Gelsenkirchen. 60 Vorstellungen mit 20000 Besuchern abgesagt: Im Musiktheater Gelsenkirchen steht wegen Corona der Betrieb wochenlang still. Drohen Kündigungen?

Da, wo sonst die schönsten Stimmen und Melodien erklingen, herrscht jetzt Totenstille. Ruhe auch im Parkett und auf den Rängen. Das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen hat am 10. März auf die Corona-Krise reagiert und den Spielbetrieb bis vorläufig 19. April komplett eingestellt.

In dieser Woche beendete das Haus für zunächst zwei Wochen auch den Probenbetrieb. Verwaltungsmitarbeiter, die derzeit noch an ihren Schreibtischen sitzen, nennen die Atmosphäre im lahm gelegten Haus merkwürdig befremdlich: „Ein Opernhaus fühlt sich nicht richtig an, wenn nicht gespielt wird.“

Coronavirus: Künstler am Musiktheater Gelsenkirchen haben „lernfrei“

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Auch die Verdi-Oper „Macht des Schicksals“, die erst kürzlich Premiere feierte, bleibt auf der Strecke. Das Schicksal schlägt gerade real zu. Noch bis zum 14. März liefen die Proben für das Puppenspiel „Winterreise“ und Puccinis „Madama Butterfly“ auf Hochtouren. Jetzt haben alle Künstler „lernfrei“, so MiR-Sprecherin Anna-Lea Knubben. „Zum jetzigen Zeitpunkt arbeiten aber noch nahezu alle Gewerke und technischen Abteilungen, jedoch in reduzierter Stärke.“ Auch Homeoffice werde ermöglicht.

Die Theaterkasse im Haus ist dicht, der Kontakt funktioniert schriftlich und ist intensiv. Knubben: „Dort sind zurzeit drei bis vier Mitarbeiter pro Schicht eingeteilt, die Anfragen bearbeiten. Viele Besucher tauschen Karten gegen Gutscheine, um sich später eine andere Vorstellung ansehen zu können.“ Einige spenden sogar das Geld für die künstlerische Nachwuchsarbeit.

300 Menschen arbeiten im Musiktheater im Revier

Was ist mit den Karten?

Bereits erworbene Karten für Veranstaltungen, die nun ausfallen, können kostenlos gegen spätere Termine oder Gutscheine umgetauscht werden. Besucher können sich auch den Kaufpreis erstatten lassen.

Betroffene sollten sich möglichst schriftlich ans MiR wenden. Per Mail: theaterkasse@musiktheater-im-revier.de, per Fax: 0209 4097260, Per Post: Musiktheater im Revier GmbH, Theaterkasse, Kennedyplatz, 45881 Gelsenkirchen.

Alle Informationen finden sich auch auf www.musiktheater-im-revier.de

Zu normalen Zeiten arbeiten rund 300 Menschen im Musiktheater. Das Ensemble besteht aus 16 Sängerinnen und Sängern, zehn Mitgliedern des Opernstudios NRW, vier Mitgliedern des Jungen Ensembles, fünf Puppenspielerinnen und 16 Tänzerinnen und Tänzern. Dazu kommen 20 Gäste. Sie alle haben wie auch der Opernchor „lernfrei“, proben zu Hause.

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Techniker und Reinigungspersonal sind noch weitgehend am Ball. Knubben: „Alle Mitarbeiter bereiten die kommenden Produktionen vor, führen Wartungs- und Inspektionsarbeiten durch, so wie sonst in der Spielzeitpause.“ Kündigungen gebe es, so die Sprecherin, keine.

Welche Wirkungen die Stilllegung des Opernbetriebes tatsächlich am Ende haben wird, vermag Geschäftsführer Tobias Werner noch nicht abzuschätzen: „Durch die Einstellung fehlen uns die Karteneinnahmen Bis zum 19. April haben wir 60 Vorstellungen absagen müssen, bei denen wir knapp 20.000 Besucher erwartet hätten.“

Geschäftsführer sorgt für interne Kommunikation

Am 9. Mai 2019 präsentierten sie die jetzt unterbrochene Spielzeit (v.l.): MiR-Geschäftsführer Tobias Werner, OB Frank Baranowski, Balletchef Giuseppe Spota und Generalintendant Michael Schulz.
Am 9. Mai 2019 präsentierten sie die jetzt unterbrochene Spielzeit (v.l.): MiR-Geschäftsführer Tobias Werner, OB Frank Baranowski, Balletchef Giuseppe Spota und Generalintendant Michael Schulz. © FFS | Joachim Kleine-Büning

Dennoch habe man sich als eines der ersten Opernhäuser schon früh entschieden, kein Risiko einzugehen und zu schließen. Die Arbeit des Geschäftsführers besteht in diesen Tagen auch darin, für die interne Kommunikation zu sorgen: „Das ist das Allerwichtigste. Gleichzeitig muss der Betrieb neu organisiert werden, um eine Spielfähigkeit für die Zeit danach gewährleisten zu können.“ Seine größte Sorge gelte aber jetzt vor allem der Gesundheit der Belegschaft und des Publikums.

Die Kantine und die Pausentheken in den Foyers betreibt seit 2013 die Awo Service GmbH als Caterer. Betriebsleiter Carsten Wiegand, dem normalerweise 42 Mitarbeiter zur Verfügung stehen, betreut derzeit mit nur noch drei Kollegen bis 15 Uhr die MiR-Kantine. Hier werden die Menschen versorgt, die noch im Haus arbeiten: „Wir prüfen gerade, wie es weitergehen kann und versuchen auf jeden Fall, Kündigungen zu vermeiden.“

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