Hattingen. Die Henrichshütte floriert in den 1960er-Jahren – auch dank Innovationen. Staatsoberhäupter, Politgrößen und ein König machen Hattingen den Hof.
Hattingen zu Beginn der 1960er-Jahre: Die Hütte floriert, 10.000 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz – internationale Staatsgäste geben sich die Klinke in die Hand, nationale Politgrößen zeigen sich volksnah. Der Stadt ging es in ihrer Geschichte nie besser.
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Erst wird die Demontage der Henrichshütte durch die Briten in einem zwei Jahre andauernden, zähen Ringen gerade noch abgewendet, dann setzt das Werk zum Höhenflug an. Die neu gegründete Ruhrstahl AG findet ihren Sitz an der Ruhr, mit dem Konzept des integrierten Hüttenwerks sogt Hattingen weltweit für Aufmerksamkeit: Es ist die enge Verzahnung von Hochofenbetrieb, Stahlwerk, Gießereien, Schmiede und Bearbeitungswerkstätten, die nun die Produktion einer viel größeren Produktpalette vom Spezialblech zur Kurbelwelle möglich macht.
Das lockt vor allem Gäste aus dem Nahen Osten nach Hattingen: Am 19. Januar 1961 etwa kommt der pakistanische Staatspräsident und Feldmarschall Mohammed Ayub Khan nach Welper. Als Dank bietet Generaldirektor Söhngen an, vier Ingenieur-Praktikanten aus Pakistan ein Jahr lang kostenlos auszubilden.
König Hussein von Jordanien: „Ich komme gerne wieder!“
Am 27. November 1964 reist König Hussein von Jordanien an. Wie die „Heimat am Mittag“ berichtet, zeigt sich die Majestät des haschemitischen Königreichs „besonders beeindruckt von der hohen Leistungskraft und den modernen technischen Einrichtungen der Henrichshütte“. Sein klares Fazit: „Ich komme gerne wieder!“
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Hattingen baut die Stadt wieder auf
Ja, wir sind wieder wer! Hattingens Bürgerinnen und Bürger bauen die Stadt nach dem Krieg mit viel Verve wieder auf.
Von den 5674 Wohnungen in der Stadt sind 1610 im Zweiten Weltkrieg komplett zerstört worden – und 3681 beschädigt. Auch im Hügelland werden etliche Häuser durch den Artilleriebeschuss der letzten Kriegstage zerstört.
Mitte der 1950er-Jahre boomt die Bauwirtschaft in der Stadt. Ein Großprojekt nach dem anderen wird aus dem Boden gestampft, berichtet Stadtarchivar Thomas Weiß im Buch zum 600-jährigen Stadtjubiläum 1996.
Beispiele: Ausbau der Thingstraße, die Bergbausiedlung am Hackstück, die Wohngebiete im Rauendahl und die Bebauung der gesamten Südstadt.
Hattingen empfängt die Gäste mit offenen Armen. Glockenspiel und Kinderchor, Blumen und Gedichte – die Bürgerinnen und Bürger zeigen sich herzlich und sind bisweilen ganz aus dem Häuschen.
Willy Brandt kommt mehrmals nach Hattingen
Willy Brandt ist am 2. März 1961 zum ersten Mal zu Gast in der Stadt – als Regierender Bürgermeister von Berlin und Kanzlerkandidat der SPD. Vier Jahre später kommt er erneut – diesmal gibt er auf der Schulenburg eine Pressekonferenz und spricht anschließend vor einer begeisterten Menge auf dem Untermarkt. Auch in Blankenstein und Holthausen hält er kurz an.
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Warum dieser Aufwand? Klar, Willy will gewählt werden – und Hattingen gehört zu den Hochburgen der Sozialdemokraten, gerade die Tausenden Arbeiter auf der Hütte, die sich hier ihre Lebensträume erarbeiten, sind seine Zielgruppe. Und die formen eine besondere Spezialanfertigung: Denn in Hattingen wird der erste Atomreaktor für das Kernkraftwerk Gundremmingen komplett gefertigt.
Ludwig Erhard mit Blitzbesuch
Ein paar Wochen vor seinem Kontrahenten Willy Brandt ist Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) zu einem Blitzbesuch gekommen – er schaut sich die Ruhrbrücke an und nimmt in der Altstadt ein Bad in der Menge.
Und die beiden Polit-Profis finden gefallen an der Hattinger Atmosphäre: Brandt und Erhard kommen auch im Landtagswahlkampf 1966 an die Ruhr – und Tausende jubeln ihnen zu.
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