Hattingen. Eine Seilbahn, die Städte verbindet: 36 Jahre lang führt die Verbindung von der Zeche Alte Haase in Sprockhövel zum Gemeinschaftswerk Hattingen.

Ideen für Seilbahnen hat es für Hattingen immer wieder gegeben – und eine hat tatsächlich zwei Städte miteinander verbunden: Zwischen der Zeche Alte Haase in Niedersprockhövel und dem Hattinger Gemeinschaftswerk an der Lembeck rollt ab Oktober 1929 eine Luftbrücke der ganz besonderen Art.

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120 Kübelwagen pendeln pro Stunde über Bredenscheid

Kohle ist ein gefragtes Gut, das schwarze Gold schwer umworben. Hattingen braucht es beispielsweise für die Stromversorgung durch das Gemeinschaftswerk. Also wird eine der größten Zeche der Umgebung Teil des eigenen Betriebes.

Über sieben Kilometer laufen die Kübelwagen von einem stählernen Trägermast zum nächsten. Vorbei an der Zeche Johannessegen und Haus Friede in Bredenscheid, über den Hansberg, wo sich die äsenden Rehe von der rumpeligen Geräuschkulisse nicht stören lassen. Quer durch den Schulenberger Wald kommen etwa 120 Kübelwagen pro Stunde am Ruhrbogen an. Bis zu 40 Tonnen frische Kohlen werden so angeliefert.

Alte Haase gilt als eine der ältesten Kohlezechen in NRW

Die Zeche Alte Haase gilt als eine der ältesten Kohlezechen in Nordrhein-Westfalen. Ihre erste schriftliche Erwähnung ist in einem Schriftstück nachzulesen, in dem es im Jahr 1699 um die Verleihung des Grubenfeldes geht. Doch schon Jahrhunderte zuvor wurde in diesem Feld Steinkohle abgebaut – nicht im großen Stil, aber es hat stets Schürfstätten und kleinen Stollenzechen gegeben.

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Die Abbaufläche von Alte Haase ist bis zu 47 Quadratkilometer groß – ohne Zweifel eines der größten Bergwerke ins ganz Deutschland. Es gibt den Schacht I/II in Niedersprockhövel sowie die Außenanlagen „Im Brahm“ in Bossel, „Buchholz“ in Holthausen und „Niederheide“ in Oberstüter. Eine Besonderheit der Zeche ist ihre Schlagwetterfreiheit.

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Aufnahme des Gemeinschaftswerks Hattingen am Ruhrbogen etwa aus dem Jahr 1930.
Aufnahme des Gemeinschaftswerks Hattingen am Ruhrbogen etwa aus dem Jahr 1930. © Sammlung Wojahn

Gemeinschaftswerk Hattingen entsteht in den Jahren 1911/12

Das Gemeinschaftswerk Hattingen entsteht in den Jahren 1911 und 1912. Die Lembeck wird als Standort gewählt, weil sie nah am Wasser und an den Kunden liegt. Der erste Strom – erzeugt aus Kohlen – wird am 23. November 1912 geliefert. Am 1. Mai 1926 kauft der Betreiber VEW die Zeche Alte Haase in Niedersprockhövel und die Idee einer Luftbrücke entsteht – der Traum, die Kohle ans Ruhrufer einschweben zu lassen.

Gemeinschaftswerk

Nach der Ölkrise im Jahr 1973 mit den autofreien Sonntagen verteuern sich die Rohstoffe derart, dass ab dem Jahr 1978 eine wirtschaftliche Stromerzeugung im Gemeinschaftswerk Hattingen nicht mehr möglich ist. Trotz aller Beteuerungen seitens der Betreiber kommt 1984 das Aus.

Im Jahr 1985 beginnen die Abbrucharbeiten. Heute steht an dieser Stelle eine große Umspannanlage.

Gedacht, getan! In Sprockhövel entsteht eine Beladestation und Türme werden gebaut, an der Schule Kleine Kuh, auf dem Homberg, und, und, und. Der Höchststand der Förderung wird 1937 mit 382.600 Tonnen Steinkohle erreicht – von denen 64.000 Tonnen zu Briketts weiter verarbeitet werden.

1,5 Millionen Tonnen Kohle werden insgesamt transportiert

Insgesamt werden über die Seilbahn-Luftbrücke etwa 1,5 Millionen Tonnen Kohle von der Zeche Alte Haase zum Gemeinschaftswerk transportiert und verstromt. Erst im Jahr 1964 wird die Verbindung unrentabel – und ein Jahr später auch eingestellt.

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Grund: Das Gemeinschaftswerk stellt seinen Betrieb in den 1960er-Jahren so langsam auf Gas um und hält ihn so noch bis 1984 aufrecht – dann wird es selbst stillgelegt.