Oberhausen. Gerade auf die Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre ist der Oberhausener CDU-Oberbürgermeister stolz. Doch die SPD sieht das völlig anders.
Neun Monate vor der Rats- und Oberbürgermeisterwahl in Oberhausen hat der Wahlkampf in den Fachausschüssen des Rathauses begonnen. Streitpunkt ist das Kernthema jeder Politik: Brummt die Wirtschaft in der Stadt oder fällt Oberhausen hinter Nachbarstädten weiter zurück?
Die SPD-Fraktion unter Führung der neuen Fraktionsvorsitzenden Sonja Bongers will nachweisen, dass der seit Herbst 2015 amtierende CDU-Oberbürgermeister Daniel Schranz erhebliche Schwächen bei Infrastruktur und Wirtschaftsbasis zugelassen hat. In einer scharf formulierten Pressemitteilung wirft Bongers dem Stadtoberhaupt Tatenlosigkeit vor. „Wir wollen von Oberbürgermeister Schranz endlich hören, ob es einen Plan gibt, Oberhausen für die digitale Zukunft aufzustellen.“
Oberhausen schnitt beim jährlichen Städteranking schlecht ab
Die SPD beruft sich auf den „Smart-City-Index“ des Branchenverbandes Bitkom, bei dem Oberhausen auf dem letzten Platz im Ruhrgebiet landete. Zudem schnitt Oberhausen beim jährlichen Städteranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft zur Wirtschaftslage, zum Arbeitsmarkt, zur Lebensqualität mies ab: Von 71 Großstädten landete Oberhausen beim erreichten Niveau auf Platz 67 (plus 1 zum Vorjahr), bei der Zukunftsinfrastruktur auf Platz 66 (minus 1) und bei der dynamischen Entwicklung auf Platz 68 (minus 4). Zugelegt haben hier dagegen Herne (plus zwei), Gelsenkirchen (5), Essen (5) und Bochum (8). „Mit Untätigkeit wollen wir uns nicht abfinden“, meint Bongers.„Wir möchten wissen, warum in den letzten vier Jahren offenkundig wenig bis nichts für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt geschehen ist?“
In der Sitzung des Hauptausschusses überließ Bongers ihrem Vorgänger Wolfgang Große Brömer, nachzulegen: „Wir möchten den Standort nicht schlecht reden, aber wir dürfen ihn auch nicht schön reden.“ Anhand der Zahlen sei belegbar, dass Oberhausen bei den Kapazitäten für Kinderbetreuung, bei der Versorgung mit Arbeitsplätzen und Ausbildungsplätzen schlechter abschneide als andere Ruhrgebietsstädte. Und auch der digitale Ausbau der Schulen stocke seit Jahren.
Diesen Ausbruch an kritischen Vorhaltungen in Richtung Stadtspitze finden zumindest die Stadtoberen mit CDU-Parteibuch mehr als unverschämt: Hatte nicht die SPD die Stadt als stärkste Fraktion und im Oberbürgermeister-Amt seit den 60er Jahren regiert? Ist nicht derzeit immer noch die SPD-Fraktion stärkste Gruppierung im Rat – und damit Teil der kommunalen Regierung?
Stadtspitze: Viele positive Entwicklungen
Im Hauptausschuss führte Strategiedezernent Ralf Güldenzopf (CDU) viele positive Oberhausener Wirtschaftsentwicklungen der vergangenen Jahre an.
Seit 2010 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von 57.150 auf 66.560 an – ein Plus von über 16 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen ist von Anfang 2015 von 13.000 auf 10.500 gesunken – ein Minus von rund 20 Prozent.
Bei der Entwicklung der Kaufkraft liegt Oberhausen auf Platz 3 von allen Ruhrgebietsstädten – besser als Mülheim und Essen. Das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen nahm innerhalb von zehn Jahren von 15.123 Euro (2006) auf 18.181 Euro zu – ein Anstieg um 20 Prozent.
Güldenzopf kündigte zudem an, für alle größeren Gewerbeflächen in der Stadt einen Förderantrag auf 28 Millionen Euro aus der Bundeskasse zu stellen, um den Anschluss mit schneller Glasfaser-Technik zu bewerkstelligen.
Im Hauptausschuss merkte man Schranz seinen Ärger nicht an – er appellierte an die Solidarität der Stadtpolitik: „Wir hatten die Rote Laterne und haben es gemeinsam geschafft, da wieder herauszukommen. Wir sollten auf das Erreichte gemeinsam stolz sein.“ Oberhausen sei die erste Stadt im Ruhrgebiet mit flächendeckendem Breitbandausbau und die Arbeitslosigkeit habe sich stark verbessert.
Inhaltlich schickte er Strategiedezernent Ralf Güldenzopf (CDU) voran, in einem längeren Vortrag zu beweisen, dass Oberhausen in den vergangenen Jahren wirtschaftlich gut vorangekommen ist.
Rankings über Oberhausen auseinandergenommen
Güldenzopf nahm die beliebten Rankings genüsslich auseinander. Die Ersteller des „Smart-Index“ als Messwert für die Digitalisierung einer Stadt hätten viele Oberhausener Projekte nicht berücksichtigt: Facebook-Auftritt, Klimamanager, Kartenzahlung beim Bürgerservice, Robotik in der Altenpflege, das neue digitale Netz für Unternehmen (Internet der Dinge). Beim anderen Index, dem Digitalisierungskompass, habe Oberhausen im gehobenen Mittelfeld abgeschnitten. „Ranking-Listen zeichnen sich üblicherweise durch eine willkürliche Gewichtung der Indikatoren aus, die das Ergebnis des Rankings erheblich beeinflussen. Angesichts der Auswahl der Indikatoren haben Regionen mit strukturellen ökonomischen Problemen in diesen Rankings keine Chance“, kritisierte Güldenzopf.
Besonders absurde Bewertung
Auch interessant
Besonders absurd sei beispielsweise, dass München den besten Platz beim Indikator Mietpreise belege, weil dort Wohnungen besonders begehrt und damit besonders teuer sind – bekanntermaßen für viele normale Arbeitnehmer unbezahlbar. „Das kann nicht unser Ziel für die Stadtentwicklung sein.“ Oberhausen entwickele deshalb derzeit selbst eine Liste an Indikatoren, um die Entwicklung der Stadt zu messen.