Gelsenkirchen-Erle. Mitglieder des Vereins in Gelsenkirchen-Erle packen auf ihren Parzellen kräftig an. Hier erleben sie Momente der Normalität.
Die Sonne lacht, die Bienchen summen. Blühende Blumen, wohin das Auge schweift. Auf den Parzellen des Kleingartenvereins Erle packen die Gärtner kräftig an. Der Frühling bringt Arbeit mit sich. Es ist ein Stück erholsame Normalität, auf die man hier trifft. Zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten fällt auf, es sind, obwohl es gestattet wäre, keinerlei Spaziergänger unterwegs – die Kleingärtner bleiben unter sich. Gespräche finden in Zeiten der Coronakrise allenfalls aus der Entfernung und über den Gartenzaun statt.
Alle öffentlichen Einrichtungen auf dem Gelände sind geschlossen, der Spielplatz, das Büro, das Vereinsheim. „Ich habe die Gelegenheit zum Renovieren genutzt“, erzählt Oliver Zyber, Vorsitzender und Betreiber der Gastronomie. Alle bevorstehenden Veranstaltungen hat er abgesagt. Was das Sommerfest Ende Juni betrifft, besteht noch Hoffnung. Noch. „Es weiß ja keiner, wie lange das noch dauert.“
Gelsenkirchener Parzelle als Zufluchtsort für die große Familie
Gleich hinter dem Vereinshaus arbeitet Carsten Mank in seinem Garten. Dort ist besonders viel zu tun. Erst 2019 hat die Familie die Parzelle übernommen – und ist jetzt sehr glücklich darüber. Schließlich hat das Paar sechs Kinder und einen Hund. „Mit allen nur in der Wohnung und auf dem Balkon zu sein, das wäre schon schwierig“, so der Familienvater. „Jetzt ist der Garten der einzige Zufluchtsort, wo man sich frei bewegen kann.“
So empfindet es auch Kleingärtnerin Heike. Sie genießt, ein paar Gärten weiter, die Arbeit an der frischen Luft. „Einen solchen Garten zu haben, das ist schon von Vorteil. Hier fühlt man sich trotzdem frei.“
Bäume hängen voll mit Ostereiern
Dreht man sich um, scheint die Welt in bester Ordnung zu sein: Zwei Obstbäume und ein kleiner Ahorn hängen übervoll mit bunten Ostereiern. „Viele Dinge, die man zu Ostern macht, fallen aus. Da haben wir gedacht, wir holen ein bisschen Ostergefühl in den Garten“, so Ralf Keller. Seit 31 Jahren ist ihm und seiner Frau der Garten ein zweites Wohnzimmer. „Man hat hier eine Idylle unweit von Zuhause. Und wir sind zu zweit – das passt ja zu den Bestimmungen.“
Schon jetzt seien die Anfragen gestiegen nach einem eigenen Stück Grün, das in diesen Tagen Freiheit bedeutet. Jedoch: „Momentan sind mir die Hände gebunden“, erklärt Oliver Zyber. Ob Wertermittlung oder Vertragsabschluss, alles sei derzeit zum Erliegen gekommen. Er selbst hat seinen Garten schon im Alter von 19 Jahren übernommen, hegt und pflegt ihn nun knapp 30 Jahre. „Der Schwiegervater wollte nicht mehr und ich hatte Interesse“, erinnert er sich. Auch, dass sich in dieser Zeit viel verändert habe, die Gärtner lange nicht mehr so viel Obst und Gemüse anbauen. Das könnte sich erneut verändern. „Die Leute spüren jetzt schon, wie teuer das Gemüse ist.“
Kleingarten dient als Urlaubsdomizil in Coronazeiten
Kurz vor dem Ende des Rundgangs wartet ein besonders idyllischer Garten. „Wenn sie hier ihren Urlaub verbringen wollen, ich habe nichts dagegen“, begrüßt Peter Ochmann den Besuch scherzend. Tatsächlich taugt die Parzelle als Urlaubsparadies. In der einen Ecke wartet sie mit einer großen Voliere auf, in der zahlreich Piepmätze den Frühling begrüßen.
Naherholungsgebiet für alle Bürger
Die Kleingartenanlagen sind, zu allen Zeiten, eine Verbindung aus kleinteiliger Selbstversorgung Einzelner und Naherholungsgebiet aller Bürger. Beides solle, unter Beachtung aktueller Vorschriften, auch so bleiben, erklärt Frank Theilenberg vom Stadtverband der Kleingärtner.
„Die Gärten bleiben offen.“ Einige wenige Vereine haben sich dennoch entschieden, die Anlagen im Alleingang abzuschließen und nur noch den Mitgliedern den Zutritt zu gestatten.
„Das ist mein Hobby. Die einen gehen zum Fußball, die anderen sprechen mit Vögelchen“, sagt er und lacht. Auf der anderen Seite beheimatet ein Fischteich imposante Kois. Dass der Garten zumindest ihm wohl in diesem Jahr als Urlaubsdomizil dienen muss, trägt der Kleingärtner mit Fassung und verweist auf seinen Strandkorb „mit Blick aufs Wasser“ – gleich neben dem Teich.