Hattingen. Die Anbindung zur Autobahn und die Arbeitsplätze auf der Henrichshütte sollen sicher sein. Deshalb drängt Hattingen auf den Bau der Kosterbrücke.
Schuld an allem ist wieder einmal die Henrichshütte: Schon die erste Holzbrücke wird im 19. Jahrhundert an der Kost nur wegen des Hüttenwerks gebaut. Und bei der nunmehr fünften Brücke spielt sie erst recht die tragende Rolle – denn die Kosterbrücke, die 53 Millionen Mark gekostet hat und am 30. Oktober 1980 für den Verkehr freigegeben wird, soll die Anbindungen an die Autobahnen garantieren.
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Hattingen jubelt an diesem Donnerstag: Die Landesstraße ist der direkte Weg zur Königsallee in Stiepel, sie macht den Weg frei für die Lkw der Hütte, aber auch für die Rolltreppen-Transporte von O&K.
Alteingesessene werden sich erinnern: Die Stahlbetonbrücke über die Ruhr war in den 1970er-Jahren in einem katastrophalen Zustand. Sie hat im Zweiten Weltkrieg einiges abbekommen, was aber immer wieder nur notdürftig geflickt wird. Zudem ist sie viel zu eng und es gibt eine gefährliche, scharfe Kurve – Fahrzeuge mit einem Gewicht von 3,5 Tonnen dürfen gar nicht hier fahren, alle anderen mit einer Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h. Nein, der Weg über die Stadtgrenze macht nur wenig Freude.
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Deshalb soll ein Neubau her. „Neue Kosterbrücke wird 700 Meter lang“ titelt die WAZ Hattingen etwa schon am 4. Februar 1969 – und dass voraussichtlich bereits im folgenden Jahr mit dem Bau begonnen wird. Auch zwei Kilometer Zubringerstraße würden neu geschaffen, die Brücke werde vierspurig. Doch diese Absicht ist ebenso voreilig wie die Nachricht „Baubeginn der Kosterbrücke noch in diesem Jahr“ am 13. Februar 1975. Denn die Umsetzung gestaltet sich schwieriger als gedacht.
Bagger und Planierraupen rollen im Jahr 1978 an
Tatsächlich rollen Bagger und Planierraupen erst im Jahr 1978 an, nachdem die Entscheidung im Kreisbauausschuss verkündet wird. Kosten: 53 Millionen DM – von denen die Stadt 100.000 Mark selbst übernimmt, um die Arbeitsplätze auf der Hütte zu retten. Funktioniert hat das nicht: Nur sieben Jahre nach der Fertigstellung der Kosterbrücke ist die Henrichshütte ein Stück Hattinger Geschichte.
Über den Namen
Der Name der Kosterbrücke (wie auch der Kosterstraße), also Kost, ist der bis heute gängige Sprachgebrauch für den südlichen Ruhrauenbereich unter der Brücke. Er geht zurück auf die in der Preußischen Uraufnahme verzeichnete Lokalität Kosthaus. Das Gasthaus gibt es noch immer – die Straße, an der es liegt, wurde An der Kost benannt.
Die Stadtgrenze von Hattingen und Bochum liegt etwa in der Mitte der Ruhr – und somit auch im Bereich der Kosterbrücke. Auf Hattinger Gebiet heißt die L705 Hüttenstraße, auf Bochumer Seite Kosterstraße.
Das sind aber auch die Bauwerke an der Kost über die Ruhr. Als 1854 der erste Hochofen angeblasen wird, gibt es in Sichtweite den ersten Spatenstich für eine Brücke. Doch sechs Jahre später hat diese erste Holzbrücke schon ausgedient – es folgt: die zweite Holzbrücke. Nach 50 Jahren wird sie am 1. Februar 1910 durch eine Eisenbetonbrücke ersetzt. Exakt 15 Jahre später folgt der Stahlbetonbau, über den dann auch erstmals die Straßenbahn nach Stiepel rollt.
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Der Hochofen der Hütte wird am 18. Dezember 1987 ausgeblasen – geblieben ist die Kosterbrücke. „Vielleicht aus heutiger Sicht etwas überdimensioniert“, so Bauingenieur Christoph Schmitz, der für den Landesbetrieb „Straßen.NRW“ ein fast 600 Seiten dickes Buch den 180 Ruhrbrücken in NRW gewidmet hat, in einem WAZ-Interview. Es gebe allerdings immer noch Schwertransporte – heute heißen die Unternehmen indes Air Products oder Kerkemeier.
Die bislang letzte, sechsjährige Sanierung, die das Ärgernis der Straßenverengung direkt an der Stadtgrenze von vier Fahrspuren (auf der Brücke) auf nur noch zwei Spuren (am Berg) entschärft, wird vor fünf Jahren abgeschlossen. 2022 wird dann die Idee diskutiert, einen Rad- und Gehweg unter die Brücke zu hängen. Die Geschichte der Kosterbrücke wird also fortgeschrieben – auch ohne die Hütte.
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