Hattingen. „Der große Filz“: Mauscheleien im Rathaus in Hattingen – Dichtung oder Wahrheit? Die Aufregung ist im Jahr 1985 groß. Hier die ganze Geschichte.
Ein Hoch auf die „Filzokratie“! Auf Gefälligkeiten. Auf Kumpeleien. Vetternwirtschaft in der Verwaltung, Liebschaften und Liederlichkeiten in Politik und Prominenz. Wie bitte, Mauscheleien in Hattingen – Dichtung oder Wahrheit? Die Aufregung ist 1985 groß!
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34 Mark kostet „Der große Filz“, ein Roman von Claus Peter Hach über eine Kleinstadt. Nein, Hattingen wird mit keiner Silbe erwähnt – und doch sind sich im Rathaus, in der Politik und der Stadtgesellschaft alle sicher, dass diese Kleinstadt die unsere ist.
254 Seiten Zündstoff
Es sind 254 Seiten über die Hattingen spricht. Es ist die Erzählung von Ratsmitgliedern, die sich Grundstücke zuschachern, von einem Rathaus, dass die folgenden Baugenehmigungen gerne ausstellt und von Bauunternehmern (CDU) und Architekten (SPD), die anschließend gemeinsam bauen.
Ähnlichkeiten mit realen Kommunen wären aber rein zufällig, meint der Auto. „Ich habe einen Roman geschrieben, keinen Tatsachenbericht.“
Claus Peter Hach ist ein Pseudonym
Ja, Claus Peter Hach ist ein Pseudonym. Erst Jahre später erklärt Dieter Springob, dass und warum er das Buch geschrieben hat. „Ich habe schnell festgestellt, dass es ein richtiger Filz hier war”, sagt er knapp 25 Jahre später in einem WAZ-Interview. Und der sei überall, „wo eine Partei lange Jahre an der Regierung ist”. Echte Opposition könne es nur geben, wenn mal der eine und dann der andere regiere.
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Im Hattingen der 1980er-Jahre aber ist die SPD absolut stärkste Partei. „Die CDU hatte sich mit ihr arrangiert”, so Springob, der selbst einmal Mitglied bei den Christdemokraten gewesen ist. Darüber hinaus sind im Stadtrat fast alle katholisch. „Die kannten sich und wählten sich!” Wenn man in eine bestimmte Position komme, gehe das automatisch.
So funktioniert „Filzokratie“
Seinen ersten Roman nennt Dieter Springob einen „Befreiungsschlag“. „Filzokratie“ funktioniere übers Bett, Geld und über Dinge, die man vom anderen weiß. Sex and Crime eben – in Betrieben, Verwaltungen und der Politik.
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Die Hattingerinnen und Hattinger freuen sich über das Buch, das in einer Auflage von 1000 Exemplaren die Runde macht (heute wird es auf Internet-Plattformen wie booklooker.de um 100 Euro gehandelt). Springob bekommt nur positive Resonanz – hinter vorgehaltener Hand sogar von der Politik. Natürlich wütet der eine oder andere auch, öffentlich bleiben aber alle eloquent.
Fortsetzung: „Der Ehrenring“
Und Dieter Springob alias Claus Peter Hach fühlt sich animiert, eine Fortsetzung zu schreiben. Titel: „Der Ehrenring”.
Über die Ehrenringe in Hattingen
80 Bürgerinnen und Bürger hat die Stadt Hattingen ab dem Jahr 1971 mit dem Ehrenring gewürdigt. Vorrangig Politiker, die dem Stadtrat mindestens 15 Jahre angehörten. Selten Bürger, deren ehrenamtliches Engagement man für herausragend hielt.
Am 17. Dezember 2005 findet die letzte Verleihung statt. Eine Veranstaltung mit einem politischen Paukenschlag, der das Ende der goldenen Auszeichnung bedeutet – denn die streitbare Anita Brückner schlägt den Ehrenring aus.
Es kommt eine Diskussion in Gang – und heute gibt es stattdessen eine Urkunde sowie ein Geschenk für die betreffenden Personen.
Seine Motivation hierbei ist, dass sich fast ausschließlich Politiker selbst die Auszeichnung, die durch den Stadtrat abgenickt wird, an den Finger stecken. „Bürger, die sich um ihre Stadt außerhalb der Politik verdient gemacht haben, hatten keine Chance”, sagt Springob zur WAZ.
Er will Missstände aufzeigen, aufrütteln, die Demokratie bewahren – und das schon Mitte der 1980er. Hat er es geschafft? Hier Dieter Spingobs Antwort im Jahr 2010: „Filz gibt es immer noch ein bisschen – immer und überall!”
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