Hattingen. Ein Riesen-Kinematograph versetzt Hattingen 1907 in Staunen: Im ersten Kino der Stadt wird „nie gesehene Schönheit und Vollendung“ versprochen.
„Achtung! Riesen-Kinematograph. Samstag, Sonntag und Montag. Vorführung lebender Photographien in nie gesehener Schönheit und Vollendung.“ Es ist der 12. Oktober 1907, an dem Gastwirt Gustav Heinrich Drenhaus dem geneigten Publikum mitteilt, dass die Bilder in Hattingen laufen lernen. Sein Licht-Spielhaus „Glocke“ ist das erste Kino in der Stadt.
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Drenhaus ist Sattlermeister, doch er ist an vielen Dingen interessiert. So fasziniert ihn technischer Schnickschnack, der immer weiterentwickelt wird. Und er hat einen Hang zur Geselligkeit, den er den Menschen bieten möchte – deshalb wird er Gastwirt in Hattingens Herz und übernimmt die „Glocke“.
Elektrisches Klavier zur Untermalung
Im Herbst 1907 kauft er sich eine Vorführmaschine und bietet regelmäßig Kino-Vorstellungen an. Zur Untermalung von Stummfilmen, die in den ersten Jahren noch ohne Texttafeln liefen, schafft er ein elektrisches Klavier an. Manchmal macht sein Sohn Alfred die Musik.
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Viele Kinos an der Bahnhofstraße
Die Liste der Lichtspielhäuser in Hattingen ist lang – vor allem im Bereich der Bahnhofstraße hat es über die Jahre sehr viele gegeben. Das Edison-Theater etwa ist an der Bahnhofstraße 24 (wo heute die SPD ihr Büro hat).
Das langlebigste Kino Hattingens steht an der Bahnhofstraße 7: Schon im Jahr 1919 wird das Central-Kino eröffnet. Es überdauert gut 90 Jahre mit verschiedenen Besitzern und wird 2010 geschlossen. Die ersten Filme sind „Herzensopfer“ und „Staatsanwalt Jordan“, begleitet mit Livemusik von der Künstlerkapelle Arno Köhler. 2016 wird das Gebäude abgerissen.
Die Lichtburg an der Heggerstraße 34 gibt es noch heute – zumindest die alten Sitzreihen und Logen im ehemaligen Saal im Obergeschoss. Das Kino wird am 8. Oktober 1937 eröffnet. 34 Jahre lang flimmern Filme über die Leinwand. Der erste heißt „Sieben Ohrfeigen“.
Nach fünf Jahren ist die Nachfrage so groß, dass Drenhaus einen Saal seines Restaurants zum Lichtspieltheater mit 300 Sitzplätzen ausbauen lässt. Zum Kassenschlager wird im Jahr 1912 der 35-minütige Katastrophenfilm „In Nacht und Eis“, der versucht, den Untergang der Titanic ein halbes Jahr zuvor nachzuzeichnen (Anm. d. Red.: Dieser Stummfilm ist heute beiYoutube abrufbar). Dazu gibt es „wissenschaftliche Lichtbildvorträge“ über „Gesunde Mütter und lebensfrohe Nachkommenschaft“. Bereits 1911 eröffnet Drenhaus ein weiteres Kino an der Ecke Ost-/Heggerstraße. Hier wird das gleiche Programm gezeigt wie in der „Glocke“ – ein Laufbursche trägt die Rollen für die zeitversetzt laufenden Filme hin und her.
Irgendwann reicht der Platz an der Johannisstraße für die vielen Kinogänger aber nicht mehr aus. Drenhaus nimmt gerne das Angebot der Henrichshütte an, den Saal im Adler-Palast an der Henschelstraße in Welper zu nutzen. Die Vorführgeräte ziehen um, das Kino in der „Glocke“ schließt im Oktober 1931 endgültig seine Pforten. Zwischendurch – am 12. Februar 1924 – wird in der „Glocke“ übrigens die Bank für Handel und Gewerbe gegründet, aus der später die Volksbank hervorgegangen ist.
Nazis setzen den „Kino-Mogul“ unter Druck
Cineasten satteln um. Sie folgen Gustav Heinrich Drenhaus an die Oststraße und auch nach Welper. Doch als die Nazis dem Hattinger „Kino-Mogul“ nur noch den Betrieb eines Kinos erlauben, setzt er ab Oktober 1937 ganz auf seine neue „Lichtburg“ auf der Heggerstraße.
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In die „Glocke“ geht die Stadtgesellschaft nun nur noch zum Speisen, Feiern und Beisammensein. Und doch bleibt sie auch ein kleiner Spielort: Denn eines Abends im Jahr 1947 gastiert der große Komiker und Schauspieler Heinz Erhardt auf einer Tournee durchs Ruhrgebiet in Hattingen. Ja, er bringt die Menschen zum Lachen – mit „noch’n Gedicht“ und „Möge der Himmel seine Geigen über alle Glücklichen ausschütten“ erobert er schnell auch hier die Herzen.
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