Oberhausen. Die Oberhausener Liberalen wollen im Kommunalwahlkampf mehr auf Inhalte statt Köpfe setzen. Oben auf der Agenda: Schulsanierung und Gründerkultur.

Den Maximalkontrast dazu, wie sich die FDP ein Oberhausen nach der Wahl vorstellt, erlebte sie selbst vor einiger Zeit bei einem Ortstermin am Bertha-von-Suttner-Gymnasium: Nur ein verfügbares Smartboard – was nicht benutzt werden konnte, weil es durch ein Loch im Dach hineinregnete. „Eine neugewählte FDP-Fraktion im Stadtrat würde sich in einem ersten Antrag vermutlich der digitalen Schulausstattung und der Sanierung von Schulgebäuden widmen“, stellt Bundestagsabgeordneter und Oberhausener FDP-Kreisverbandschef Roman Müller-Böhm in Aussicht.

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Dabei würde der 27-Jährige gar nicht selbst im Rat für digitale Klassenräume eintreten, sondern weitestgehend von Berlin aus beobachten, wie sich der Leiter seines Abgeordnetenbüros im Ratssaal schlägt: Marc Hoff - Alstadener und mit 50 Jahren einer der Ältesten auf der Liste der Liberalen - ist Spitzenkandidat der verjüngten FDP in Oberhausen. Warum kein Anwärter auf den Oberbürgermeister-Posten? „Wir wollen mutig im Wahlkampf auftreten, aber nicht übermütig“, begründet Müller-Böhm die Entscheidung. „Weniger Personenkult tut uns gut.“ Ein bemerkenswerter Satz aus einer Partei, die durch das publikumswirksame Auftreten von Bundesparteichef Christian Lindner häufig als Ein-Mann-Show wahrgenommen wird.

FDP fordert flexible Kita-Betreuungszeiten

Marc Hoff (50) tritt für die FDP als Spitzenkandidat in Oberhausen an.
Marc Hoff (50) tritt für die FDP als Spitzenkandidat in Oberhausen an. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Es soll also vorrangig um die Inhalte aus dem Wahlprogramm gehen – allen voran die Themen Schule und Kitas. „Nicht jeder hat das Privileg, auf die Großeltern zurückgreifen zu können. Und auch eine Krankenschwester im Schichtdienst muss aktuell schauen, dass sie ihr Kind in den Randzeiten betreut bekommt“, sagt Mark Hoff, selbst Vater eines vierjährigen Kita-Kindes. „Die Betreuungszeiten in den Kitas sind viel zu eingeschränkt.“ Der Vorschlag der FDP: Deutlich längere Betreuungszeiten auch in den Randbereichen – bis hin zu 24-Stunden-Angebote in den Einrichtungen.

Die flexiblen Kita-Zeiten sind ein Baustein für ein unternehmerfreundlicheres Oberhausen, wie es in Augen der FDP auszusehen hat. Dazu gehören – so einige Ideen von Hoff - auch eine „mittel- bis langfristige Normalisierung der Gewerbesteuer“, ebenso „eine entbürokratisierte, schnell arbeitende Stadtverwaltung“ oder „eine Unterstützung von Gründerzentren, die es möglich macht, für überschaubare Geldsummen Büroräume zu bekommen“.

App soll Überblick über Freizeitangebote geben

Und da ist natürlich das große liberale Thema der Digitalisierung, das Hoff und seine „neue Generation Oberhausen“ voranbringen wollen – mit einem neuen Ausschuss für Digitales, einer Online-Gewerbeanmeldung oder einer App, mit der man alle Infos über Freizeitgestaltung in der Stadt erhält und gleichzeitig Tickets oder Fahrscheine buchen kann.

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Auch wenn sich Oberhausen so Standortvorteile erspielen könnte, will die FDP nicht gegen die anderen Ruhrgebietsstädte arbeiten. Das Ziel: eine bessere Kooperation in der Region. „Man muss auf dem kommunalen Parkett mehr zusammenarbeiten“, sagt Müller-Böhm.

Gerade für das Kerngebiet des Abgeordneten, die Tourismus-Politik, sieht er noch viel mehr Potenziale für ein gemeinsames Auftreten als selbstbewusste Metropole. „Als Stadt sollte man auch mal auf die eigene Kompetenzausübung verzichten und sich einreihen“, meint Müller-Böhm. „Insellösungen brauchen wir nur in der Karibik.“

Streit um Führung

Ziel der FDP ist es, mindestens Fraktionsstärke bei der Kommunalwahl am 13. September zu erreichen, also drei Sitze im Stadtrat. Hinter Marc Hoff, auf Listenplatz zwei und drei, sind der Verkaufsleiter Thomas Kattler und die Flugbegleiterin Julia Trautmann.

Die derzeitige zweiköpfige Ratsgruppe ist mit dem Oberhausener Kreisverband zerstritten. Vor einem Jahr nannte sie sich deshalb um zu „Freie Demokraten 14/20“. Eine Zusammenarbeit mit den noch gewählten Ratsmitgliedern Regina Boos und Hans-Otto Runkler gilt als ausgeschlossen.

Auch im Rat wollen die Liberalen für weniger Eigenbrötlerei werben. Koalitionswünsche lassen sie derzeit genauso offen wie eine mögliche Unterstützung des amtierenden CDU-Oberbürgermeisters Daniel Schranz im Wahlkampf. „Wir sind bereit, mit allen demokratischen Parteien zu sprechen“, sagt Marc Hoff. „Aber eine Kooperation mit der AfD schließen wir absolut aus – auch im Stillen.“ Deutlich Worte nun, nachdem Hoff und Müller-Böhm im Februar noch scharf kritisiert wurden: Sie hatten dem Thüringer FDP-Chef Thomas Kemmerich, der dort mit Hilfe der AfD zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten gewählt worden war, überschwänglich zur Wahl gratuliert.

Kritik an Gewächshaus: Liberale wollen weniger „Schaufensterprojekte“

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Die FDP verspricht eine „Politik mit Augenmaß“: Nicht nur mit Blick auf die Mobilität, wo die Liberalen einen Ausbau der Radwege ohne Verteufelung des motorisierten Verkehrs fordern. Auch bei der Haushaltspolitik plädieren Hoff und Müller-Böhm für mehr „Maß und Mitte“. So sollten weniger Gelder für „einzelne Schaufensterprojekte“ eingeplant werden – als solches betrachtet Hoff etwa das Dachgewächshaus auf dem Jobcenter in der Oberhausener Innenstadt. „Natürlich ist so ein Projekt schön, aber ich weiß nicht, ob es wirklich dazu führt, die Marktstraße zu beleben.“

„Von Fall zu Fall entscheiden“: Der Oberhausener FDP-Bundestagsabgeordnete Roman Müller-Böhm (27) hinterfragt politische Programme, die nur in Koalitionsverträge gemeißelt werden.
„Von Fall zu Fall entscheiden“: Der Oberhausener FDP-Bundestagsabgeordnete Roman Müller-Böhm (27) hinterfragt politische Programme, die nur in Koalitionsverträge gemeißelt werden. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Aber will sie auch irgendwo radikal sein, die neue Oberhausener FDP? „Mutige Schritte auf großer Ebene braucht man etwa mit Blick auf die Technologien der Zukunft“, sagt Müller-Böhm. Der geplante MAN-Wasserstoff-Campus: Für die Liberalen ein Projekt, mit dem Oberhausen glänzen könnte. „Egal, ob Wasserstoff, Elektro oder E-Fuels: Wir müssen die Rahmenbedingungen setzen, um einen Wettbewerb der Technologien einzuleiten.“

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