Oberhausen. In Oberhausen fehlen Kita-Plätze. - Thorsten Berg, OB-Kandidat der SPD, will eine Task-Force gründen. Nur geht der Ausbau überhaupt schneller?

Mehr Kita-Plätze schaffen und den Rechtsanspruch auf eine Betreuung erfüllen – das wird auch in diesem Kommunalwahlkampf durch die Bank von den Oberhausener Parteien gefordert. Die Stadt ist dauerhaft auf der Suche nach Grundstücken und Investoren, rund 700 Plätze für die Betreuung von Kindern ab drei Jahren fehlen aber weiterhin – auch weil geplante Bauvorhaben nicht rechtzeitig fertig geworden sind. Lässt sich der Kita-Ausbau mit neuen Köpfen im Rathaus beschleunigen oder stößt die Forderung nach mehr Plätzen an praktische Grenzen?

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Thorsten Berg, Oberbürgermeister-Kandidat der SPD, will den Kita-Ausbau zur Chefsache erklären. „Wir brauchen unbedingt eine Task-Force unter Führung des Oberbürgermeisters, um dieses Problem konzentriert anzugehen“, sagte Berg auf Nachfrage.

Schlechte Betreuungsquoten

Im Vergleich zu den anderen Großstädten und Kreisen liegt Oberhausen bei der tatsächlichen Betreuungsquote der unter Dreijährigen (U3) nach der neuesten Statistik des Landesdatenamtes IT.NRW im unteren Mittelfeld. Der Anteil der unter Dreijährigen (U3), die tatsächlich einen Betreuungsplatz in Anspruch genommen haben, beträgt in Oberhausen in diesem Jahr 21,6 Prozent (über 1300 Kinder). Vor sechs Jahren lag die Quote nur bei 17,7 Prozent (854 Kinder). Zum Vergleich: In ganz NRW liegt diese Quote bei 29,1 Prozent im ersten Halbjahr 2020.

Dagegen ist Oberhausen bei der tatsächlichen Betreuung von Kindern zwischen drei und sechs Jahren (Ü3) eines der Schlusslichter in Nordrhein-Westfalen: Gelsenkirchen (83,5 Prozent), Mönchengladbach und Oberhausen (jeweils 81,1) sowie Duisburg (80,6) belegen die letzten Plätze. Der Anteil der über Dreijährigen (Ü3), die tatsächlich einen Betreuungsplatz in Anspruch genommen haben, beträgt in NRW 91,1 Prozent. Der Besuch von Kindertagesstätten gilt heutzutage als entscheidend, dass Kinder eine guten Start in die Bildungskarriere ihres Lebens haben.

Was beim Edeka-Zentrallager in Sterkrade möglich gewesen ist, müsse auch für die frühkindliche Bildung möglich sein. Berg spricht sich dafür aus, sowohl das Investorenmodell als auch den städtischen Eigenbau von Kitas weiter voranzutreiben. „Wir haben verschiedene Schulstandorte, die nicht mehr betrieben werden. Hier hätte man die Gelegenheit, neue Kitas zu bauen.“

SPD-Stadtverordneter sieht keine Möglichkeit für schnelleren Ausbau

Vor zu hohen Erwartungen beim Kita-Ausbau wird jedoch selbst in der eigenen Partei gewarnt. SPD-Sozialpolitiker Ulrich Real sagte: „Ich sehe nicht die Möglichkeit, den Ausbau zu beschleunigen. Das geht nicht von heute auf morgen.“ Allein das deutsche Baurecht mache die Umsetzung eines Projekts in einem Zeitraum von weniger als zwei Jahren schwierig.

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Bundesweit agierende gemeinnützige Träger sind bei der Kita-Planung und der Erstellung nötiger Bauunterlagen in der Regel schneller als Kirchen, Elterninitiativen oder Wohlfahrtsverbände. „Aber hinter solchen Trägern steckt am Ende immer jemand, der Geld verdienen möchte“, analysiert Real. „Das sehen wir kritisch.“

In Oberhausen treten aktuell als Träger für neue Kitas in Erscheinung: die Step Kids gGmbH aus Berlin (Kita Ziegelsteinchen an der Alstadener Straße/Kita Drei Knappen an der Knappenstaße), die Berliner Unternehmensgruppe Fröbel (Kita an der Steinbrinkstraße/Kita Lindnerstraße/Kita Sterkrade-Mitte) und die Kinderzentren Kunterbunt gGmbH aus Nürnberg (Kita Max-Planck Ring). Die gemeinnützigen Gesellschaften sind meist nur Mieter und nicht zugleich Investor, arbeiten aber häufig eng mit einem Pool an Investoren zusammen.

Grüne: Kita-Plätze bei Neubauprojekten berücksichtigen

Was Linke, BOB und FDP fordern

Jedes Kind hat ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Platz in einer Kita. Die FDP wirbt in ihrem Wahlprogramm dafür, „den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz mit Leben zu füllen“ und fordert flexible Betreuungszeiten bis hin zur 24-Stunden-Kitas.

Die Linkspartei will die Kindertagesbetreuung in öffentlicher, „nicht in privater und gewinnorientierter Hand“ sehen. Dass die für die Kommune günstigere Tagespflege (Tagesmütter und Pflegenester) ausgebaut wurde, sehen die Linken kritisch. Sie werben dafür, den Rechtsanspruch vorrangig über Kita-Plätze zu realisieren und wollen die Kita-Gebühren in Oberhausen abschaffen. Auch das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB) fordert die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Kita-Plätze.

Auch Grünen-Familienpolitiker Sebastian Girrullis blickt zwiegespalten auf die unternehmerische Trägerschaft. „In anderen Bereich wie der Gesundheitsversorgung hat die Durchökonomisierung jedenfalls keine Vorteile gebracht“, meint Girrullis. „An erster Stelle steht aber, dass wir möglichst viele Kinder versorgt bekommen.“ In ihrem Kommunalwahlprogramm schlagen die Grünen vor, bei Quartiersplanung und Neubauprojekten die Kinderbetreuung grundsätzlich direkt mitzuberücksichtigen. „So wie ein Bauherr Parkplätze nachweisen muss oder die Barrierefreiheit mitdenken sollte, müsste man auch Kita-Plätze bereitstellen.“

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Derartige „kreativen Konzepte“ seien auch deshalb nötig, weil man Geburtenrate und Zuzug eben schlecht vorhersagen könne. Ziel muss es laut Girrullis sein, eine Versorgungsquote im Ü3-Bereich von etwa 103 Prozent zu erreichen, um Reservekapazitäten für geburtenstarke Jahrgänge vorzuhalten. Aktuell liegt Oberhausen im Ü3-Bereich bei einer Quote von etwa 90 Prozent, bei den Kindern unter drei Jahren bei einer Versorgungsquote von nur rund 38 Prozent.

CDU: Erzieherberuf aufwerten

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CDU-Ratsfrau Ulrike Willing-Spielmann betonte, dass die „Stadt bereits viele Anstrengungen übernimmt und bereits auf Investorenmodelle eingeht“. Entscheidend sei nicht nur die Zahl der Kitaplätze, sondern auch die der Erzieher. „Selbst wenn wir viele Neubauten haben, brauchen wir das qualifizierte Personal.“ Landesweit fehlen allerdings über 15.000 Fachkräfte. Die Sozial- und Bildungspolitikerin fordert deshalb, mehr für die praxisintegrierte Erzieherausbildung am Käthe-Kollwitz Berufskolleg zu werben. „Man sollte verstärkt zeigen, wie viel Freude der Beruf macht“, sagt die gelernte Erzieherin.