Gelsenkirchen-Beckhausen. Die Kontaktsperre wegen des Coronavirus treibt die Gelsenkirchener in ihre Gärten. Den Fachhandel freut das: Grills und Sämereien sind gefragt.
„Grillgeräte, die sind im Moment besonders von Männern sehr nachgefragt“, erzählt Siegfried Joachim. In diesem Segment sei in den vergangenen Wochen schon eine Veränderung spürbar gewesen, so der Geschäftsführer des Unternehmens Düsing, einem „Grünen Großmarkt“. Der Wunsch nach einem schicken Grill sei vielleicht schon zuvor gehegt worden bei den jeweiligen Kunden. „Aber in der jetzigen Situation sagen die Leute, wir machen es uns zu Hause schön.“
Da passt es, dass gerade Daniel Wilger an der Kasse steht – mit einem großen Sack Holzkohle. Angrillen sei angesagt am Wochenende, erzählt er. „Das hätten wir wohl ohnehin gemacht. Aber ich will smoken. Das mache ich nur, weil ich jetzt im Homeoffice die Zeit dafür habe.“ Ein paar schöne Stunden im Freien scheinen da vorprogrammiert. „Grillen geht immer und ist immer schön.“
Die Zeichen der Zeit sind auch bei Düsing allgegenwärtig
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Mit ihrem Gartenfachmarkt darf die Familie Düsing auch in diesen Tagen öffnen. Manches hier drückt Normalität aus, die Zeichen der Zeit jedoch sind allgegenwärtig: Klebebänder auf dem Boden zeigen Kunden an, wie viel Abstand an der Kasse gehalten werden muss, Personal und Kunden trennen hier Barrieren aus Flatterband, dort Plexiglasscheiben. „Wir mussten uns auch anders aufstellen“, sagt Merle Joachim, die Prokuristin. „In so einer Situation merkt man, wie leicht Mitarbeiter verunsichert sind und wie wichtig es ist, als Unternehmer gut informiert zu sein.“
Das sind sie hier. Auch hinter den Kulissen hat man Abläufe verändert. Die Werkstatt, die Gartenmaschinen aller Art wartet und repariert, arbeitet nun in zwei Schichten. Damit immer nur zwei Mitarbeiter im Raum sind. Zwischen den Schichten muss die Werkstatt eine viertel Stunde durchlüften.
Alexander Gossen ist einer derer, die hier arbeiten und nun, je nach Schichteinteilung, ganz früh morgens beginnen oder weit länger als gewohnt arbeiten. Verändert habe sich noch mehr: „Wir halten Abstand zum Kunden, der übliche Handschlag ist nicht mehr drin.“ Die Übergabe sei nun etwas kompliziert. „Das machen wir telefonisch – oder wir schreiben Zettel.“ Die gute alte Art funktioniere immer noch recht gut.
Menschen denken wieder über Selbstversorgung nach
Derweil geht in der Verkaufshalle das Geschäft weiter. Immer sind drei, vier Kunden da. Auf der riesigen Fläche verläuft sich das. Abstand halten ist hier kein Problem. Fröhlich sammeln Kunden zusammen, was sie für das sonnige Wochenende im heimischen Garten brauchen. „Sämereien gehen gut“, sagt Siegfried Joachim und erzählt, die Menschen dächten wieder mehr über Selbstversorgung nach – auch eine Folge der aktuellen Lage. „Der Garten“, so meint er, „ist wieder im Kommen“.
Ewa Schwenson hat einige Samentütchen in der Hand. In den Garten wollte sie ohnehin und sie ist froh, dafür etwas Zeit zu haben. In der Krise müsse sie als Pflegekraft besonders ran. Gemüse, erzählt sie, bauen sie seit ein paar Jahren schon an. „Tomaten, Gurken, Kartoffeln, Salat“, zählt sie auf. In diesen Jahr traut sie sich mehr zu: „Rosenkohl“. Das ist bekanntlich nicht so leicht. „Man steigert sich von Jahr zu Jahr.“
Leihmaschinen werden zurzeit stark nachgefragt
Service auf Distanz
Abstand halten, das ist gar nicht immer so einfach. Bei Düsing aber hat man sich einiges überlegt. Natürlich wird den Kunden weiterhin geholfen, das Auto zu beladen – jedoch dürfen die nicht in der Nähe sein. Sie müssen den Wagen vorfahren und sich dann entfernen, bis die Ware verladen ist.
Viele Kunden, erzählen die Joachims, machten nun auch von einer telefonischen Beratung und Bestellung oder einem Besuch des kleinen Online-Shops Gebrauch.
Noch ist man hier zuversichtlich, die aktuelle Lage einigermaßen überstehen zu können. Dauere die Kontaktsperre noch lange an, fallen in der Folge auf lange Sicht Veranstaltungen aus, bei denen Düsing mitwirkt, vom Weihnachtsmarkt bis zum Biathlon auf Schalke, müsse man neu denken – und informiert sich bereits heute über Möglichkeiten der Unterstützung.
Sicher, auch für das Unternehmen der Joachims hat sich viel verändert. Noch aber können sie die Krise händeln. Man darf nicht alles, aber man darf öffnen, aktiv bleiben, arbeiten. Immer angepasst an die neuen Umstände. „Was man auch spürt ist, dass viele Leihmaschinen angefragt werden“, erzählt Merle Joachim. Daran merke sie, dass etliche ambitionierte Gärtner in der Stadt sind, die nun mehr Zeit haben für das eigene Grün.
Zu ihnen gehört David Strohhofer. „Jetzt nutzen wir die Zeit im eigenen Garten. Sonst hätten wir sicher eher Ausflüge gemacht. Aber der Garten“, meint er, „ist eben einer der wenigen Rückzugsorte, wo man sich noch aufhalten darf.“