Mülheim. Corona hält Mülheim in Atem, ein neuer Oberbürgermeister wird gewählt, ein Polizeiskandal erschüttert: Ein Überblick der wichtigsten Themen 2020.
Corona, Kommunalwahl, Gewerbeflächen, die Entwicklung des Tengelmann-Areals – einige Themen haben Mülheim fast das gesamte Jahr beschäftigt. Wir haben einen Überblick der wichtigsten Nachrichten und Entwicklungen des Jahres in unserer Stadt zusammengestellt.
Corona: Wie sich das Virus in Mülheim verbreitete
Es war der 11. März, als die Stadt die ersten Mülheimer Corona-Infizierten meldete: zwei Pärchen, die gemeinsam aus dem Skiurlaub in Südtirol zurückgekehrt waren. In den folgenden Wochen waren es vor allem die Reiserückkehrer, die das Virus in der Stadt verbreiteten. Außerdem steckte sich Pflegepersonal an, in Altenheimen gab es mehrere Fälle.
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Früh beschloss die Bundesregierung weitreichende Maßnahmen: Schulen und Kindergärten wurden geschlossen, ebenso wie Gastronomien und Geschäfte, alle Freizeit- und Kultureinrichtungen. Mülheim stand ebenso still wie der Rest des Landes, die Infizierten-Zahlen blieben auf einem niedrigen Niveau, auch als langsam wieder Leben einkehrte in die Stadt.
Mit dem Herbst stiegen die Infektionszahlen. Schon bald gehörte Mülheim zu den Städten mit der höchsten Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland. Seit Wochen bewegen sich die aktuellen Infektionszahlen über 500, die Situation in den Krankenhäusern spitzt sich zu. Nun könnte bald ein Ende der alles bestimmenden Pandemie-Lage in Sicht sein: Die ersten Mülheimer sind am 27. Dezember geimpft worden, das Impfzentrum steht in den Startlöchern.
Mülheimer Gewerbeflächen: Widerstand, hitzige Debatten und ein Rücktritt
Es hatte schon im vergangenen Jahr zu einer hitzigen Debatte, zu viel Widerstand und gespaltenen Meinungen geführt: Das Wirtschaftsflächen-Konzept von Hendrik Dönnebrinks. Letztlich führte es sogar zum Rücktritt des Wirtschaftsförderers. Acht Flächen hatte er vorgeschlagen mit insgesamt 200 Hektar, auf denen Gewerbe angesiedelt werden sollte.
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Mehrere Bürgerinitiativen bildeten sich im Laufe des Jahres, um gegen die Bebauung der Grünflächen am Auberg, am Fulerumer Feld, im Winkhauser Tal und in Selbeck vorzugehen. Mit Erfolg: Der Wirtschaftsausschuss sprach sich im August gegen ebendiese vier Flächen aus. Lediglich die SPD enthielt sich bei der Entscheidung. Die Bitte der Sozialdemokraten, über einzelne Flächen einzeln abzustimmen, lehnte die Mehrheit im Ausschuss ab. Die SPD wäre bereit gewesen, beim Winkhauser Tal, beim Fulerumer Feld und am Auberg dem Veto beizupflichten. Doch eine mögliche Entwicklung in Selbeck wollte sie in der Diskussion halten, ihr Parteichef Rodion Bakum hatte sich dazu früh im Juli festgelegt.
Nun sollen erst einmal alle Brach und untergenutzten Flächen wieder in einen adäquaten Zustand gebracht werden. Für Dönnebrink war dieser politische Widerstand der Grund, seinen Posten als M&B-Geschäftsführer aufzugeben.
Mülheimer Flughafen bleibt bis mindestens 2034
Der Mülheimer Flughafen bleibt bis mindestens 2034 in Betrieb, dem Luftschiff-Unternehmen WDL wird der Pachtvertrag verlängert. Mit dem neuen Erbpachtvetrag hat die WDL nun Planungssicherheit für ihre Investition von zehn bis zwölf Millionen Euro in einen neuen gewerblichen Multifunktionsbau mit angeschlossener Luftschiff-Eventhalle für bis zu 5000 Besucher.Quasi gibt das neue Vertragsverhältnis der WDL Sicherheit für die nächsten 65 Jahre.
Der Pachtvertrag wird zunächst bis 2034 verlängert, anschließend könnte die WDL einseitig die Option für eine Vertragsverlängerung um weitere 21 Jahre ziehen. Später noch einmal um jeweils 15 Jahre bis schließlich 31. Dezember 2085.
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Im Oktober erklärte die WDL, sie wolle eine neue Luftschiffhalle bauen lassen. Sie soll mit 4500 Quadratmetern viel Raum für Events bieten.
Bis 2021 soll der Masterplan Flughafen vorliegen, in dem skizziert werden soll, wie die 140 Hektar Flughafen-Areal künftig genutzt werden können. Ein Klima-Gutachten war zur Überraschung vieler zuletzt zu dem Schluss gekommen, dass durch eine Bebauung „keine signifikanten Beeinträchtigungen der klimaökologischen Situation zu erwarten sind“ – weder für die Kaltluftzufuhr über das Rumbachtal in Mülheims Innenstadt noch für die „thermisch belasteten Stadtstrukturen Essens“.
Polizeiskandal: Nazi-Chats bei Mülheimer Beamten aufgedeckt
Es ist einer der größten Polizei-Skandale des Landes NRW der vergangenen Jahre und im Fokus steht das Präsidium Essen/Mülheim. Mülheimer Polizisten sollen in einer Chat-Gruppe neonazistische, rassistische und fremdenfeindliche Bilder und Nachrichten verschickt und empfangen haben. Zunächst stehen im September 29 Beamte im Fokus, sie werden suspendiert. Später taucht bei Ermittlungen eine weitere Chat-Gruppe von Polizisten auf, die miteinander gekegelt haben. Auch sie tauschten verfassungsfeindliche Inhalte miteinander.
Für Innenminister Reul gibt es allerdings zwischenzeitlich eine Klatsche: Eine Polizistin wehrt sich erfolgreich juristisch gegen ihre Suspendierung. Dann kommen weitere Zweifel auf. Denn bei acht weiteren Beamten stellt sicht heraus, dass es sich bei den Inhalten um Parodien handelt.
Kommunalwahl: Neuer Oberbürgermeister, neue Mehrheitsverhältnisse
Dass es einen neuen Oberbürgermeister geben wird, war klar, hatte sich die SPD doch von ihrem OB Ulrich Scholten abgewendet und mit Monika Griefahn früh eine neue und auch überraschende Personalie ins Spiel gebracht. Doch es sah nach einem engen Rennen aus zwischen ihr und der zunächst von Grünen und CDU gemeinsam nominierten Diane Jägers (CDU). Als sich jedoch Jägers zurückzog aus gesundheitlichen Gründen, bestimmten Grüne und CDU je einen eigenen Kandidaten: Wilhelm Steitz und Marc Buchholz.
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Zehn OB-Kandidaten, so viele, wie noch nie, sollten es schließlich sein, die zur Wahl am 13. September antreten. Denkbar knapp war dann das Ergebnis: Marc Buchholz erhielt 25,43 Prozent knapp vor Monika Griefahn mit 25,28 Prozent. Eindeutig war allerdings die Verteilung der Wählergunst bei der Stichwahl zwei Wochen später. Mit 56,9 Prozent der Stimmen hat Buchholz deutlicher gewonnen, als es nach dem Kopf-an-Kopf-Rennen zu ahnen war.
Auch im Rat haben sich die Mächte-Verhältnisse deutlich verändert: Die Grünen haben ihre Ergebnis von 2014 mehr als verdoppelt, zum ersten Mal holten sie Direktmandate – in sechs Wahlbezirken. Klarer Verlierer bei der Ratswahl ist die SPD, aber auch die CDU muss Verluste einstecken. Zum ersten Mal im Rat vertreten: Die Partei, die mit zwei Sitzen knapp die Fraktionsgröße verpasste.
Diese Themen wurden rund um die Kommunalwahl viel diskutiert:
- Mülheimer AfD-Kandidat Tobias Laue war Mitglied der Bochumer Bandidos
- Mülheims Bündnis für Bildung: Von Grauen Wölfen unterlaufen?
- OB-Kandidat Jürgen Abeln hängt nachts Wahlplakat von Konkurrent Bilo ab
- Strafanzeige der Dienstaufsicht gegen OB Ulrich Scholten
- Strafanzeige: Mülheims AfD gerät mit Satirepartei aneinander
Entwicklung des Tengelmann-Areals: Die neue Parkstadt Mülheim
Es ist eine der spannendsten Entwicklungsflächen unserer Stadt: das ehemalige Tengelmann-Areal in Speldorf. Anfang des Jahres sind die letzten Mitarbeiter des Unternehmens ausgezogen. Im Sommer dann die Nachricht: Der österreichische Groß-Investor und Projektentwickler Soravia kauft das 14 Hektar große Gelände und will es entwickeln zur „Parkstadt Mülheim“.
Die Pläne, die bislang kommuniziert wurden, klingen vielversprechend: Das ehemalige Hauptgebäude soll kleinteilig vermietet werden. Die ersten Mieter ziehen bereits Anfang 2021 ein. Im alten Kesselhaus will der Essener Gastronom Franco Giannettieinziehen und eine italienische Gastronomie mit großem Außenbereich eröffnen.
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Mauern sollen eingerissen werden, das Gelände soll sich öffnen, nicht mehr als „verbotene Stadt“ mitten im Wohnviertel liegen, sondern als Anziehungspunkt für den Stadtteil wirken. „Wir werden das Gebäude richtig lässig aufrüsten, werden das Thema Park ins Haus holen“, sagt Investor Erwin Soravia. Mehr Grün, mehr Offenheit – „a bisserl Esprit“ will er dem Areal geben.
Für die Entwicklung des Areals muss noch ein Bebauungsplan geschrieben werden, es fehlt die politische Entscheidung. Klar ist bereits, dass eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen auf dem Gelände angesiedelt werden soll, allerdings noch nicht, in welchen Größenordnungen.
Wichtige Nachrichten 2020 aus Mülheim in Kürze
- Aldi löst zwei seiner Regionalgesellschaften auf: In Mülheim und Roth erhalten je 290 Mitarbeiter die Kündigung. Viele von ihnen kommen allerdings weiter bei dem Discounter unter.
- Erst hatten die Rechnungsprüfer Geldverschwendung attestiert, jetzt auch externe Gutachter: Die Stadt Mülheim will vom Diakoniewerk 200.000 Euro zurück.
- In keiner anderen Stadt im Ruhrgebiet ist die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres so stark angestiegen wie in Mülheim: um 26,2 Prozent im September im Vergleich zum Vorjahresmonat.
- Der Kinderschutzbund schließt seine Beratungsstelle in Mülheim aus finanziellen Gründen. Er erhebt Vorwürfe gegen die Stadt – die kontert scharf.
- Eigentlich wollte die Stadt Mülheim bis 2025 22 Millionen Euro in die Innenstadt und Eppinghofen investieren. Doch daraus wird wohl nichts.
- Das Hotel Noy wird nach 108-jähriger Familientradition verkauft. Der Investor, die Firma 1980 Real Estate, will dort nun Microapartments bauen.
- Mülheims Politik stimmt erneut für Anwohnerparken im Südviertel. Die Verwaltung hat aber rechtliche Bedenken. Am Ende könnte ein Gerichtsprozess stehen.
- Das neue Glanzstück Styrums ist nun eröffnet: Die Stadt hat im Juli den ersten Bauabschnitt des Stryrumer Sportparks zum Toben und Trainieren freigegeben.
- Der 39-jährige Björn P. wird im Juli am Hauptbahnhof niedergestochen und stirbt. Viele Mülheimer nehmen Anteil an seinem Tod.
- Die Politik streitet um eine Stadtwache in Styrum. Am Ende gibt es eine Absage.
- Die Stadt will erstmals Hundewiesen ausweisen. Bei den Planungen geht der Süden allerdings leer aus.
- Die Friedrich-Wilhelms-Hütte schließt ihre Eisengießerei. 235 Mitarbeitern wurde gekündigt.
- Die Stadt macht Jacques Marx zum Ehrenbürger. Seit 57 Jahren ist diese Ehre niemandem zuteil geworden.
- Der größte Aldi der Welt eröffnet im Oktober auf 2000 Quadratmetern an der Mannesmannallee.
- Für Aufregung sorgt ein Video, das einen Einsatz in der Samstagnacht in Mülheim-Styrum zeigt. Gegen einen Polizisten liegt eine Anzeige vor, er hat einen Mann geschlagen.
- Der Verkauf des Bürgermeisteramtes in Dümptens ist beschlossen. Noch unklar ist, wer investiert. Der Bürgerverein versucht, die Fassade zu erhalten.
- Gleich zwei Mal brechen Unbekannte an einem August-Wochenende nach den Sommerferien in die Gustav-Heinemann-Gesamtschule ein. Sie verwüsten die Gänge und Räume und stehlen Laptops.
- Ein Tanklaster geht im September auf der A40 in Flammen auf. Der betrunkene Fahrer war gegen eine Brücke gefahren. Für Monate entstehen Einschränkungen bei Bahn und dem Autoverkehr.
- Der Dickswall wandelt sich zur Mülheimer Dauerbaustelle. Vier neue Kanäle werden gebaut. Der Engpass bleibt bis Sommer 2025, oder noch länger.
- Das Einkaufszentrum Forum in Mülheims City wird umgebaut zum Gesundheitszentrum. Für 40 Millionen Euro entsteht ein Prototyp. Die geplante Investition sorgt für intensive Diskussionen.
- Die Passage zwischen Mülheimer Hauptbahnhof und Forum muss 2021 wegen Brandschutzmängeln fallen. Die nördliche Innenstadt wird zur Großbaustelle.
- Die Auffassung der Stadt Mülheim ist gerichtlich bestätigt: Der Betrieb der Freizeitanlage am Entenfang ist illegal. Eine Räumung stand im Raum.
- Die Mülheimer Schauenburg Tunnel-Ventilation stellt ihren Betrieb ein. Die Kündigung erreichte die 30 Mitarbeiter kurz vor Weihnachten.