist für den hohlen Zahn."

Viele haben Angst sich anzustecken

Anders als die Fahrschule Stolpmann hat die Fahrschule Kessler mit Niederlassungen in der Stadtmitte und Erle während der Corona-Zwangspause Online-Theorieunterricht angeboten. "Es hat gut geklappt. Klar wäre mir die Präsenz der Schüler vor Ort lieber", so Inhaber Thomas Kessler, aber auf diese Weise hätten sich eher schüchterne Menschen mehr an den Aufgaben beteiligt.

Kessler merkt, dass viele derzeit wegen der Pandemie nicht fahren wollen, weil sie Angst haben sich anzustecken: "Wir kommen auf vielleicht 60 bis 70 Prozent des maximal möglichen Umsatzes." Auch er achtet strengstens darauf, die Hygienevorschriften bei Praxiseinheiten einzuhalten.

Fahrstunde auf dem Motorrad nur mit eigener Schutzbekleidung

So sind beispielsweise Fahrstunden mit dem Motorrad bei ihm nur möglich, wenn der Schüler seine eigene Schutzbekleidung und eigene Kopfhörer mitbringt: "Viele haben keinen eigenen Helm. Ich kann verstehen, wenn jemand in der aktuellen Lage auch nicht bereit ist, dafür viel Geld auszugeben."

Etwa 40 bis 50 Schüler standen vor der Prüfung, betont Kessler. Für sie versucht er jetzt nach und nach Termine beim TÜV zu bekommen, der seit Wochenbeginn wieder Prüfungen anbietet. Dann sollte auch das Blinken beim Abbiegen tunlichst nicht vergessen werden.

>>>Info: Prüfungen sind wieder möglich

>Seit dem 4. Mai nimmt der TÜV Nord in NRW wieder theoretische und seit dem 5. Mai wieder praktische Führerscheinprüfungen ab.

>"Bei den theoretischen Prüfungen sind in den Prüfungsräumen sowie in den Zugangs- und Wartebereichen die erforderlichen Schutzmaßnahmen unbedingt einzuhalten. Die Abstandsregeln werden durch markierte Laufwege und Schutzbereiche gewahrt", heißt es auf der Internetseite des TÜV Nord.