Hattingen. Was für eine Idee: Gustav Adolf Siebe lässt 1987 an seinem Landhaus in Hattingen einen Skilift bauen – und das Ruhrgebiet pilgert auf die Piste.

Ein Skilift im Hügelland – die Schnapsidee eines Gastronomen? Nein, in schneereichen Wintern wird das Projekt von Gustav Adolf Siebe aus Oberstüter zur Erfolgs­geschichte: Auf dem etwa 300 Meter langen Hang an der Südseite seines Landhauses baut er im November 1987 den ersten Skilift des Ruhrgebiets auf. Der Pionier auf der Piste wird NRW-weit bekannt.

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Raus aus dem Haus, rauf auf die Piste: Bei Bilderbuchwetter staut sich der Verkehr im Wodantal fast wie im sauerländischen Winterberg. Hochbetrieb auf den Straßen und Spazierwegen – und am Skilift. Es gibt Kakao für die Kleinen und Glühwein für die Großen – die Bratwurst wird nach Größe berechnet.

„Richtig Skifahren ist das ja nicht hier“, wird Wolfgang Süring in einem WAZ-Bericht der 1990er-Jahre zitiert. Aber wenigstens könne er seine Bretter ausprobieren. „Man kann nur ein sehr kurzes Stück fahren“, freut sich indes Daniela Postada.

Kostenpunkt im Jahr 1987: 40.000 Mark

40.000 Mark nimmt Gustav Adolf Siebe im Jahr 1987 in die Hand, um den Skilift zu bauen. Die Genehmigung dafür wird ihm rasch erteilt. Einzige Auflage: Der Skilift darf nur zwischen dem 1. Dezember und dem 31. März betrieben werden und muss nach dem Saisonende wieder abgebaut werden.

Prellungen beim Schlittenfahren

Ski und Rodel gut – heißt es am Landhaus Siebe immer dann, wenn ein schneereiches Winterwetter aufgezogen ist. Schön, dass es bis jetzt – außer blauen Flecken – nie einen schweren Ski-Unfall gegeben hat. Prellungen sind auch eher beim Schlitten­fahren passiert, das auch auf dem Hang Am Stuten erlaubt ist.

Gustav Adolf Siebe ist am 24. August 2011 im Alter von 72 Jahren gestorben. Mehrere Hundert Trauernde kommen zur Beisetzung auf dem Berger Friedhof in Oberstüter.

Das Landhaus Siebe wird inzwischen von Dirk Preuß betrieben. Kontakt: 5 98 00, Internet: www.landhaus-siebe.de

Doch es läuft eher schleppend mit dem Schlepplift – denn auf den Höhen des Hügellands schneit es nur selten. Maximal kommt der Lift auf zwölf bis 14 Betriebstage pro Winter. Damit sei nicht viel Geld zu verdienen, sagt Siebe zur WAZ. Der Aufbau der Anlage sei zeit- und personalaufwendig. Reizvoller seien da schon die Folgeeffekte für seine Gastronomie. „Wir hoffen, dass die Leute wiederkommen.“

Schnee fällt in Massen – Ruhris kommen in Massen

Im Februar 1991 ist indes alles anders: Schnee fällt in Massen – und die Ruhris kommen in Massen. Eine Blechlawine rollt durchs Wodantal, der Gastronom kann gar nicht genug Glühwein für den Aprés-Ski herankarren, so viele­ Menschen wollen die Abfahrt auf Siebes Hang er­leben.

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Jede Verkehrsnachricht im WDR-Radio beginnt mit der katas­trophalen Situation auf der K 33 (Wodantal). Das sorgt für überregionale Aufmerksamkeit – und hat zur Folge, dass sich noch mehr Menschen auf den Weg machen. Acht Fernsehstationen sind da. „Am nächsten Morgen rief mich ein Bekannter aus dem Urlaub auf Teneriffa an und begrüßte mich mit ,Hallo Fernsehstar“, erzählt Siebe später.

Gustav Adolf Siebe und seine Schneekanone – künstlicher Schnee war auf Dauer aber zu teuer.
Gustav Adolf Siebe und seine Schneekanone – künstlicher Schnee war auf Dauer aber zu teuer. © WAZ | Martin Spletter

Später kauft er eine Schneekanone, die sich aber schnell als zu kostspielig herausstellt. Er will Plastikmatten als Schnee-Ersatz installieren, die mit Wasser besprüht werden, das dann gefriert – „so hat es den Effekt, als ob man auf Schnee fahren würde“. Der EN-Kreis lehnt dieses Vorhaben aber ab.

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Auch wenn der Lift oft ein Zuschussgeschäft ist, bereut Siebe seine Entscheidung nie: „Ich würde immer wieder einen Skilift bauen!” Ja, seine Entscheidung – dabei war es gar nicht die (Schnaps-)Idee des Gastronomen. Vielmehr haben seine Ehefrau Heike und die beiden Töchter Barbara und Dorothee Gustav Adolf Siebe Mitte der 1980er-Jahre auf die Idee gebracht. Was für eine gute Idee!

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