Gelsenkirchen. Obdachlose und Bedürftige leiden auch in Gelsenkirchen besonders unter der Corona-Krise. Wie ein bekannter Verein nun ganz pragmatisch hilft.

Das größte Esszimmer der Stadt hat geschlossen. Und zwar schon seit mehreren Tagen und vor allem bis auf Weiteres. Kein Ende in Sicht. Die Krise rund um das Coronavirus macht nicht Halt vor Gelsenkirchen - schon gar nicht vor den schwächsten Gliedern dieser Stadtgesellschaft, den Obdachlosen, den Bedürftigen. Wie der Verein "Gelsenkirchen packt an! - Warm durch die Nacht" ganz pragmatisch mit der neuen Krisen-Situation umgeht.

Gelsenkirchen: Die Helfer von "Warm durch die Nacht" sind vorbereitet

"Wir machen einfach das Beste aus dieser Lage. Kein Mensch weiß, wie lange dieses Chaos noch andauert", sagt Petra Bec von "Gelsenkirchen packt an!". Gefühlt stündlich gibt es neue Nachrichten, neue Erlasse, neue Herausforderungen. Doch die Helfer sind vorbereitet: "Wir warten nicht, bis etwas passiert. Wir denken schon vorher darüber nach", erläutert Petra Bec weiter. Vier bis fünf Mitstreiter sind bereits jetzt mit Zukunfts-Vorbereitungen beschäftigt, sie blicken nach vorne, spielen Szenarien durch, die so oder ähnlich eintreten könnten.

Was wäre, wenn der Lockdown tatsächlich kommt? Wenn von jetzt auf gleich alle Zuhause bleiben müssen, nur noch für die nötigsten Einkäufe vor die Tür dürfen? "Ja, was macht man dann, wenn das eigene Zuhause nur aus einem Schlafsack besteht?", fragt Tanja Adolphs, die sich ebenfalls bei "Warm druch die Nacht" engagiert. Eine Antwort gibt es nicht, auf diese schwierige Frage.

Gelsenkirchen: Das Coronavirus macht auch hier die Menschen einsam

Doch zurück zum Hier und Jetzt. Zur Organisation eines Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, Gelsenkirchens Schwächsten Gespräche und Begegnungen auf Augenhöhe zu ermöglichen, ihnen mit Respekt entgegen zu treten, schlicht: sie zu unterstützen. So manches Mal auch einfach nur mit einer kleinen Geste, einer liebevollen Umarmung. Alles nicht mehr möglich, in diesen Zeiten.

Und auch das geht nicht mehr: Schon seit ein paar Tagen gibt es weder Kaffee und Tee noch Suppe am Hauptbahnhof, dort, wo der Verein immer ganz verlässlich und regelmäßig seine Hilfe angeboten hatte. Dort, wo die Mitglieder des Vereins immer ansprechbar waren. Das Coronavirus macht auch hier die Menschen einsam. Noch einsamer als sie es eh schon sind.

Besondere Probleme erfordern besondere Lösungen

Besondere Probleme erfordern besondere Lösungen. Da nun keine Suppe mehr verteilt werden darf, gibt es Care-Pakete. Darin: Konserven, Trinkpäckchen, Kaffeepulver, aber auch Obst und andere Leckereien. In diesem Falle handgemacht. Ein Caterer aus Beckhausen sorgt für Frikadellen, Hähnchenkeulen, Kartoffelsalat. "So hält man sich gegenseitig am Leben", sagt Tanja Adolphs auch. Und spielt damit auf die noch nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen an, die diese Krise mit sich bringen wird.

Grundsätzlich gilt: "Es wird gegessen, was in die Tüte kommt", sagt Petra Bec. Am vergangenen Montag kamen 70 Gäste, am Freitag zuvor waren es 35. Diese Zahlen zeigen wie groß die Not, wie hoch der Bedarf ist. Viele der Gäste haben keinen Zugang zum Internet, sie können sich nicht informieren, über den neuesten Stand rund um das tückische Virus. Umso wichtiger ist da der Kontakt zu "Warm durch die Nacht".

Verteilung der Care-Pakete muss ohne viel Aufhebens erfolgen

"Die Angst bei unseren Freunden von der Straße ist noch größer geworden", berichtet Petra Bec. Sie zu nehmen fällt schwer in diesen Tagen. Besonders wenn Zuwendung und Zeit rationiert sind. Wo sie früher über mehrere Stunden beisammen sein konnten, muss heute eine Verteilung der Care-Pakete ohne großes Aufhebens erfolgen.

Und wenn man so mit Petra Bec und Tanja Adolphs spricht, dann kommt man nicht umhin zu denken: Die beiden, ja überhaupt der ganze Verein, die wuppen das. Die machen, die helfen einfach. Ganz pragmatisch. Auch wenn vielen ihrer Gäste nun die Lebensgrundlage abhanden kommt - das Betteln bringt wenig bis gar keinen Cent mehr ein und auch der Blick der Flaschensammler geht dieser Tage meist in leere Papierkörbe.

Resonanz nach Spendenaufruf war "überwältigend"

Doch es gibt auch noch die schönen Momente - nach dem Spendenaufruf in der vergangenen Woche etwa. Via Facebook suchte der Verein nach allem, was seinen Freunden von der Straße helfen könnte. Die Resonanz sei "überwältigend" gewesen. "Wir freuen uns über die kleinsten Dinge", berichtet Tanja Adolphs.

Nun gilt es, nach vorne zu schauen. Schnell Antworten zu finden auf die Frage, die Petra Bec an diesem Nachmittag stellt: "Wie kriegen wir das Chaos in den Griff?" Sicherlich und bestimmt mit einer großen Portion Pragmatismus, mit einer großen Portion Idealismus, für die Freunde von der Straße, warm durch die Nacht.

Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Vereins unter gepa-wddn.ruhr oder auch auf der Facebook-Vereinsseite.