Oberhausen. Die Gründe sind vielfältig, aber Fakt ist: Die Stadt Oberhausen schafft es nicht, alle geplanten Investitionsgelder zu verbauen. Und das öfter.

Die Stadt Oberhausen hat es in den vergangenen zwölf Jahren nur ein einziges Mal geschafft, alle fürs jeweilige Jahr eingeplanten Gelder für Investitionen in die Infrastruktur auf dem Stadtgebiet auszugeben. Das geht aus einer Aufstellung der städtischen Kämmerei aufgrund einer Anfrage der Redaktion hervor.

So wurden beispielsweise im Jahre 2008 nur 18 Millionen Euro für Straßen, Schulen und Kindergärten verbaut, vorgesehen waren eigentlich aber 30,6 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr waren zwar 82,6 Millionen Euro zur Verbesserung öffentlicher Einrichtungen vorgesehen, tatsächlich ausgegeben wurden aber nur 53,1 Millionen Euro. Die Summe der eingeplanten Investitionsgelder setzt sich aus Eigenmitteln der Stadt und zu einem weitaus höheren Anteil aus Fördermitteln von Bund und Land zusammen.

Geplante Investitionssummen stark angestiegen

Die vorgesehenen Beträge stiegen nach den Haushaltsplänen seit dem Amtsantritt von Oberbürgermeister Daniel Schranz immerhin von 35 Millionen Euro im Jahre 2015 auf über 110 Millionen Euro in diesem Jahr. Im Schnitt der vergangenen zwölf Jahre, von 2008 bis 2019, hat das Rathaus mit seiner Stadttochter Oberhausener Gebäudemanagement (OGM) allerdings satte 30 Prozent der eingeplanten Investitionsmittel nicht ausgegeben.

Dank des Landesprogramms „Gute Schule“ haben nun viele Schulen in Oberhausen ordentliche Toiletten. Hier ein Foto aus der gerade fertiggestellten Robert-Koch-Schule.
Dank des Landesprogramms „Gute Schule“ haben nun viele Schulen in Oberhausen ordentliche Toiletten. Hier ein Foto aus der gerade fertiggestellten Robert-Koch-Schule. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Dies kritisiert im Kommunalwahlkampf nun der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Thorsten Berg. „Dass die Investitionen nicht umgesetzt wurden und Zuschüsse nicht wie geplant genutzt werden, ist schlecht für Oberhausen und muss sich ändern. So sieht keine vernünftige Planung für eine Stadt aus. Das ist schlichtweg zukunftsverhindernde Politik zu Lasten der Menschen in Oberhausen.“

Ein Ursachenbündel für die verzögerten Ausgaben

Die Gründe für diese zögerliche Ausgabepolitik für wichtige Investitionen, um die Lebensqualität von Oberhausenern zu verbessern, sieht Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) in einer Fülle von Ursachen. Mal fanden die ausführenden Stellen bei der Ausschreibung des Auftrags keinen geeigneten Handwerksbetrieb, mal fehlten die Planungskapazitäten bei Stadt und Stadttöchtern, mal verzögerten sich Baustellen aus organisatorischen Gründen, mal warteten die einen auf die ausführenden Arbeiten der anderen, mal standen die Fördermittel doch erst später zur Verfügung, mal wird die Abrechnung der Gelder aufs nächste Jahr verschoben.

Stadtkämmerer beruhigt die Gemüter

Tsalastras beruhigt jedenfalls die Gemüter: „Uns sind dabei keine Fördergelder aus den großen Fördertöpfen des Bundes oder des Landes verloren gegangen – weder bei Schule 2020 noch bei den Kommunalinvestitionsförderungsfonds KIF.“ Denn die Fördermittel-Ausgabeplanungen werden einfach ins nächste Jahr verschoben und dann für Infrastrukturprojekte verwendet.

Hohe Investitionen in diesem Jahr vorgesehen

Die mit 1,9 Milliarden Euro hochverschuldete Stadt Oberhausen ist in großem Maße davon abhängig, ob und wie viele Fördergelder sie aus Kassen der Europäischen Union, des Bundes und des Landes herausholen kann. Durch das seit 2011 laufende Sparprogramm des Landes („Stärkungspakt Stadtfinanzen“) ist es Oberhausen gelungen, mehr Eigenmittel bereitzuhalten, die für die Vergabe von Fördermitteln verlangt werden.

In diesem Jahr sind nach Angaben von Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras weit über 110 Millionen Euro vorgesehen, um in die Infrastruktur zu investieren. Das liegt vor allem daran, dass nicht verwendete Fördergelder aus 2019 in dieses Jahr verschoben worden sind. „Aber auch in diesem Jahr werden wir es nicht schaffen, alle geplanten Investitionen zu tätigen – wir dürfen die Fördergelder aber im nächsten Jahr verwenden. Sie verfallen nicht, uns geht kein Geld verloren.“

Etwas anders verhält es sich mit den Eigenmitteln der Stadt, die meist zwingend zusätzlich zu den Fördergeldern geliefert werden müssen. Diese Gelder darf die Stadt Oberhausen als arme Kommune nicht beliebig erhöhen und investieren – sie darf als hoch verschuldete Stadt nur so viel Eigenmittel in Infrastrukturprojekten einsetzen wie sie im Jahr auch an Altschulden getilgt hat. Das begrenzt natürlich die Investitionschancen im jeweiligen Jahr.

Die geplanten Investitionen sollen künftig auch komplett umgesetzt werden – das verlangen die Sozialdemokraten, allen voran SPD-Oberbürgermeister-Kandidat Thorsten Berg (links) und SPD-Ratsfraktionschefin Sonja Bongers (Mitte). Auf dem Bild zu sehen sind auch Christiane Gerster-Schmidt (Fraktionssprecherin der Alt-Oberhausener Bezirksvertretung), Bezirksbürgermeisterin Dorothee Radtke und Hartwig Kompa.
Die geplanten Investitionen sollen künftig auch komplett umgesetzt werden – das verlangen die Sozialdemokraten, allen voran SPD-Oberbürgermeister-Kandidat Thorsten Berg (links) und SPD-Ratsfraktionschefin Sonja Bongers (Mitte). Auf dem Bild zu sehen sind auch Christiane Gerster-Schmidt (Fraktionssprecherin der Alt-Oberhausener Bezirksvertretung), Bezirksbürgermeisterin Dorothee Radtke und Hartwig Kompa. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Gibt man von diesen Eigenmitteln aber nicht alles im aktuellen Jahr aus, dann kann dieser Betrag normalerweise nicht ins nächste Jahr geschoben werden – darauf achtet die Kommunalaufsicht, hier die Beamten bei der Bezirksregierung Düsseldorf. „Das Geld ist aber natürlich nicht verloren, wir haben dieses nur nicht investiert und müssen weniger Kredite aufnehmen“, meint Tsalastras. Aber: Vielleicht wären bei einer anderen Vorgehensweise dringend benötigte Kitas ein oder zwei Jahre schneller nutzbar gewesen.

SPD wirft Daniel Schranz Fehler vor

So gelassen wie Tsalastras nimmt Sonja Bongers (SPD), seit Sommer 2019 Vorsitzende der größten Fraktion im Rat, die Investitionslücke im Wahlkampf nicht hin – und gibt allein Daniel Schranz dafür die Schuld. „Der Oberbürgermeister ist dafür verantwortlich, dass von den für 2019 geplanten Investitionen in Höhe von 83 Millionen Euro nur 60 Prozent umgesetzt wurden – und dies trotz maroder Schulen, fehlender Kitaplätze und schlechter Straßen.“

Immer mehr Gelder wurden tatsächlich in Oberhausen investiert

Die Stadtspitze weist dagegen darauf hin, dass es in den vergangenen zwölf Jahren gelungen ist, immer mehr Geld in Schulen, Kitas, Bürogebäude und Straßen zu investieren: Verbaut wurden in den vier Jahren von 2008 bis 2011 nur 75,2 Millionen Euro, in den vier Jahren von 2012 bis 2015 rund 110 Millionen Euro und von 2016 bis 2019 über 177 Millionen Euro.

So berichteten wir bisher über die Kommunalwahl 2020

Seit vielen Monaten berichten wir umfangreich über die Kommunalwahl 2020 in Oberhausen, damit sich jeder der gut 160.000 Wahlberechtigten in Oberhausen ein Meinungsbild zur inhaltlichen und politischen Lage vor der Abgabe seiner Stimme machen kann. Hier eine Auswahl von Artikeln zum Thema, allen voran aber die wichtigsten Fakten zur Kommunalwahl 2020 in Oberhausen:

11. September 2020: Was wollen die OB-Kandidaten der kleineren Parteien?

11. September 2020: Auf welch kuriose Art Oberhausener Parteien um Wähler werben

10. September 2020: Historischer Rekord: So viele Oberhausener wählten bereits

10. September 2020: Politiker in Oberhausen sollen sich mehr um Armut kümmern

9. September 2020: Oberhausener besonders unzufrieden mit der Kommunalpolitik

9. September 2020: Maskenpflicht in den Wahlräumen

8. September 2020: „Über den Stau schweben“: SPD will Seilbahn für Oberhausen

8. September 2020: Kandidaten-Streit: Wie erhält Oberhausen günstige Wohnungen?

8. September 2020: Oberhausen strebt Aus fürs Rotlichtviertel in der City an

8. September 2020: FDP rät, Daniel Schranz zum Oberbürgermeister zu wählen

7. September 2020: Ausführliches Interview mit Oberbürgermeister Daniel Schranz: „Jetzt geht es Schlag auf Schlag“

7. September 2020: Wohnen in der Nähe des Centros: Oberhausen will großen Wurf

6. September 2020: Das große Wahlkampf-Dilemma der Oberhausener SPD

5. September 2020: Oberhausen investiert im Jahr 30 Prozent weniger als geplant

5. September 2020: Experte: „Die Ratsarbeit in Oberhausen wird komplizierter“

5. September 2020: Das sind die großen Baustellen für die Oberhausener Politik

4. September 2020: Politdebatte in der Kirche: Daniel Schranz nutzt Heimvorteil

3. September 2020: Kampf um den Sterkrader Wald geht weiter

3. September 2020: Das sind die Oberhausener Erfolge seit der letzten Ratswahl

1. September 2020: Oberhausen will neue Gesamtschule im Süden bauen

31. August 2020: Corona-Pandemie führt zu Ansturm auf Brief- und Direktwahl

29. August 2020: DGB appelliert: Wählen gehen

27. August 2020: Wie will die Politik die Kita-Lücke in Oberhausen schließen?

25. August 2020: Oberhausener Stadtrat verliert zahlreiche wichtige Politiker

24. August 2020: Oberhausener Parteien suchen den Kontakt zum Bürger

22. August 2020: Oberhausener SPD hält Baustellen-Planung für katastrophal

21. August 2020: Wahlplakate in Oberhausen: Botschaften aus Vor-Corona-Zeiten

20. August 2020: CDU stellt beleuchtete Laufstrecke vor

20. August 2020: FDP Oberhausen: „Weniger Personenkult tut uns gut“

19. August 2020: Linke Oberhausen fordern neues Freibad und neue Gesamtschule

18. August 2020: Kommunalwahl 2020 in NRW – Fristen und Infos zur Briefwahl

16. August 2020: Oberhausener SPD setzt auf Sicherheit und Ordnung

10. August 2020: Radpolitik-Test: ADFC Oberhausen bewertet Ideen zur Mobilität

6. August 2020: Grünen-Oberbürgermeister-Kandidat Norbert Axt im ausführlichen Interview: Auto nur in notwendigen Fällen fahren

6. August 2020: CDU Oberhausen lädt Bürger zur achtteiligen Erfolgstour ein

6. August 2020: Neue Initiative will AfD im Wahlkampf Paroli bieten

5. August 2020: Bürgerbündnis BOB zahlt 400.000 Euro an die Stadt zurück

3. August 2020: SPD fordert fünfte Gesamtschule für Oberhausen

1. August 2020: Viele Fragen ranken sich um den AfD-Kreisverband Oberhausen

30. Juli 2020: So wollen die Grünen Oberhausen fit für die Zukunft machen

24. Juli 2020: Grüne wollen Tempo 40 in ganz Oberhausen durchsetzen

20. Juli 2020: Stadtteil-Check: So benoten die Oberhausener die Lebensqualität in ihren Stadtteilen.

18. Juli 2020: Ausführliches Interview: Wie SPD-OB-Kandidat Thorsten Berg Oberhausen nach vorne bringen will

18. Juli 2020: Warum SPD-OB-Kandidat Thorsten Berg von seinem Sieg überzeugt ist

17. Juli 2020: Oberhausener Streit-Bündnis BOB will sogar die SPD schlagen

16. Juli 2020: Kommunalwahl 2020: Bitte einen eigenen Stift mitbringen!

14. Juli 2020: Bündnis Oberhausener Bürger will Resolution gegen Rechts

14. Juli 2020: Mit diesen Ideen geht die CDU Oberhausen in den Wahlkampf

9. Juli 2020: „Nur weiße Menschen“ – Kritik an Plakat der CDU Oberhausen

8. Juli 2020: Oberhausener Wählergemeinschaft OfB peilt drei Ratssitze an

8. Juli 2020: SPD-OB-Kandidat Thorsten Berg: Rettungsschirm für Städte notwendig

7. Juli 2020: Auch Bürgerbündnis BOB will nicht mit AfD-Politikern reden

6. Juli 2020: AfD Oberhausen: Wir schüren kein Klima der Angst

6. Juli 2020: Vorbild New York: CDU möchte „Central Park“ für Oberhausen

4. Juli 2020: Stadt Oberhausen sucht 1250 Wahlhelfer für den 13. September 2020

4. Juli 2020: Wie politisch ist das Privatleben von Spitzenpolitikern?

2. Juli 2020: Eine falsche Entscheidung – Kommentar zum Diskussionsboykott

2. Juli 2020: Oberhausener OB-Kandidaten verweigern Streitgespräch mit der AfD

29. Juni 2020: Mini-Partei „Violette“ tritt diesmal in ganz Oberhausen an

27. Juni 2020: Daniel Schranz weist OB-Kandidat der SPD in die Schranken

24. Juni 2020: Grüne wollen nun doch einen Mann als Oberbürgermeister

16. Juni 2020: CDU wirft SPD im Wirtschaftsstreit Gedächtnisverlust vor

16. Juni 2020: Wie die Sozialdemokraten Oberhausen umkrempeln wollen

13. Juni 2020: Oberhausener Grüne werben bei Ratswahl für die Verkehrswende

13. Juni 2020: SPD greift Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz scharf an

9. Juni 2020: Oberhausener Linke stellen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten auf

8. Juni 2020: Nun rechnet das Oberhausener Bürgerbündnis BOB ab

7. Juni 2020: Oberhausener Ratsgruppe Offen für Bürger (OfB) trennt sich

7. Juni 2020: FDP Oberhausen wählt Marc Hoff zum Spitzenkandidaten

5. Juni 2020: SPD-OB-Kandidat Thorsten Berg fordert Altschuldenlösung vom Land

4. Juni 2020: Oberhausener Parteien im Hygienestress für die Kandidatenwahl

28. Mai 2020: Naturschützer: Oberhausen soll noch mehr beim Klima tun

28. Mai 2020: AfD Oberhausen: Weiteres Vorstandsmitglied wirft Brocken hin

22. Mai 2020: Keine Seniorenheime als Wahllokale für die Kommunalwahlen

13. Mai 2020: SPD-Oberbürgermeister-Kandidat Thorsten Berg: Millionen-Hilfe für Betriebe

10. Mai 2020: Grüne suchen Frau als Kandidatin für Oberbürgermeister-Wahl

9. Mai 2020: Oberhausener AfD-Vorstand zerlegt sich nach heftigem Streit

5. Mai 2020: In Oberhausen gelten neue Grenzen bei den Wahlbezirken

24. April 2020: SPD schickt Bankkaufmann ins Rennen um die OB-Kandidatur

8. März 2020: CDU setzt in Oberhausen ganz klar auf Sieg

7. März 2020: AfD Oberhausen löscht ihre kritisierte Facebook-Seite

28. Februar 2020: So präsentiert sich die AfD Oberhausen bei Facebook

27. Januar 2020: Oberhausen: Beim FDP-Parteitag treten Querelen offen zutage

24. Januar 2020: Rechte Partei AfD will in Oberhausener Stadtrat einziehen

21. Januar 2020: Oberhausen steckt Wahlbezirke vor Kommunalwahl neu ab

31. Dezember 2019: Oberhausener Oberbürgermeister warnt vor Hysterie im Wahljahr

10. Dezember 2019: SPD wirft Oberbürgermeister Tatenlosigkeit vor

24. Oktober 2019: Zersplittertes Bündnis BOB tritt bei Ratswahl mehrfach an