Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Seniorenheime sind bislang laut Heimaufsicht frei vom Coronavirus. Neuaufnahmen müssen 14 Tage isoliert werden.
Für Besucher sind die Seniorenheime in NRW längst geschlossen, in vielen Heimen (nicht nur) in Gelsenkirchen gilt zudem wegen des Coronavirus auch für die Bewohner ein Verbot, das eigene Zimmer zu verlassen. Nach der Häufung von Infektionsfällen in Seniorenheimen in Niedersachsen, aber auch in Bochum denkt man mancherorts bereits über einen Aufnahmestopp nach. In Gelsenkirchen gibt es bisher weder Verdachts- noch Infektionsfälle in Heimen laut Heimaufsicht. Wir fragten bei Gelsenkirchener Trägern nach, wie sie mit der Situation umgehen und wie sie ihren betagten Bewohnern trotz Besuchersperre den Kontakt zur Außenwelt ermöglichen.
Angehörige bringen Päckchen, die desinfiziert und weitergereicht werden
Im Johanniter-Stift an der Herforder Straße entdecken Senioren, die die Digitaltechnik eigentlich nicht beherrschen, in diesen Tagen die Vorzüge moderner Kommunikation. Das Haus an der Herforder Straße stellt auf Wunsch Smartphones für Videotelefonie zur Verfügung. Hier können Bewohner aber auch einzeln, begleitet von Mitarbeitern, den abgeschlossenen Garten nutzen. "Außerdem geben Angehörige bei uns Päckchen für ihre Lieben ab, die wir nach Desinfektion zeitverzögert weitergeben. Viele kommen auch an unseren Zaun, um wenigstens in Blickkontakt treten zu können. Und wir sind dank unserem Träger auch gut mit Schutzmaterialien ausgestattet. Trotzdem ist es eine sehr schwere Situation, für alle", resümiert Heimleiterin Beate Wieschermann, die sich auch über die hohe Akzeptanz der Angehörigen bei allen Vorkehrungen freut.
"Keiner muss am Ende des Lebens alleine sein"
In den Seniorenheimen der St. Augustinus GmbH werden derzeit neu aufgenommene Patienten beziehungsweise Bewohner, die aus dem Krankenhaus zurückkehren, zunächst isoliert und getestet -- das ist für alle Heime Vorschrift. Was mit einem erhöhten Aufwand an Personal und Schutzkleidung einhergeht, wie Wolfgang Heinberg, Sprecher der St. Augustinus GmbH, erklärt. Das sei aktuell noch ausreichend vorhanden, mittelfristig aber "brauchen wir den Zugang zu weiteren Schutzmaterialien". Um Bewohnern den Kontakt zu Angehörigen auch optisch zu ermöglichen, werde auch hier Videotelefonie zur Verfügung gestellt. Ausnahmen vom Besuchsverbot gibt es bei Augustinus ebenso wie bei anderen Trägern lediglich für Sterbende. "Kein Bewohner unserer Einrichtungen muss am Ende des Lebens alleine sein. Abschied nehmen zu können ist für Sterbende genauso wichtig wie für Angehörige", so Heinberg.
Im Amalie-von-Sieveking-Haus des Johanneswerks leiden 60 Prozent der Bewohner unter demenziellen Beeinträchtigungen, sind auf Regelmäßigkeit und Kontakte besonders angewiesen. "Was wir unseren Bewohnern sonst in Gruppen anbieten wie Zeitunglesen etwa, erfolgt jetzt einzeln in den Zimmern. Nur in Ausnahmen gibt es auch Angebote in Kleingruppen, dann aber mit großem Abstand", versichert Hausleiter Olaf Horn. Auch hier werden Tablets für Sichtkontakt zur Verfügung gestellt.
"Bei Schutzmaterialien mangelt es derzeit an allem"
Die Awo als Seniorenheimträger will einen Aufnahmestopp verhindern. "Da hilft nur testen, testen und nochmals testen. Wir müssen alles tun, um Infektionen in Pflegeheimen zu verhindern. Deswegen müssen auch die Mitarbeitenden getestet werden. Wir brauchen Schnelltests mit möglichst zeitnahen Ergebnissen", fordert Katrin Mormann als Sprecherin des Awo-Bezirksverbands, der in Gelsenkirchen vier Häuser betreibt. Auch dort gibt es neben Skype und Videotelefonie Unterhaltungsangebote für Senioren wie Balkonkonzerte. Bei Schutzmaterialien mangele es derzeit "an allem", obwohl es so grundlegend wichtig sei, klagt Mormann.
Im Evangelischen Seniorenstift an der Husemannstraße fordert man derzeit Angehörige auf, Briefe an ihre Bewohner zu schicken, die ihnen vorgelesen werden. Singen, Videotelefonie, Balkonkonzert und seelsorgerische Betreuung vor dem Fenster ergänzen die Unterhaltungspalette. In städtischen Heimen wurde ebenfalls das Unterhaltungsangebot innerhalb der Häuser erweitert. So wird nun verstärkt auf den Stationen unter anderem gebacken und gekocht, Kinder und Enkel werden gebeten, für ihre Lieben zu Basteln, Malen und Mailen.
Corona-Schutzverordnung regelt auch das Leben in Heimen
Die Regeln in allen Seniorenheimen diktiert derzeit die Corona-Schutzverordnung mit strengen Auflagen. Diese gelten auch für die Begleitung von Sterbenden im Heim: "Einrichtungsleitungen sollen Besuche, die medizinisch oder ethisch-sozial geboten sind, unter Beachtung der Schutzmaßnahmen und nach Hygieneunterweisung ermöglichen", heißt es in der Verordnung. Grundlegende Regeln auch zum Thema Neuaufnahmen können sich aufgrund aktueller Entwicklungen täglich ändern, betont die Stadt.