Oberhausen. Die CDU Oberhausen wünscht auf Plakaten einen schönen Sommer. Doch der Gruß gefällt nicht jedem. Kritiker vermissen die kulturelle Vielfalt.
Mit einem nach eigener Aussage „sommerlich-heiteren Gruß“ hat sich die CDU Oberhausen in die Sommerpause verabschiedet. Doch die als nette Aufheiterung in Corona-Zeiten gemeinten Wahlplakate gefallen nicht jedem. Die comic-artig gezeichneten Motive werden in den sozialen Medien kritisiert, weil darauf „nur weiße Menschen gezeigt“ werden. „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“, fragen Nutzer über den 280-Zeichen-Dienst Twitter – und machen sich über die Wahlplakate lustig.
Zwei Motive hat die CDU für den Sommergruß anfertigen lassen, beide von dem bundesweit renommierten Karikaturisten Christoph Härringer. Eines zeigt eine Szenerie am Rhein-Herne-Kanal: Ein Hobby-Kapitän schippert seine Begleiterin mit dem Tretboot übers Wasser, ein Angler winkt auf die andere Kanal-Seite ein Junge lässt sich vom Handy ablenken, während ihm der Hund das Eis klaut; ein älterer Herr mit Dackel erhebt seinen Gehstock drohend in Richtung eines Radfahrers, der an ihm vorbeisaust. Darunter der Gruß: „Schönen Sommer – wo auch immer!“
„Altes aggressives Rumpelstilzchen“
Ein Foto des Plakates teilte auch Daniel Willemsen, Direktkandidat der Linken für den Wahlbezirk Alstaden-Nord. Von der Twitter-Gemeinde will er wissen: „Was fällt euch auf?“ Die Antworten sind eindeutig: „Alle weiß, beide Frauen blond“, moniert jemand. Die Radwege habe der Künstler wohl „vor lauter weißer Menschen vergessen“. Eine „suboptimale Gesellschaftsabbildung“, kritisiert ein Nutzer, „ziemlich inhaltslos und joa… weiß“, meint ein anderer. Auch die einzelnen Figuren kommen nicht gut weg: die Männer seien fast alle adipös, der Angler ein Säufer, der Radler ein Rowdy, der Rentner ein „altes aggressives Rumpelstilzchen“.
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Daniel Willemsen wollte mit seinem Tweet darauf hinweisen, dass „auch Migranten und Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe zur Oberhausener Stadtgesellschaft gehören, nicht nur weiße, heterosexuelle Menschen“. Der Twitter-Beitrag wurde im Vergleich zu anderen Beiträge besonders häufig kommentiert und angeklickt. Über die große Resonanz sei er etwas überrascht gewesen, sagt Willemsen. „Aber die CDU hätte mit so einer Reaktion rechnen müssen – gerade in der heutigen Zeit, in der wir mehr denn je über Alltagsrassismus reden müssen.“
CDU Oberhausen steht zu ihren Plakaten
Christian Benter, Kreisgeschäftsführer der Oberhausener CDU, kann über die Kritik nur den Kopf schütteln. „Wer uns kennt, weiß, dass unser christlich geprägtes Menschenbild selbstverständlich alle Menschen jedweder Nationalität und Hautfarbe einschließt.“ Ziel des Plakates sei es, allen Oberhausenern einen fröhlichen Sommergruß zu senden. Diesen Auftrag habe die CDU dem Karikaturisten erteilt – „ohne irgendwelche Vorgaben zu machen.“
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Und mit dem Ergebnis sei die CDU auch jetzt noch glücklich. „Wir stehen weiterhin hinter dem Motiv“, sagt Christian Benter. Schade findet er, dass die Twitter-Debatte durch einen politischen Gegner initiiert wurde. In der Stadt, an den Wahlständen beispielsweise, habe die CDU bislang „nur positive Resonanz" für das Plakat erhalten.
Politikwissenschaftler Florack: „Sturm im Wasserglas“
Als vermutlichen „Sturm im Wasserglas“ bezeichnet auch der Oberhausener Politikwissenschaftler Martin Florack die Debatte. Der Experte der „NRW School of Governance“ an der Universität Duisburg-Essen geht davon aus, dass die Empörungswelle zwar durch die sozialen Medien schwappt, aber keine Breitenwirkung in der Stadtgesellschaft haben wird. „Das versendet sich schnell.“
600 Plakate, 10.000 Postkarten
Auf 600 Plakaten hat die CDU Oberhausen die sommerlichen Grüße gedruckt. Sie hängen bereits seit wenigen Wochen im gesamten Stadtbild – großformatig auf Plakatwänden und in der kleineren Ausführung an Laternenmasten.
Die beiden Motive zieren zudem 10.000 Postkarten, die unter anderem von den Wahlkreiskandidaten mit einem persönlichen Gruß versehen und in Briefkästen der Oberhausener Wähler geworfen werden.
Interessant sei die Reaktion der Twitter-Nutzer aus einem anderen Grund: „Sie belegt eine Verschiebung der Wahrnehmung.“ Grund ist die anhaltende Diskussion über Alltagsrassismus, die viele Menschen für das Thema sensibilisiert. Doch diese aktuelle Diskussion habe die CDU Oberhausen offenbar nicht im Blick gehabt. Florack: „Wahlkampfkommunikation besteht nicht alleine aus Botschaften, sondern auch aus deren Wahrnehmung und Rezeption. Vor fünf Jahren und unter gänzlich anderen Umständen hätte ein solches Plakat möglicherweise andere oder gar keine Reaktionen hervorgerufen.“
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