Hattingen. Olympische Spiele schreiben Helden-Geschichten – und so hat auch Hattingen seinen „Goldjungen“. In Blankenstein wurde gezittert und mitgefiebert.
Die Olympischen Spiele 2024 in Paris werden heute (11.8.) mit der großen Abschlussfeier im Stade de France beendet. Wieder wurden viele Helden-Geschichten geschrieben, so wie in der Vergangenheit auch. Hattingens goldene Olympianacht spielt im Jahr 1988 – Erinnerungen an den Triumph von Armin Eichholz aus Blankenstein.
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Zittern, Bangen, Daumen drücken – und um 3.22 Uhr in der Nacht endlich die Erlösung, der grenzenlose Jubel, der Stolz auf den Olympia-Helden aus dem eigenen Verein. Die Goldmedaille von Armin Eichholz am 25. September 1988 verwandelt das Clubhaus der Blankensteiner Ruderer in ein Tollhaus.
Einer aber sitzt still in der Ecke. Das eine oder andere Freudentränchen kullert über seine Wangen, doch die Fassungslosigkeit überwiegt bei Gustav Eichholz. Denn dass sein Sohn tatsächlich mit dem Deutschland-Achter, der diesmal ein reiner Ruhrgebiets-Achter ist, im südkoreanischen Seoul den obersten Platz auf dem Treppchen erreicht hat, ist für den 53-Jährigen nicht zu begreifen.
Sektkorken knallen, alle feiern „unseren Armin“
Um ihn herum tanzen sie, die rund 50 Mitglieder des Rudervereins Blankenstein. Die Sektkorken knallen, alle liegen sich in den Armen, alle feiern „unseren Armin“.
Dabei ist zunächst einmal gar nichts gut. Denn als das ZDF an die Regattastrecke zu Wolfram Esser schaltet, sind alle Boote bereits am Start – außer dem Deutschland-Achter. Der Kommentator spricht von „einem technischen Fehler am Boot“, ein Raunen geht durchs Ruderhaus. Die Startzeit wird um eine Viertelstunde verschoben.
„Bleib ruhig, Vatter“, sagt die Tochter
Gustav Eichholz ist unruhig. „Bleib ruhig, Vatter“, sagt seine Tochter Susanne, aber auch sie kann ihre Nervosität nicht verbergen. Ihr Bruder Armin sitzt an vierter Stelle im Boot, hinter Bahne Rabe und Thomas Domian. Steuermann ist Manfred Klein.
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Als alle wieder gebannt Wolfram Esser zuhören, wird es ruhig. Trainer Ralf Holtmeyer hatte – woher auch immer – eine Mutter besorgt und damit war die Stemmbrettleiste von Eckhardt Schultz wieder befestigt worden.
Bloß nicht die Erwartungen überhöhen
3.15 Uhr nachts in Blankenstein: Als der sonst so ruhige, besonnene Sportreporter den Deutschland-Achter zum Favoriten kürt, regt sich Gustav Eichholz schon wieder auf. Nein, bloß nicht die Erwartungen überhöhen, ist seine Devise.
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3.16 Uhr, der Startschuss. Ein schlechter Start. Vater Eichholz schlägt immer wieder mit rechten Faust in die linke Hand, er stampft mit den Füßen auf den Boden. Nicht nur er hat den Schweiß auf der Stirn stehen. „Komm, Bahne, komm“, feuert er an.
Nach 1000 Metern wird die Schlagzahl erhöht
Und tatsächlich: Nach 1000 Metern wird die Schlagzahl erhöht und die acht Jungs werden schneller. Unaufhaltsam rudern sie der Konkurrenz davon. So beeindruckend, dass in Blankenstein schon 100 Meter vor dem Ziel die Hände die Höhe gehen und gefeiert wird.
Aus dem sonst so sachlichen Wolfram Esser bricht es heraus: „Jaaaaaaaa“, schreit er ins Mikro, „das reicht, das wird die Goldmedaille – jawooohl!“ Es ist der Sieg eines Ruder-Achters, der bis heute deutschlandweit wohl am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben ist.
Zur Person: Armin Eichholz
Im Jahr 1981 entscheidet sich Armin Eichholz, Rudern als Leistungssport zu betreiben. Heißt: Elf Trainingseinheiten in der Woche, täglich 70 Kilometer zum Stützpunkt nach Dortmund. Und das lohnt sich: Denn in fünf Minuten und 46 Sekunden schafft er bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 den größten Erfolg, den er in seiner Sportart erreichen kann – die Goldmedaille!
Nach den Spielen – der Achter wird in Deutschland 1988 auch zur „Mannschaft des Jahres” gewählt – konzentriert sich Eichholz auf sein Maschinenbaustudium und kehrt erst nach dem Diplom ins Boot zurück. Im Jahr 1991 wird er Weltmeister im Vierer mit Steuermann, 1992 holt er noch einmal Bronze bei den Olympischen Spielen in Barcelona – natürlich mit dem Deutschland-Achter. Am 23. Juni 1993 wird er mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet, es ist die höchste sportliche Auszeichnung der Bundesrepublik.
Gustav Eichholz ist überglücklich. Stolz. Glauben kann er es vermutlich aber erst, wenn sein Armin wieder zurück ist, wenn er ihm die Goldmedaille auch zeigen kann.
Party geht bis 7 Uhr morgens
Bis 7 Uhr am Morgen wird gefeiert, dann geht es für Familie Eichholz nach Hause. Doch zur Ruhe kommen sie auch hier nicht, pausenlos klingelt das Telefon. Erst als Jutta und Gustav Eichholz zwei Türen schließen und das schrille Klingeln ignorieren, können sie endlich schlafen Was für eine Nacht!
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