Gelsenkirchen. Die Friseurbetriebe in Gelsenkirchen starten mit viel Arbeit - und wirtschaftlichen Sorgen. Werden alle Hygieneregeln eingehalten?
Beim Friseursalon Metin wird die Tür mit Schweißperlen über dem Mund-Nasen-Schutz geöffnet. Wie es läuft? „Gerade zu viel Stress, keine Zeit zu reden“, sagt einer der Mitarbeiter. Schließlich müssen Corona-Mähnen in Ordnung gebracht werden. Die rund 300 Gelsenkirchener Friseurbetriebe haben an ihrem ersten Öffnungstag seit Ende März im Akkord gearbeitet - und unter strengen Auflagen.
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Vor dem Salon Metin an der Luciagasse warten zwei Kunden. Lange Schlangen dürfen sich nicht bilden, darauf wird auch hier geachtet. Zweimal habe er versucht, sich selbst in den vergangenen sechs Wochen die Haare zu schneiden, erzählt Stammkunde Akim A., der nun „endlich wieder einen vernünftigen Schnitt bekommt“. Beim ersten Selbstversuch habe er einfach alles auf sechs Millimeter rasiert, erzählt er. Und auch beim Bart musste der 22-Jährige selbst Hand anlegen. „Auch wenn ich das selbst sehr ungern mache.“
Mehr Zeit für einen Schnitt
Zumindest auf eine professionelle Bartrasur wird Akim A. noch länger verzichten müssen. Auch das Färben der Augenbrauen oder Wimpern und jegliche Trockenhaarschnitte bleiben verboten. Selbst auf das Durchblättern nicht selbst mitgebrachter Zeitschriften sollen Kunden verzichten. Aysegül Yilmaz ist trotzdem erleichtert. „Wenn ich noch mal sechs Wochen zu Hause bleiben müsste, würde ich das nicht mehr durchstehen - wirtschaftlich und psychisch“, sagt die Inhaberin des Friseursalons Side an der Weberstraße.
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Kurz angebunden ist aber auch sie, wie jeder Friseur an diesem Tag. Um alle Hygienestandards - regelmäßige Desinfektion, Reinigen der Utensilien oder ausnahmsloses Haarewachsen – einzuhalten, brauche sie jetzt eine Viertelstunde mehr für einen Schnitt, erzählt Yilmaz. Das bedeutet: Nun können die Wünsche von weniger Kunden als zuvor erfüllt werden. Deswegen abends länger zu öffnen, plant die 38-Jährige aber nicht. Anders beim Salon von Annette Schmidt an der Kirchstraße.
Angestellte arbeiten in zwei Schichten
Obwohl Schmidt nun bereits für die nächsten drei Wochen ausgebucht ist, will sie mit längeren Öffnungszeiten mögliche Einnahmeverluste ausgleichen. Für neun Kunden sei Platz, nun würden maximal fünf zur selben Zeit frisiert, sagt sie. Ihr Ziel aus normalen Zeiten, 120 Euro in einer Stunde zu erwirtschaften, sei so nur noch schwer zu erreichen. „Ich bin froh, dass es weitergeht, aber ich mache mir Sorgen, ob der aktuelle Umsatz und die Preiserhöhung uns weit trägt“, sagt die Friseurmeisterin.
Für den Mehraufwand müssen die Kunden nun in den meisten Salons zwei Euro mehr pro Schnitt zahlen. So hoch ist auch die Pauschale, die Friseur- und Kreishandwerksmeistern Holger Augustin nun pro Kunden erhebt. Sie scheinen Verständnis zu haben - nicht nur für die Preise, auch für die Hygieneregeln. „Die Kundschaft ist sehr diszipliniert“, sagt Augustin. Ohnehin sei der erste Öffnungstag „hervorragend angelaufen“. Dennoch prognostiziert Augustin, dass die Kurzarbeit für seine drei Mitarbeiter erst einmal weiterhin ein Thema bleiben wird. Denn um den Kontakt untereinander weiterhin möglichst zu reduzieren, arbeiten sie aktuell in zwei getrennten Schichten.
Stadt: „Die Regeln schnell verinnerlicht“
„Alle geben sich große Mühe, die Regeln einzuhalten“, sagt Stadtsprecher Oliver Schäfer. Der Kommunale Ordnungsdienst und die Gewerbeaufsicht haben die Gelsenkirchener Salons am Montag stichpunktartig kontrolliert und keine größeren Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung des Landes festgestellt. „Die Bürger und Betriebe haben die Regeln schnell verinnerlicht“, so Schäfer.
Am besten nur mit Termin
Aus organisatorischen Gründen arbeiten die meisten Friseurbetriebe aktuell nur noch auf Termin. Denn vor den Läden dürfen sich keine Schlangen bilden und auch in den Wartebereichen der Salons dürfen nicht mehrere Menschen auf einmal Platz nehmen.
Kunden werden außerdem gebeten, nach dem Schnitt ihre Kontaktdaten zu hinterlassen, damit mögliche Ansteckungsketten im Falle einer Corona-Infektion besser zurückzuverfolgen sind.
Die Zahl der Menschen in den Salons wollen die Betriebe aber nicht nur wegen der Hygieneregeln möglichst gering halten. Es hat auch mit dem Wohlbefinden zu tun. „Wenn man mit viel Haarspray oder Chemikalien arbeitet, dann wäre das für einen Kunden, der direkt daneben sitzen muss, wegen der verpflichtenden Maske ganz besonders unangenehm“, sagt Erem Cok (21), Mitarbeiterin im Salon „Die goldene Schere“. Trotz Masken und Co.: Stammkundin Margret Iborg (76) ist zufrieden: „Hauptsache ist doch“, sagt die 76-Jährige, „man kriegt endlich mal wieder die Haare geschnitten.“