Hattingen. Wassermassen an der Kemnade in Hattingen: Bei einer Naturkatastrophe können die Menschen nur hilflos zuschauen – später legen sie selbst Hand an.

Wasser, plötzlich ist überall Wasser. Doch diesmal ist es anders als im Jahr 1486, als eine Naturkatastrophe den Lauf der Ruhr verändert hat, diesmal ist die Flut gewollt – nach drei Jahren Bauzeit ist der Kemnader See am 24. August 1979 zum ersten Mal komplett aufgestaut. Was noch keiner genau weiß: Er ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte, von der alle profitieren.

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Das Kleinod liegt im Städtedreieck Bochum-Hattingen-Witten – zu Hattingen etwa gehören am Südufer fünf Sechstel des Stauwehres, die Naturflächen und natürlich die namensgebende Wasserburg Kemnade in Blankenstein. Und für sie war das Unwetter im 15. Jahrhundert schicksalhaft – denn während die Menschen nicht wissen, wie sie mit den Wassermassen und Überflutungen klarkommen sollen, macht die Ruhr es sich leicht(er): Der Fluss sucht sich ein neues Bett, fließt nun nördlicher, sodass die Burg Kemnade statt auf der Stiepeler fortan auf der Blankensteiner Seite des Flusses steht.

Erste Idee für einen Stausee bereits im Jahr 1929

Die erste Idee eines Stausees zwischen der Kemnade und Haus Herbede kommt im Jahr 1929 auf. Die Wasserwirtschaft soll im südlichen Ruhrgebiet verbessert werden – doch die progressiven Befürworter scheitern. Erst als die Ruhr-Uni fertig ist und Gedankenspiele für ein Naherholungsgebiet aufkommen, ist der Rückenwind größer.

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Der erste Spatenstich erfolgt im Jahr 1976. Die Seeufer entstehen, indem so genannte Spundwände in die Erde gerammt werden. Anschließend beginnen die Arbeiten am Wehr. Die erste Probestauung gibt es 1979, bis zur offiziellen Eröffnung am 18. September 1980 läuft das Becken mit gut und gerne drei Millionen Kubikmeter Wasser voll. Der Kemnader See ist somit der jüngste der sechs Ruhrstauseen (im Verlauf: Stausee Hengsen in Schwerte, Hengsteysee in Hagen, Harkortsee in Herdecke, eben der Kemnader See, Baldeneysee und Kettwiger See in Essen).

Das Stauwehr des Kemnader Sees mit den ersten eingehängten Wehrklappen im Oktober 1977.
Das Stauwehr des Kemnader Sees mit den ersten eingehängten Wehrklappen im Oktober 1977. © Ruhrverband

Das Absperrbauwerk des Stausees ist das 100 Meter lange Wehr. Es gibt vier Wehrklappen, von denen jede 50 Tonnen wiegt. Hier wird der See auf einer Länge von drei Kilometern und einer Breite von mehr als 400 Metern aufgestaut. Im Mittel ist er 2,40 Meter tief, aber gerade im Sommer oft mit der so genannten Wasserpest (Elodea) durchzogen. Der Bau hat 124 Millionen D-Mark gekostet.

Das beliebteste Naherholungsziel

Der Kemnader See ist nach wie vor das beliebteste Naherholungsziel in der Umgebung – Spaziergänger, Radfahrer, Skater, Inliner- und E-Scooter-Fahrer fühlen sich hier pudelwohl.

Die längste Strecke um den See führt über die Lakebrücke und beträgt etwa zehn Kilometer – die kürzeste Strecke verläuft unter der Autobahnbrücke der A 43und beträgt rund 8,3 Kilometer.

Wassersport wird viel betrieben, sei es mit dem Tret- oder einem Segelboot. Das Baden im Kemnader See ist indes ausdrücklich verboten. Zudem kreuzen Ausflugsschiffe im Sommer über das Wasser.

Doch nicht für den Menschen hat sich der See zu einem Magneten entwickelt: Etwa 40 verschiedene Arten von Vögeln nutzen ihn als Rastplatz – mehr als 7000 Tiere überwintern hier sogar. Bei einer Untersuchung der Artenvielfalt des Botanischen Vereins in Bochum werden 839 Pflanzen-, Tier- und Pilzarten festgestellt, von denen 35 in der Roten Liste der gefährdeten Arten Nordrhein-Westfalens geführt werden.

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Über die Jahre wurde der See zu einem Hotspot für Feste: sei es das See- und Hafenfest, sei es (das inzwischen eingestampfte) „Kemnade in Flammen“, sei es das Vogel­festival. Über allem thront aber das Zeltfestival Ruhr, das seit dem Jahr 2008 hier seine Heimat hat – und in diesem Jahr wieder mehr als 150.000 Besucher anlockte.

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