Hattingen. Mit viel Brimborium wird die Schulenburg 1903 als Hattingens gute Stube eingeweiht. Doch schon am ersten Tag steht sie vor der ersten Krise.
Willkommen in der guten Stube der Stadt! Am Himmelfahrtstag 1903 wird am Eingang zum Schulenbergwald ein rauschendes Fest gefeiert: Es ist die Einweihung der Schulenburg und schon nach wenigen Stunden gibt es die erste Krise – denn es ist so voll, dass fast das Bier ausgeht.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Doch zum Glück kann Schankwirt Peter Reichert „seinen schon um 6 Uhr nachmittags zur Neige gegangenen großen Vorrat noch rechtzeitig erneuern“, berichtet die Hattinger Zeitung anschließend. „Das Glas Dortmunder (1/4 Liter) kostet 10 Pfennige. Auch der Schulenburg-Kaffee war gut.“
Hattingens Bürgermeister Eigen stellt in seiner Eröffnungsrede an diesem 21. Mai 1903 zufrieden fest, dass selbst bei den Gegnern „ihr damaliges Vorurteil gegen das Vorhaben geschwunden“ sein müsse. Eigen ruft überschwänglich: „Meine Herren! Das erste Hoch, das in diesen Räumen erklingt, es gelte ihm, dem Friedenskaiser!“
Ein Jahr zuvor hatte der Stadtrat den Bau des Waldrestaurants am Stadtwald beschlossen. Betuchte Bürger, die sich schon lange eine solche gute Stube für die Stadt gewünscht haben, zeigen sich spendabel und machen den Bau möglich. Eine große Freitreppe führt vom Schützenplatz hinauf zum Park vor dem Ausflugslokal. Hier steht auch der Gedenkstein, der an die Stadtgründung im Jahr 1396 erinnert (eingeweiht am 18. Oktober 1896 durch Bürgermeister Falke anlässlich der Hattinger 500-Jahr-Feier).
>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Nur wenige Schritte in den Wald hinein, rechts an der Schulenburg vorbei, ist am 1. April 1901 der elf Meter hohe Bismarckturm eingeweiht worden.
Mit dem Bismarckturm ein beliebtes Ausflugsziel
Nach dem Tod des Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck hat der Stadtrat bereits 1899 beschlossen, einen Aussichtsturm auf dem Felsen Hohenstein im Schulenberg (182 m über NN) zu errichten. Kosten: 8000 Mark. Den Anstoß hierzu gibt die Spende von 1000 Mark des renommierten Kaufmanns Robert Hill anlässlich seiner Wahl zum Bürgermeister. Und zu Bismarcks Geburtstag wird der aus Ruhrsandstein gebaute Turm eröffnet. Gemeinsam bilden Bismarckturm und Schulenburg schnell ein beliebtes Ausflugsziel, hoch über den noch wenigen Dächern der Südstadt.
Im Jahre 1905 wird der große Saal mit zwei großen, gusseisernen Kanonenöfen angebaut. Neben ihrer Funktion als Wärmequelle dienen sie auch als dekoratives Element. Im Saal finden Fest-Veranstaltungen statt, Jubiläen und Hochzeiten werden gefeiert. Kein Zweifel, die Schulenburg ist über Jahrzehnte eine der besten Adressen der Stadt. Bei besonderen Anlässen parken gleich mehrere Kutschen auf dem Schützenplatz.
Güterzug mit rund 40 beladenen Kohlen-Waggons
Doch manchmal rumpelt und ruckelt es im großen Saal auch – denn tief unter dem Gebäude führt die Eisenbahnstrecke Hattingen-Wuppertal durch den Schulenbergtunnel. Und wenn die schwere Dampf-Lokomotive den Güterzug mit rund 40 beladenen Kohlen-Waggons über die leichte Steigung nach Sprockhövel zieht, sorgt das für gewaltigen Nachhall. Ist die Lok wieder aus dem Tunnel heraus, quillen noch einige Zeit Dampf und Rauch aus der Steinröhre zum Himmel.
Die Küche der Schulenburg wird vergrößert und unterm Dach werden Fremdenzimmer eingerichtet. Der
Über die Kubischu
Als die Schulenburg 1985 mal wieder leer steht, wollen Kulturschaffende die „gute Stube“ retten und gründen am 12. Juni die „Kultur- und Bildungskooperative Schulenburg“ (Kubischu).
Das Gebäude wird zwar nicht übernommen, aber die Kubischu wird über die Jahrzehnte zu einem kulturprägenden Verein in der Stadt. Zum 25-Jährigen fusioniert sie 2010 mit dem Förderverein des Stadtmuseums.
Laden brummt. Die Gäste kommen und gehen, dasselbe gilt aber auch für die Pächter. Die längste Zeit bleibt Erna Wegemann, die das Hotel-Restaurant 1958 übernimmt und bis Anfang der 1980er-Jahre führt. Dann fehlen auch ihr die Millionen für eine nötige Sanierung. Konstant bleibt nur der Wechsel – bis zum Restaurant „Zwölf Apostel“, das heute hier betrieben wird.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns
>>> Blitzlichter des 20. Jahrhundert
• Til Schweigers Tage auf der Henrichshütte
• „Schandmauer“: Mahnmal und Zeichen der Solidarität
• 7 Kilometer Luftbrücke zwischen Sprockhövel und Hattingen
• Als die Scorpions die Ruhrwiesen rockten
• Olympia-Gold für Hattingen: Ruderhaus wird zum Tollhaus
• Los entscheidet über neuen Bürgermeister in Hattingen
• Aus für Henrichshütte mit einem lauten Knall
• Karneval mit Quetschkommode und Bollerwagen
• Tausende strömen zum Baden in der Ruhr nach Hattingen
• Als der Markenname Hill in Hattingen verschwunden ist
• Was Paul Breitner und Gerd Müller in Hattingen gemacht haben
• Die Invasion der Kelly-Fans auf dem Untermarkt
• Für die allgemeinen Bedürfnisse der Bürger in Hattingen
• Wie Hattingen in den Zwanzigern zur Hitler-Hochburg wird
• Ende der Doppelspitze – Liebig kommt für Wüllner
• Die Nacht, in der die Ruhr die Stadt Hattingen überflutet
• Oliver Bierhoff kommt als Trauzeuge in Hattingen vorbei
• Dieser Brand an der Unionstraße bleibt ein Rätsel
• Frank Wagners Schuss ins Glück für den TuS Hattingen
• Mönninghoff: Der erste große Arbeitskampf in Hattingen
• Vor 90 Jahren: Der erste NS-Mord in der Stadt Hattingen
• Straßenbahnen in Hattingen: Die letzte Fahrt der Linie 8
• Vor 50 Jahren: Hattingens Abschied von Weygands Wahrzeichen
• Als die Ruhr in Hattingen ein neues Bett bekommen hat
• Isenburg-Ruine: Die Buddel-AG ist in Hattingen legendär
• Hattingen in den 1960ern: Willy, der Kanzler und ein König
• Hattingen 1924: Für die Schwachen – und für die Kranken
• Empörung beim Erstkontakt mit den Eisenmännern
• Klare Ansage des Bürgermeisters: „Altstadtfest wiederholen!“