Hattingen. Mit einem Marketing-Gag holt der Verkehrsverein Hattingen Showmaster Rudi Carrell und das Starlight-Ensemble 1988 in die Stadt. Der Hintergrund.

Hattingen 1988, das Jahr nach der Hüttenschließung: „Entschuldigung, könnten Sie mir wohl die sterbende Stadt Hattingen zeigen?“ Immer­ wieder hört Hans-Ullrich Koch, der Vorsitzende des Verkehrsverein, diese Frage – und sie macht ihn wütend. „Die ganze Republik hat Hattingen nur als sterbende Stadt gesehen, dabei haben wir diese wunderschöne Altstadt.“ Es entsteht einer der größten Marketing-Gags dieser Stadt. Stichwort: „Lass dich überraschen!“

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Mit seinem Team macht sich Koch Gedanken, wie das Image aufpoliert werden könnte. Eine Idee: Rudi Carrell für Hattingen begeistern! Doch der winkt erst mal ab: „Ich überrasche keine Städte, ich überrasche Menschen. Lasst euch was einfallen!“

Geschichte rund um das Musical „Starlight Express“

Gefordert – gemacht: Beim Verkehrsverein wird eine Geschichte rund um das Musical „Starlight Express“, das gerade erst in Bochum Premiere gefeiert hat, gesponnen: Ein Darsteller-Zug soll eine junge Mutter abholen, die keine Gelegenheit hat, die Show zu sehen – und die Künstler rollen dabei publikumswirksam durch die Altstadt.

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Das gefällt Rudi Carrell!

Der holländische Fernseh-Showmaster kommt für seine neue Samstagabend-Show „Lass dich überraschen“ nach Hattingen und begleitet den Dreh. Tagsüber wird rund um den Kirchplatz gearbeitet, am Abend kehren Carrell und Co. bei Ilias Katsios im Torkelkeller ein.

Ein Überraschungsknaller für die junge Mutter

Und das ist die Geschichte: Was für Karin Benninghaus ein ganz normaler Einkaufstag werden soll, wird für die junge Mutter zum Überraschungsknaller. Denn als sie gerade in die Innenstadt gehen will, hält direkt neben ihr ein Auto – plötzlich steht Rudi Carrell vor ihr. Gemeinsam wird besprochen, wie die Aktion vonstatten gehen soll.

Das Ensemble des Starlight Express in der Hattinger Altstadt.
Das Ensemble des Starlight Express in der Hattinger Altstadt. © WAZ | Held

Und nur kurz danach rollt sie schon mit den Starlight-Express-Darstellern durch die Altstadt. Um etwa mit den Rollschuhen über das Kopfsteinpflaster zu kommen, werden extra Stege verlegt.

Doch damit nicht genug: Denn in Bochum darf sie mit den Künstlerinnen und Künstlern außerhalb der Vorstellungen auch über die Bühne jagen. Direkt vor ihr läuft Musical-Darsteller Paul Kribbe als Greaseball. „Ich war direkt dahinter, das hat Spaß gemacht!“

Darsteller Paul Kribbe verliebt sich in die Stadt

Kribbe, wie Carrell auch Holländer, ist an diesem Tag zum ersten Mal in Hattingen – und er verliebt sich in die Stadt. Der Entertainer (Musicals wie „Cats“ oder „Jesus Christ Superstar“; Choreograph für Tina Turner, Kim Wilde oder auch Caterina Valente; TV-Juror bei der Sat.1-Show „You Can Dance) zieht an den Untermarkt, später in die Südstadt und nach Niederwenigern. „Hier ist mein Rückzugsort“, sagt er im WAZ-Interview. Hier entspannt er von monatelangem Durcharbeiten. Ein Vierteljahrhundert lebt er in Hattingen, dann geht’s in die Rhein-Metropole Köln.

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Über den Verkehrsverein Hattingen

Der Verkehrsverein Hattingen ist der Vorläufer des heutigen Stadtmarketingvereins. Geprägt wurde er vor allem von Hans-Ullrich Koch und Willi Hahn. In 30 Jahren entwickelten sie aus einer kleinen Agentur ein beinahe mittelständisches Unternehmen.

Im Jahr 2006 wird der Stadtmarketingverein neu gegründet. Bis 2011 bleibt der Verkehrsverein bestehen – und der letzte Vorsitzende Volker Schlickum rettet den Namen fügt ihn schließlich bei seinem Bürger- und Heimatverein Elfringhausen hinzu.

Für Hans-Ullrich Koch, den Verkehrsverein und die Stadt Hattingen ist die Show ein voller Erfolg. „Das war Eurovision, wir hatten 40 Millionen Zuschauer. Hinterher liefen die Telefone heiß“, sagt er später in einem WAZ-Gespräch.

Für Karin Benninghaus (beziehungsweise Kube, wie sie heute heißt) geht der Tag indes schmerzhaft zu Ende. Denn sie hat das Pech, dass sie bei vollem Tempo in einer Kurve an einer Wand hängen bleibt und sich das Sprunggelenk bricht. „Trotzdem war’s ein tolles Erlebnis.“

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