Hattingen. Von Hattingen ins ganze Ruhrgebiet: Heinrich Hill baut mit Kolonialwaren ein Imperium auf – 1995 werden die letzten Supermärkte in HL umbenannt.

„Hömma, wo gehsse denn einkaufn? Bei Hill?“
„Ja klar, bei Hill, wo sons? Die ham doch die beste Auswahl!“

Zugegeben, dieser Dialog ist frei erfunden. Und doch wird es ihn genau so (oder ähnlich) zigfach jede Woche gegeben haben. Denn Hill ist 140 Jahre eine Marke in Hattingen – eine Hattinger Marke! Doch im Jahr 1995 kommt das jähe Aus: Alle Filialen der Supermarktkette werden in HL (Hugo Leibbrand) umbenannt – von einem Tag auf den anderen ist die Traditionsmarke Hill verschwunden.

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Heinrich Hill ist 29 Jahre alt, als er am 30. November 1855 sein erstes Geschäft für Kolonialwaren in Bredenscheid er­öffnet. Was er nicht weiß und auch nicht zu ahnen wagt: Sein Betrieb wird sich zu einem der bedeutendsten der Branche in Deutschland entwickeln.

Eine Hill-Reklame aus den 1980er-Jahren. 140 Jahre lang prägte die Hattinger Familien-Dynastie die Supermarkt-Geschichte im Ruhrgebiet.
Eine Hill-Reklame aus den 1980er-Jahren. 140 Jahre lang prägte die Hattinger Familien-Dynastie die Supermarkt-Geschichte im Ruhrgebiet. © Archiv | WAZ

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Seine Idee ist so simpel wie genial: In einer Zeit, in der die Industrialisierung voranschreitet, das Ruhrgebiet wächst und in Hattingen gerade erst die Henrichshütte gegründet worden ist, gibt es einen immer größer werdenden Bedarf an Lebensmitteln und Artikeln des täglichen Bedarfs. Kolonial­waren sind Hills Lösung; Dinge, die auf Äckern und Feldern vor Ort nicht hergestellt werden können. Petroleum für die Lampen etwa, Mehl und Zündhölzer, Nägel und Salz, Gewürze, und, und, und.

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Im Jahr 1877 verlegt Heinrich Hill seinen Firmensitz nach Hattingen, das Geschäft bleibt aber in Bredenscheid (erst am 29. Oktober 1964 wird die erste Hill-Filiale in Mitte an der Heggerstraße eröffnet). Nach 30 Jahren gibt es bereits mehr als 30 Standorte im Ruhrgebiet.

Schmucke Villa samt Parkanlage

Und auch privat expandiert er: Auf 5000 Quadratmetern entsteht in Sichtweite zum krummen Kirchturm von St. Georg eine schmucke Villa samt Parkanlage. Noch heute ist der Hillsche Garten zwischen Holschentor und Bredenscheider Straße eine kleine Oase der Ruhe.

Was bleibt: die SG Hill

Die Hillschen Supermärkte gibt es nun zwar schon seit mehr als 25 Jahren nicht, trotzdem ist das alte Firmenlogo in Hattingen noch immer präsent – durch die im Jahr 1969 gegründete SG Hill.

Die einst so mitgliederstarke Betriebssportgruppe kickt noch in der Fußball-Kreisliga C.

Im Alter von knapp 64 Jahren verstirbt Heinrich Hill am 10. Juni 1890. Robert Hill (senior) übernimmt – und baut das Geschäft aus. Er prägt das Unternehmen und hält es trotz des immensen Wachstums immer noch familiär. Im Jahr 1925 gibt es 214 Hill’sche Filialgeschäfte. 1955 wird auf Selbstbedienung umgestellt, drei Jahre später unter dem Namen „Fleischwerk Hill“ die Wurstproduktion aufgenommen.

Klaus Hill, der Urenkel von Heinrich, verkauft dann im Jahr 1981 aus gesundheit­lichen Gründen alles an die Deutsche Supermarkt GmbH, die wiederum 1989 komplett in die Rewe-Gruppe eingegliedert wird.

Straße nach Heinrich Hill benannt

Und eben Rewe entscheidet 1995, auch die letzten noch existenten Hill-Filialen in „HL“ (Hugo Leibbrand) umzubenennen.

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Dass der Name Hill aus dem Hattinger Stadtbild verschwindet, wollen viele jedoch nicht hinnehmen – also beantragen alte Hillianer im Jahr 1997 eine Straßenumbenennung. Und sie haben damit Erfolg: Der Stadtrat entscheidet, dass das Stück zwischen Am Beul und der Eickener Straße ganz in der Nähe des 1970 gebauten Zentrallagers nach dem Gründer benannt wird. Am 9. Juli 1999 wird die Heinrich-Hill-Straße gewidmet.