Hattingen. Der braune Siff der Nazis ist Vergangenheit, Hattingen startet in die Demokratie. Für welche Richtung sich die Bürger entschieden haben.
Die Stadtgesellschaft ist noch damit beschäftigt, den braunen Siff wegzuschaffen, als die erste freie Kommunalwahl nach dem Zweiten Weltkrieg ausgerufen wird. Und der Urnengang wird zum Fingerzeig für die kommenden Jahrzehnte, denn die SPD wird am 15. September 1946 zur stärksten Partei gewählt. Sozialdemokrat Willi Grobe wird vier Wochen später Bürgermeister der Stadt Hattingen.
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Los entscheidet über neuen Bürgermeister
Kuriosum aus dem Jahr 1954: Weil es auch nach drei Wahlgängen immer noch eine Stimmengleichheit gibt, muss das Los am 2. Dezember über den neuen Bürgermeister Hattingens entscheiden – Otto Meuser (CDU) oder Willy Brückner (SPD).
Der Christdemokrat hat letztendlich das Glück auf seiner Seite, er wird Nachfolger von August Ackermann (CDU). Am 10. August 1956 verstirbt Meuser und das Amt ist kurz vor den nächsten Kommunalwahlen erneut vakant.
Konkret: Die SPD holt an diesem Sonntag 39,22 Prozent der abgegebenen Stimmen, die CDU erhält 25,86 Prozent. Weitere Ergebnisse: FDP 17,90 Prozent; DKP 17,02 %. Die Sozialdemokraten bauen ihre Positionen in der folgenden Zeit kontinuierlich aus, bei den Bürgermeistern gibt es indes ein munteres Wechselspiel (siehe Infokasten). 1956 übernimmt schließlich Willy Brückner und ist nach der kommunalen Neuordnung 1970 auch das erste Stadtoberhaupt Hattingens.
Willy Brückner (1956-1977)
Brückner, der Brückenbauer: Er übernimmt das beschauliche Hattingen mit knapp 30.000 Einwohnern und übergibt es mit gut 60.000. Brückner, der als Lokführer auf der Hütte gearbeitet hat, gelingt es, Zusammenhalt in die zusammengewürfelten Stadtteile zu bringen. „Menschliche Güte, redliche Gesinnung und bescheidenes Wesen“, wird ihm von langjährigen Weggefährten zugesprochen.
Paul Wolf (1977-1985)
Paul Wolf war ein Musterbeispiel, was ein Bürgermeister zu leisten hatte: Bis zum Jahr 1980 arbeitete er noch als Meister auf der Hütte, war jeden Morgen um halb sechs an seinem Arbeitsplatz; und abends gab es viele und vor allem lange Verpflichtungen als Stadtrepräsentant. Nicht jeder kam mit seiner bisweilen knorrigen Art zurecht, doch sein offenes, stets auf Fairness basierendes Wesen brachte ihm auch große Anerkennung.
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Günter Wüllner (1985-1996)
Wüllner, von vielen liebevoll nur „BüGüWü“ genannt, schafft es, die Menschen zu packen. Er ist präsent. Als „Unser Günter“ ist er bei Vereinen willkommen, mit Charme und Herz bleibt er in Erinnerung. Wüllner bringt Hattingen durch die schwierige Zeit der Hüttenschließung. Höhepunkt: Die Feiern zum 600-jährigen Stadtjubiläum.
Dieter Liebig (1997-2004)
Sieben Jahre ist Liebig als Stadtdirektor bereits Verwaltungschef, ehe die Doppelspitze abgeschafft wird. Er übernimmt von Wüllner und muss sich im Jahr 1999 zum ersten Mal einer Wahl durch die Bürger stellen: Und Dieter Liebig setzt sich schließlich denkbar knapp gegen Michael Lunemann (CDU) durch. Er ist ein klassischer Verwaltungsmann, aber auch die hinzugekommenen Ausflüge zu den Menschen in der Stadt sind ihm keine Last.
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Dagmar Goch (2004-2015)
Die erste Frau an der Stadtspitze: Dagmar Goch, einst VHS-Chefin, kehrt nach elf Jahren als Kulturdezernentin in Herne zurück in ihre Heimatstadt. Sie ist eine herzliche Bürgermeisterin, bürgernah, die aber auch klare Kante zeigen kann. Worauf sie stolz ist: „Auf das offene Rathaus, das Beschwerdemanagement, das rollende Bürgerbüro, die Neubürgerempfänge. Weihnachtsbäckerei und den Gesundheitstag“, sagt sie selbstbewusst.
Dirk Glaser (2015-heute)
Glaser ist als Bürger-Bürgermeister angetreten und sieht sich stets als Moderator – eben der Job, den er auch lange Jahre im Fernsehen innehatte. Er ist der erste Parteilose, der es schafft, die Wähler zu überzeugen – mit Unterstützung von CDU und FDP. Er bringt die Stadt durch die Flüchtlingskrise und die anschließende Corona-Pandemie – mit all den nicht leicht zu treffenden Entscheidungen. Glasers Amtszeit endet im Herbst 2025.
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