Historischer Rekord: So viele Oberhausener wählten bereits

Oberhausen. Die langen Schlangen von Sofort- und Briefwählern vor den Rathäusern zeigen sich nun in den ersten Zahlen der Wähler – mit einem Rekord.

Bei dieser Kommunalwahl haben sich so viele Wahlberechtigte für eine Brief- oder Sofortwahl entschieden wie noch nie zuvor in der Wahlgeschichte der Stadt Oberhausen. 28.500 Wähler von 160.200 Wahlberechtigten machten nach Angaben der Stadt von Donnerstag (10.September) bereits ihr Kreuz für eine Partei, für einen Oberbürgermeister, für die Bezirksvertretung und fürs Ruhrparlament. Das ist eine Briefwahlquote von 17,8 Prozent. Bei der Ratswahl 2014 zählte die Stadt nur 18.469 Briefwähler – das waren 11,1 Prozent der Wahlberechtigten.

So könnte nun ausgerechnet Corona die von allen Parteien lang ersehnte Wende bringen, dass wieder mehr Wähler ihre demokratische Pflicht erledigen, an der Kommunalwahl teilzunehmen. In den vergangenen Wochen hatten sich durch Sofortwähler an den Rathäusern in der Innenstadt oder in Sterkrade lange Schlangen gebildet. Auch die Nachfrage nach Briefwahlunterlagen ist enorm – die Wartezeiten entsprechend lang. Kein Wunder also, dass die meisten Politiker vor Ort diesmal auf eine deutlich bessere Wahlbeteiligung hoffen.

Beim letzten Mal die niedrigste Wahlbeteiligung seit 1948

Luft nach oben gäbe es allemal, lag doch die Beteiligung bei der letzten Kommunalwahl im Mai 2014 in Oberhausen bei müden 43,7 Prozent. Das war die niedrigste Wahlbeteiligung bei allen Wahlen zum Stadtrat seit 1948. Und das trotz zeitgleich stattfindender Europawahl. Bei den Kommunalwahlen 2009 lag die Wahlbeteiligung bei 46,1 Prozent.

Ein noch schlechteres Ergebnis schockierte die Politik bei der Oberbürgermeister-Wah, die im September 2015 stattfand: Nur 36,7 Prozent aller wahlberechtigten Oberhausener wollten mitbestimmen, wer künftig in der Stadt das Zepter in der Hand hält.

Mehr Gewicht hat eine einzelne Stimme bei keiner anderen Wahl

Diesmal, das ist hinlänglich bekannt, fallen unter anderem Kommunalwahl und die Wahl des Oberbürgermeisters gemeinsam auf den 13. September. Allein dies ein Paket, das doch eigentlich ziehen müsste, meint Christian Benter. Der Oberhausener CDU-Fraktionsgeschäftsführer hat bis heute keine Antwort auf die Frage gefunden, weshalb die Menschen in der Stadt in den vergangenen Jahren ausgerechnet an der Kommunalwahl so wenig Interesse hatten. „Mit 40 Prozent Wahlbeteiligung lagen wir auch noch deutlich unter dem Landesdurchschnitt von knapp 50 Prozent.“

Dabei hatten 2014 bereits rund 600 Stimmen für ein Ratsmandat in Oberhausen gereicht. „In manchen Wahlbezirken entschieden zehn Stimmen über den Einzug in den Rat.“ Mehr Gewicht habe eine einzelne Stimme bei keiner anderen Wahl.

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So unterzeichneten sie im Juni 2014 den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP: (von links vorne) Elia Albrecht Mainz, Regina Wittmann, Regina Boos. Von links hinten: Andreas Blanke, Eva Kauenhowen, Bernhard Elsemann, Wolfgang Große Brömer und Hans-Otto Runkler.

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Doch als die 29 Kandidaten der CDU für die 29 Wahlkreise nun in den Straßenwahlkampf zogen, keimte erstmals Hoffnung auf. Denn dort hörten sie immer öfter: „Wir haben euch schon gewählt.“ Über ähnliche Sätze freuten sich allerdings auch die Politiker der anderen Parteien an ihren Ständen.

Langes Warten auf die Briefwahlunterlagen

Zwar sei es aufgrund der Corona-bedingten Abstandsregeln schon schwieriger, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, räumt Grünen-Fraktionssprecher Andreas Blanke ein. Aber die, die kämen, machten klar: „Sie haben uns bei der Direktwahl schon unterstützt.“ Diese Möglichkeit kann jeder nutzen, der seine Wahlbenachrichtigung erhalten hat. Genau für diesen Zweck sind die Wahllokale in den Rathäusern eingerichtet worden.

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Kommunalwahlkampf auf der Bahnhofstraße in Sterkrade. An der Kreuzung mit der Steinbrinkstraße sind außer der FDP alle vertreten. Der FDP wurde ihr Stand am Kleinen Markt genehmigt.

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Die Grünen macht die positive Resonanz noch selbstbewusster: „Wir wollen stärker abschneiden als 2014.“ Damals lag die Partei bei knapp neun Prozent. Blanke selbst hat sich diesmal für die Briefwahl entschieden. Die Nachfrage auch danach ist groß. „Sonst wartet man drei Tage auf die Unterlagen, diesmal über eine Woche.“

Die direkten Rückmeldungen fehlen den Politikern

Direktwahl noch bis zum 11. September möglich

Briefwahlunterlagen wurden von der Stadt Oberhausen bis zum 23. August zugestellt. Eine Direktwahl ist noch bis zum 11. September möglich. 15.958 Brief- und Direktwähler zählte die Stadt bis zum 24. August 2020.

Zum Vergleich: Bei der Kommunalwahl 2014 hatten sich im gleichen Zeitraum nur 5417 Oberhausener für eine Brief- oder Direktwahl entschieden.

Marc Hoff, stellvertretender Vorsitzender des FDP Kreisverbandes Oberhausen, vermisst die Familien an den Wahlständen. „Wir haben auf Luftballons und Fähnchen verzichtet, weil es ja nicht zu dem sonst üblichen Gedränge kommen sollte.“ Auch der Wahlkampf an der Haustür sei durch Corona flach gefallen. „Die direkten Rückmeldungen, die wir auf diese Weise sonst bekommen, fehlen uns.“

Umso tröstlicher sei es für ihn, jetzt die langen Schlangen auch vor dem Wahllokal des Technischen Rathauses in Sterkrade zu sehen. „Das Interesse ist da – und sogar so stark wie selten.“

SPD freut sich über gut besuchte Straßenstände

SPD-Unterbezirks-Geschäftsführer Antonio Scarpino freut sich dagegen über einen „fast normalen Wahlkampf“ für seine Partei. Die Straßenstände der SPD seien gut besucht, OB-Kandidat Thorsten Berg ein gefragter Mann. „Wir gehen mit Zuversicht in diese Wahl.“

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Obwohl der Fokus der vergangenen Monate auf den Auswirkungen der Corona-Krise lag und von der eigentlichen Tagespolitik ablenkte, gibt Wolfgang Große Brömer zu bedenken. Auch der ehemalige Abgeordnete der SPD im Landtag NRW setzt seine ganzen Hoffnungen auf die Direkt- und Briefwahl. Durch die Pandemie habe sich erwiesen, dass das demokratische System in Deutschland – trotz all seiner föderalen Schwächen – krisenfest und tragfähig sei, meint der Oberhausener.

Und so eint die Kommunalpolitiker aller Parteien der große Wunsch, dass sich die Anerkennung auch für ihre Arbeit endlich in einer besseren Wahlbeteiligung widerspiegelt.

So berichteten wir bisher über die Kommunalwahl 2020

Seit vielen Monaten berichten wir umfangreich über die Kommunalwahl 2020 in Oberhausen, damit sich jeder der gut 160.000 Wahlberechtigten in Oberhausen ein Meinungsbild zur inhaltlichen und politischen Lage vor der Abgabe seiner Stimme machen kann. Hier eine Auswahl von Artikeln zum Thema, allen voran aber die wichtigsten Fakten zur Kommunalwahl 2020 in Oberhausen:

11. September 2020: Was wollen die OB-Kandidaten der kleineren Parteien?

11. September 2020: Auf welch kuriose Art Oberhausener Parteien um Wähler werben

10. September 2020: Historischer Rekord: So viele Oberhausener wählten bereits

10. September 2020: Politiker in Oberhausen sollen sich mehr um Armut kümmern

9. September 2020: Oberhausener besonders unzufrieden mit der Kommunalpolitik

9. September 2020: Maskenpflicht in den Wahlräumen

8. September 2020: „Über den Stau schweben“: SPD will Seilbahn für Oberhausen

8. September 2020: Kandidaten-Streit: Wie erhält Oberhausen günstige Wohnungen?

8. September 2020: Oberhausen strebt Aus fürs Rotlichtviertel in der City an

8. September 2020: FDP rät, Daniel Schranz zum Oberbürgermeister zu wählen

7. September 2020: Ausführliches Interview mit Oberbürgermeister Daniel Schranz: „Jetzt geht es Schlag auf Schlag“

7. September 2020: Wohnen in der Nähe des Centros: Oberhausen will großen Wurf