Mülheim. Zum „Designhotel“ sollte das frühere Hotel Noy in der Mülheimer Innenstadt umgebaut werden. Jetzt ist klar: Der Investor hat ganz andere Pläne.
Als das Hotel Noy in Mülheim geschlossen und verkauft wurde, standen alle Zeichen auf Neustart – in derselben Branche. Das Haus an der Schloßstraße sollte zum „Designhotel“ umgebaut und im nächsten Sommer wiedereröffnet werden, hieß es vor rund zwei Monaten. Auch Thomas Däsler, langjähriger Nachtportier bei Noy, hegte Hoffnung. Er wollte sich beim künftigen Betreiber bewerben. Aber das „Designhotel“ wird nicht kommen.
Investor verspricht „echten Gewinn“ an der Schloßstraße
25 Hotelbetriebe in Mülheim
Laut amtlicher Statistik gab es im Mai noch 26 Hotelbetriebe in Mülheim mit insgesamt 1452 Betten. Nach Schließung des Hotels Noy Anfang Juni müssten es derzeit noch 25 Hotels sein, die insgesamt 1392 Betten bereit halten.
Durch die Corona-Krise, vor allem das weitgehend ausfallende Messegeschäft, hat die Branche aber schwer zu kämpfen.
Die Firma 1980 Real Estate mit Hauptsitz in Bremen hat das Mülheimer Hotel erworben, welches 108 Jahre lang als Familienbetrieb geführt wurde. Kurz nach der offiziellen Übergabe Anfang Juni hatte der Investor angekündigt, das Gebäude solle komplett entkernt und zum Designhotel umgestaltet werden. Sogar der künftige Betreiber stehe schon fest, ließ ein Sprecher von 1980 Real Estate durchblicken. Spätestens am 1. Juli 2021 könnten an der Schloßstraße schon wieder Übernachtungsgäste einchecken.
Von diesen Plänen hat der Investor inzwischen Abstand genommen. Vor rund zwei Wochen räumte der Unternehmenssprecher auf Anfrage dieser Redaktion ein: „Konzeptionell sind die Überlegungen noch nicht final abgeschlossen. Es könnte auch ein anderes Nutzungskonzept dabei herauskommen.“ Jetzt kann man sich auf der Homepage des Projektentwickler ein erstes Bild machen: Etwa 60 „Microapartments“ sind in der Mülheimer City geplant. Die vermieteten drei Ladenlokale im Erdgeschoss sollen bleiben.
Geplant sind 60 kleine Appartements - drei Ladenlokale sollen bleiben
Als Kaufpreis schweben dem Investor 6,35 Millionen Euro vor. „Ähnlich wie beim Brettspiel ist auch diese Adresse an der Schloßstraße ein echter Gewinn“, so wirbt Geschäftsführer Christian Schlemm um finanzstarke Interessenten.
Laut Exposé wird das ehemalige Hotel Noy bis zum nächsten Jahr in eine Anlage mit ca. 60 „Microapartments“ unterschiedlicher Größe umgebaut. Sie sollen vermietet werden für durchschnittlich 400 Euro netto im Monat. Dem neuen Eigentümer wird eine Nettokaltmiete von insgesamt 365.000 pro Jahr in Aussicht gestellt, plus 76.380 Euro für die drei Ladenlokale.
„Exponierte Lage in der Haupteinkaufsstraße“
Herausgehoben werden die „exponierte Lage in der Haupteinkaufsstraße/Fußgängerzone von Müh(!)lheim“ und der nahe ÖPNV-Anschluss. Detailfragen zum geplanten Objekt wurden von 1980 Real Estate nicht beantwortet: Der Geschäftsführer befinde sich in Urlaub, hieß es nur. Ein Sprecher teilte knapp mit: Das Projekt befinde sich im Genehmigungsverfahren bei der Baubehörde. Man warte auf „grünes Licht“. Der Stadt Mülheim liegen aber offenbar weder Pläne vor noch wurde ein Bauantrag gestellt: „Wir befinden uns hier in einem sehr frühen Stadium“, erklärte Stadtsprecher Volker Wiebels. „Alles ist bislang nur sehr locker und mündlich besprochen.“
Für den ehemaligen Hotelmitarbeiter Thomas Däsler (52), der über fast zwei Jahrzehnte nachts am Empfang gesessen hat, sind das keine guten Nachrichten. Am 27. März habe er die Kündigung erhalten - wie die gesamte Belegschaft von Noy. Als der Investor im Frühsommer zur Übergabe nach Mülheim kam, habe er das Wort „Microapartments“ tatsächlich schon einmal vernommen, erinnert sich Däsler. Wer künftig dort einziehen soll – man könnte etwa an Studierende der HRW denken – muss momentan offen bleiben.
Hotelbelegschaft hatte auf „Pflegeheim“ oder „Jugendherberge“ getippt
Schon als die ersten Schließungsgerüchte aufkamen, hätten er und seine Kollegen überlegt, was man aus dem renovierungsbedürftigen Haus, Baujahr 1957, mit seinen engen Gängen machen könne. „Entweder ein Pflegeheim oder eine Jugendherberge“, haben sie getippt. Ein Studierendenwohnheim ginge ja schon in ähnliche Richtung.
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Thomas Däsler glaubt: „Ein zusätzliches Hotel in Mülheim braucht keiner mehr.“ Trotzdem hegt er noch eine kleine Hoffnung, dass die Appartementanlage vielleicht einen erfahrenen Rezeptionisten benötigt. Jemanden wie ihn. Aber vielleicht bekommen die künftigen Mieter auch einfach Chipkarten in die Hand. „Was ich gemacht habe, Gäste bedienen, Schlüssel rausgeben, das ist ja Mittelalter.“ In dem Fall müsste er sich aus dem Hotel- und Gastronomiegewerbe verabschieden – „keine Chance mehr“.