Oberhausen. In der Fußgängerzone von Sterkrade suchen alle Parteien im Rat der Stadt den Kontakt zu den Bürgern. Die Menschen interessiert nicht nur Lokales.
Nach wochenlanger Hitze ist es ein idealer Wahlkampftag an diesem Samstagvormittag in der Fußgängerzone von Sterkrade. Niemand ist mehr gezwungen, vor der Sonne zu fliehen. Alle sind maskiert. Auf dem Wochenmarkt gilt Maskenpflicht. Kaum jemand hält sich nicht daran. Die FDP empfängt gleich vor dem Technischen Rathaus. Etwas weiter südwestlich, an der Kreuzung Bahnhofstraße/Steinbrinkstraße, haben sich Linke, SPD und CDU aufgestellt und ihnen gegenüber die Grünen. Von der AfD ist hier nichts zu sehen.
Maskenpflicht: Das Zwischenmenschliche leidet
Bei der CDU sieht man den Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Wilhelm Hausmann im Gespräch mit Bürgern und Parteifreunden, ebenso Bürgermeister Klaus-Dieter Broß. „Was habt Ihr Schönes?“, fragt eine Frau und nähert sich dem Infostand mit den Faltblättern und Zeitschriften. Dann beklagt sie sich über die Plakat-Dominanz der SPD.
Dennis Schönau von der Jungen Union, eigentlich Ratskandidat für Osterfeld-Heide, versucht, Passanten Info-Material in die Hand zu drücken. Mal ist er erfolgreich, mal nicht. So geht es allen Wahlkämpfern an diesem Vormittag. „Es ist ein ungewohntes Gefühl, so mit Maske“, findet er. Es gehe doch im Zwischenmenschlichen viel über Mimik. „Der persönliche Kontakt leidet etwas“, sagt er.
Luftballons und grüne Windräder
Aber diese Kontakte sind häufig sehr kurz. Stadtverordneter Denis Osmann steckt einer Frau eine orangefarbene Rose zu. Sein Kollege Saadettin Tüzün läuft hinter einer Mutter her, übergibt ihr für ihr Kind einen Luftballon. Den möchte Bezirksvertreter Sebastian Girrullis von den Grünen von CDU-Kollegin Kirsten Bones lieber nicht annehmen. Er kommt mit seinem Töchterchen im Kinderwagen vorbei.
Bei den Grünen sieht man den Oberbürgermeister-Kandidaten Norbert Axt im Gespräch. Er bricht kurze Zeit später nach Alt-Oberhausen auf, muss ja überall präsent sein. Seine Frau, die Bezirksvertreterin Birgit Axt, verteilt Programmhefte und kleine grüne Windräder. Die drehen sich munter im Wind, sind der Renner bei den Grünen. Auffallend viele ältere Menschen treten an den Stand der Grünen heran. „Die Leute sind sehr wohlwollend. Das war bei der Landtagswahl 2017 anders“, bemerkt Wahlkämpfer Girrullis.
Kaiser & Ganz-Grundstück wieder im Gespräch
Am Stand der SPD weist Stadtverordneter Manfred Flore auf die Pläne für das Kaiser & Ganz-Grundstück hin, die Brachfläche direkt an der Kreuzung. Mit seiner Bebauung wollte die SPD schon bei den letzten Wahlen punkten. Jetzt ärgert es ihn, dass es diesmal Oberbürgermeister Daniel Schranz versuche. Auch Flores Kollegen Hubert Cordes und Karl-Heinz Emmerich sind im Einsatz.
Aber bei dem Gespräch, dass Jörg Schröer, der Vorsitzende der SPD Sterkrade-Süd, mit einem älteren Paar führt, geht es nicht um Kommunalpolitik. Das Paar ist verbittert, dass Parteien wie die AfD wieder Wahlchancen haben, mit Leuten ohne eine klare Distanz zur Nazizeit, wie sie meinen. Es sei schon schlimm genug gewesen, dass frühere Nazis wie Kurt-Georg Kiesinger (Ex-Bundeskanzler) und Hans Filbinger (Ex-Ministerpräsident von Baden-Württemberg) nach 1945 in der CDU aufsteigen konnten. Schröer selbst ist mit der Stimmung zufrieden. „Es hat vor der Europawahl größere Anfeindungen gegeben“, sagt er. Allerdings komme man schwer an junge Leute heran.
Themen: Niedriglöhne und Corona
Auch nebenan bei den Linken sind es zwei ältere Männer, die über die soziale Gerechtigkeit im Land diskutieren. „Wieso stiftet man nicht jedem Kind einen Computer, statt den Kindergeld-Bonus von 300 Euro auszuzahlen?“, fragt der eine. Außerdem fordert er, dass Touristen die Kosten für ihren Corona-Test gleich im Reisebüro entrichten sollten. Der andere Mann schimpft, dass OB Daniel Schranz am 1. Mai gegen Niedriglöhne wettere, städtische Gesellschaften aber selbst solche Löhne bezahlen würden. Jörg Puschel, Linken-Ratskandidat in Alt-Oberhausen, gibt zu bedenken, dass es die SPD gewesen sei, die diesen Niedriglohn-Sektor einst geschaffen habe.
Um Corona geht es bei der FDP. Marc Hoff, Spitzenkandidat für den Stadtrat, ist gleich mit zehn Mitstreitern angetreten. „Die Partei ist sehr motiviert“ sagt er. Er und Ratskandidat Thomas Kattler diskutieren mit zwei Mitarbeitern vom städtischen Ordnungsdienst. Die hätten gerade einen 14-Jährigen vergeblich an die Maskenpflicht erinnert. Mit dem Zuspruch für die Partei ist Hoff zufrieden. „Wir polarisieren ja nicht mehr so wie früher“, sagt er.