Oberhausen. Seit der Wahl eines neuen Vorstandes macht die AfD Oberhausen von sich reden – mit äußerst populären Forderungen außerhalb ihres Markenkerns.

Öffentlich haben sich die Mitglieder und Vorstände des AfD-Kreisverbandes Oberhausen bisher rar gemacht. Hin und wieder sieht man Politiker der ziemlich rechten Partei auf der Zuschauertribüne des Rates sitzen: Sie verfolgen die Debatten, notieren sich einiges.

Seit der Wahl eines neuen Vorstandes auf dem Oberhausener AfD-Kreisparteitag im November 2019 hat sich die „Alternative für Deutschland“ auf den Weg gemacht, in diesem Jahr erstmals in den Rat der Stadt einzuziehen. Selbstbewusst lässt sich die neu gewählte Oberhausener AfD-Spitze mit Parteilogo für ihr offizielles Foto vor dem Rathaus fotografieren – als Signal. Ohne Angabe konkreter Zahlen rühmt sich der Kreisverband, einen höheren Zuwachs an Mitgliedern zu haben als die Oberhausener Grünen, die mehr als 40 neue Mitglieder 2019 zählten.

Auf der Treppe des Oberhausener Rathauses zeigt sich der Kreisvorstand der AfD Oberhausen (von links): hintere Reihe: Sven Thomczak (stellv. Sprecher), Hartmut Mumm (Sprecher), Erich Noldus (stellv. Sprecher); vordere Reihe: Marco Papenberg (stellv. Sprecher), Birgit Mumm (Beisitzer), Jörg Lange (Schatzmeister), Wolfgang Kempkes (stellv. Schatzmeister).
Auf der Treppe des Oberhausener Rathauses zeigt sich der Kreisvorstand der AfD Oberhausen (von links): hintere Reihe: Sven Thomczak (stellv. Sprecher), Hartmut Mumm (Sprecher), Erich Noldus (stellv. Sprecher); vordere Reihe: Marco Papenberg (stellv. Sprecher), Birgit Mumm (Beisitzer), Jörg Lange (Schatzmeister), Wolfgang Kempkes (stellv. Schatzmeister). © AfD Oberhausen | AfD Oberhausen

Seit Jahresbeginn werden die Redaktionen mit zahlreichen AfD-Pressemitteilungen zu publikumsträchtigen Themen bedacht – der Wahlkampf ist eröffnet. Allerdings traut man sich noch nicht, Medien zu Kreisparteitagen einzuladen. Auf der Internetseite der AfD Oberhausen ist nur ein anonymes Postfach als Kontaktmöglichkeit angegeben. In der Öffentlichkeit tauchen bisher nur Pressereferent Wolfgang Kempkes, Schatzmeister Jörg Lange sowie die beiden Kreisvorstandsvize Marco Papenberg und Sven Thomczak auf – als Kommentatoren auf Facebook & Co.

Fester Kern von 10.000 Wählern

Aktuell gehen alle Ratsparteien davon aus, dass AfD-Vertreter nach der Kommunalwahl 2020 im Oberhausener Stadtparlament sitzen werden. Denn es gibt unter den 150.000 Wahlberechtigten wohl einen Kern von 10.000 Wählern, die sich nicht scheuen, auch harte Rechts-Außen-Positionen mitzuwählen.

Doch was will die AfD hier erreichen? „Wir wollen, dass die Bürger alle maßgeblichen Dinge wegweisend mitgestalten können. Wir werden uns auch mit sogenannten politisch unkorrekten Themen auseinandersetzen“, schreiben sie auf ihrer Internetseite. Und in einer Mail: „Es reift die Erkenntnis, dass es auch in unserer Stadt an einer parlamentarischen alternativen und echten Oppositionskraft fehlt. “

In der Spitze wählten über 14.000 Bürger die AfD

Schon bei der Europawahl 2014 wurde die AfD mit knapp 6 Prozent von 4090 Oberhausenern gewählt, fünf Jahre später waren es bei der Europawahl im Mai 2019 bereits 10.000 Wähler (12,2 Prozent).

Bei der Bundestagswahl im September 2017 stimmten sogar 13,1 Prozent der Oberhausener für die AfD – immerhin 14.226 Wähler. Das war das bisher beste Stadtergebnis für die AfD in Oberhausen.

Bei der Landtagswahl im Mai 2017 machten exakt 10.307 Wähler (11,0 Prozent) ihr Kreuz bei der AfD. Bei der letzten Kommunalwahl vor sechs Jahren und der Landtagswahl 2012 trat die AfD im Stadtgebiet noch nicht an.

Inhaltlich versucht die AfD-Führung auch außerhalb ihrer eigentlichen Kernthemen Kriminalität, Abschiebepraxis und Zuwanderung mit populären Forderungen zu punkten, um ihr bundesweit miserables Image einer ausländerfeindlichen Holzhammer-Partei aufzuhellen. Das macht es für die bisherigen Ratsparteien – ähnlich wie bei den Parteien auf Bundesebene – schwer, die AfD auszukontern.

Müll auf einem privaten Grundstück an der Friedrich-Karl-Straße in Alt-Oberhausen.
Müll auf einem privaten Grundstück an der Friedrich-Karl-Straße in Alt-Oberhausen. © AfD Oberhausen | Wolfgang Kempkes (AfD)

So hält die Partei etwa eine Investition in ein neues Freibad wegen vieler schwacher Schwimmer unter den Schülern für sinnvoll – aus Kostengründen in Kooperation mit Nachbarstädten. Bei den umstrittenen Beiträgen nach Straßenrenovierungen setzt sich die AfD für Hauseigentümer ein – sie verlangt die Streichung.

Verschlammte Weg am Ruhrdeich in Oberhausen.(Pressereferent)
Verschlammte Weg am Ruhrdeich in Oberhausen.(Pressereferent) © AfD Oberhausen | Wolfgang Kempkes (AfD)

Nach Spaziergängen im Stadtgebiet weist die AfD auf ärgerliche Missstände hin: Als wilde Mülldeponie bezeichnet die AfD den schlimmen Zustand eines Privatgrundstückes an der Friedrich-Karl-Straße – und fordert die Stadt auf, hier Strafen zu verhängen.

Auf ärgerliche Missstände hingewiesen

Auch den Zustand der Wege an den Treppen zu den Ruhrwiesen im Ruhrpark spießen die AfD-Vertreter auf: „Völlig verschlammt und sumpfartig mit hoher Rutschgefahr. Wir empfehlen eine Befestigung.“ Zudem prangert sie die neue LED-Straßenbeleuchtung als untauglich an, findet das Gewächshaus auf dem Jobcenter unsinnig und hält die Parkraumbewirtschaftung für misslungen.

Selbst in die örtliche Debatte, ob der Begriff Armut treffend auf deutsche Verhältnisse ist, schaltet sich die AfD ein – und gibt sich so ganz sozial. „Die auch in Oberhausen existierende Armut bewerten wir als existenziell, denn Armut zerstört unsere Wertegemeinschaft! Armut ist ein gesellschaftlicher Skandal.“ In ihrem Bundesprogramm will die AfD allerdings die Einnahmequellen für einen sozialen Ausgleich durch den Staat minimieren: Steuer- und Abgaben auf Einkommen sollen limitiert, die Vermögens- und Erbschaftssteuer, die naturgemäß meist Reiche bezahlen müssen, sogar ganz abgeschafft werden.

Früherer Oberhausener Bundestagsabgeordnete der AfD: Kreisverband zu rechts geworden

Der frühere Oberhausener Bundestagsabgeordnete der AfD, Uwe Kamann, hatte noch vor seinem Parteiaustritt im Dezember 2019 mit der AfD Oberhausen gebrochen. Damals sagte er, der hiesige Kreisverband sei ihm eindeutig zu rechts geworden, spätestens seit der alte Vorstand von neuen Köpfen „gekapert“ worden sei. Bei der AfD Oberhausen gebe es kaum Personen, die „vorzeigbar“ seien.