Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Eltern wünschen sich vor allem Verlässlichkeit, auch für das nächste Schuljahr. Dabei geht es weniger ums Tempo.
Auch heute bleibt es dabei: Für Schüler bis zum 9. Jahrgang inklusive, die keinen Anspruch auf Notbetreuung haben, ist „Homeschooling“ angesagt. Die angekündigte Öffnung für Viertklässler ab heute ist auf Donnerstag, 7. Mai, verschoben, wann es wie weitergeht, bleibt offen. Vor dem 11. Mai wird mit Sicherheit kein weiterer Jahrgang in die Schule zurückkehren, vielleicht aber ab 11. Mai. Abgesehen vom enormen Arbeitsaufwand für Lehrkräfte und Schulträger, Verunsicherung der Kinder: Was macht das mit Eltern?
Mindestabstand oder fünf Quadratmeter je Kind als Maßstab
Jan Klug ist Vorsitzender der Stadtschulpflegschaften. Er hat in Gesprächen mit Eltern festgestellt: Es geht den meisten gar nicht in erster Linie darum, dass möglichst schnell möglichst viele in die Schule zurückkehren. Auch wenn das für die eigene Berufstätigkeit eigentlich dringend nötig sein mag. „Viele Eltern sind auch skeptisch, ob die Hygienekonzepte ausreichend ausgereift sind. Auch hier ändern sich die Maßstäbe. Erst hieß es 1,5 Meter Mindestabstand, jetzt ist von fünf Quadratmeter je Kind die Rede. Das ist ein Unterschied. Für manchen Klassenraum heißt das, dass die Klasse gedrittelt statt halbiert werden muss“, erklärt Klug. Unsicherheit gebe es auch bei der Beurlaubung von Kindern, die selbst oder deren Eltern zur Risikogruppe gehören. „Es ist nicht eindeutig, ob diese Kinder Anspruch auf Homeschooling haben oder ob sie von der Schulpflicht entbunden sind. Es ist für Lehrer auch nicht die halbe Arbeit, wenn sie nur die Hälfte der Klasse unterrichten – und dann auch noch Homeschooling organisieren sollen.“
Nicht alle Förderschulen starten am Donnerstag
Bisher sind Förderschulen außen vor, auch am Donnerstag werden Schulen mit Förderschwerpunkt geistige und motorische Entwicklung noch nicht starten. Vor den Sommerferien sollen aber auch sie in die Schule zurückkehren, hat die Ministerin versprochen. Was Jan Klug, selbst Vater eines Kindes in der Albert-Schweitzer-Förderschule, sehr zu schätzen weiß. „Diese Eltern sind ja gleich mehrfach belastet. Da kommt neben dem Lernen noch Pflege dazu und sonderpädagogische Betreuung.“ Was das Präsenzlernen in Zeiten von Corona besonders schwer macht aus Sicht der Schulleitung der Albert-Schweitzer-Förderschule, Christiane Fernkorn, ist das Gebot der Distanz. „Das ist bei unseren Schülern eigentlich gar nicht durchzuhalten. Unsere Qualität liegt bisher im „Lernen in Nähe“, im gemeinsamen Tun und Erleben.“
Trotzdem sei jetzt, so Klug, das Wichtigste, ein vernünftiges Konzept für die Schulen zu erarbeiten, das dauerhaft trägt, und zwar auch nach den Schulferien. „Dann wird doch auch noch kein normaler Unterricht möglich sein. Aber spätestens dann brauchen Eltern Sicherheit, Planung, das macht sonst kein Arbeitgeber mehr mit. Diese Konzepte müssen doch jetzt schon entwickelt werden“ fordert er. Mehr Planungssicherheit würden sich auch Schulleiter, Lehrer und Schulträger wünschen. Kehrtwendungen wie am Donnerstag, wo Handlungsanweisungen binnen Stunden widerrufen werden, helfen niemandem. Ob die Freitag in Gesprächen mit dem Städtetag versprochenen besseren Vorlaufzeiten für Schulen künftig eingehalten werden, ist offen.
Die meisten Schüler sind in den Berufskollegs bereits vor Ort
Berufskollegs haben bereits die meisten Schüler wegen der zahlreichen Prüfungstermine im Haus, wann die nächsten kommen, etwa die neunten Jahrgänge, weiß niemand. „Wir haben gar nichts mehr gehört, wie es bei uns weitergehen soll“, erklärt Ralf Niebisch, Leiter des Berufskollegs am Goldberg. Er hat nicht nur mit den Unwägbarkeiten zu kämpfen, sondern auch mit laufenden Umbau- und Renovierungsarbeiten in den Gebäuden, die die Raumkapazitäten einschränken. Niebisch rechnet mit neuen Vorgaben ab Mittwoch, 6. Mai, nach den Gesprächen von Kanzlerin und Ministerpräsidenten.
Unterricht, Notbetreuung plus Ganztag – dafür reicht es nicht überall
An den Grundschulen und Förderschulen zählen laut Schulamtsdirektor Bernhard Südholt im Schnitt zwischen 25 und 30 Prozent der Lehrkräfte zur Risikogruppe, die nicht in den Schulen unterrichten dürfen. Es sei eine sehr schwierige Situation, nach dem Kommunikationsdebakel vom Donnerstag gelte es Klarheit zu schaffen für die Eltern. E-Mails und persönliche Briefe an Eltern seien unterwegs, Elternbriefe der vergangenen Woche mussten revidiert werden. Grundschulleiter Rüdiger Schrader-Theißen von der Grundschule im Brömm zum Beispiel hatte an die Eltern seiner Viertklässler gerade die Briefe zum Schulstart rausgeschickt, als die Änderungsansage aus Düsseldorf kam.
Schulamtsdirektor Bernhard Südholt setzt nun dennoch auf weitere Vorbereitung. Man versuche, sich auf das von der Ministerin als „Vorschlag in Betracht gezogene“ Modell mit tageweise rollierendem Unterricht an Grundschulen vorzubereiten – falls es denn kommt. Problematisch werde allerdings möglicherweise, so Südholt, die parallele Fortsetzung der Notbetreuung plus Ganztagsbetreuung der Kinder im Präsenzunterricht. Da stoße manche Schule an ihre räumlichen und personellen Grenzen.
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