Mülheim. Der Umbau des Mülheimer Centers zum „Forum Medikum“ eröffnet Chancen, hinterlässt aber auch Lücken. Jetzt steht fest, welche Geschäfte schließen.

Lange haben die Mülheimer in ihrem zentralen Einkaufszentrum nur den wachsenden Leerstand wahrgenommen, das innere Ausbluten. Seit einigen Tagen ist klar, in welche Richtung das Ganze gehen soll, und warum freie Flächen auch gebraucht werden. Das Konzept „Forum Medikum“ konzentriert den Einzelhandel im Erdgeschoss, während Ober- und Untergeschoss für diverse Dienstleister aus dem Gesundheitssektor reserviert werden: Ärzte, Physiotherapeuten, Sanitätshäuser.

Reaktionen auf die „Forum Medikum“-Pläne sind in Mülheim durchwachsen

Die Pläne, die Eigentümer und Betreiber des Forums jetzt publik gemacht haben, stoßen in der Stadt auf riesige Resonanz. Die Reaktionen sind allerdings durchwachsen, nicht alle feiern die Zukunftsvision „Forum Medikum“.

Auch interessant

Unter den zahlreichen Facebook-Kommentaren, die die Nachricht ausgelöst hat, überwiegen die kritischen Stimmen. Viele fürchten, dass Mülheim eine - wie jemand spöttisch schreibt - „Stadt der Kranken“ und absehbar eine „tote Stadt“ wird. Viele haben Sorge, dass die Innenstadt weiter an Attraktivität verliert, die Nahversorgung noch stärker beschnitten wird, wenn sich Geschäfte aus dem Forum zurückziehen. „Das ist unglaublich“, schimpft etwa ein Facebook-User: „Ich wohne in der Stadtmitte, fahre dann aber demnächst wohl zum Einkaufen direkt ins Rhein-Ruhr-Zentrum.“

Spielemax zieht schon Anfang 2021 aus, auch Hema schließt

Einige Lücken sind tatsächlich absehbar. Dass sich Takko, Medimax und Spielemax verabschieden, hat das Forum-Management bereits verkündet. Jetzt nannte ein Sprecher drei weitere Namen: „Gehen werden noch Hema, Bonita und die Änderungsschneiderei.“ Spielemax wird schon im ersten Quartal 2021 sein Geschäft leerziehen, erklärte der Filialleiter jetzt auf Anfrage dieser Redaktion. Ein alternativer Standort in der City komme nicht in Betracht: „Wir machen Schluss und gehen ganz aus Mülheim weg.“ So wird es in Kürze kein Spielwarengeschäft und wohl auch keinen Elektrofachmarkt in der Mülheimer Innenstadt mehr geben.

Mietaspiranten aus dem Gesundheitsbereich

Einige Geschäfte aus dem Obergeschoss des Forums sollen ins Parterre ziehen. Ein Sprecher des Center-Eigentümers Commerz Real erklärte dazu: „Die Gespräche mit den aktuellen Mietern laufen sehr positiv.“

Mit weiteren Mietinteressenten aus den Gesundheitsbereich gebe es aussichtsreiche Verhandlungen.

Eine Unternehmenssprecherin von Medimax bestätigte, dass der Markt „im Rahmen des geplanten Umbaus die bisherige Fläche verlassen wird“. Man verhandele aber noch mit den Center-Betreibern darüber, wie es am Standort Mülheim weitergeht.

Die Citymanagerin bei Mülheim & Business, Gesa Delija, findet das schade, sieht aber auch die Hintergründe: „Wenn die Leute in Heerscharen in diese Geschäfte geströmt wären, würden sie ja bleiben. Tatsächlich befindet sich der Einzelhandel gerade in einem totalen Strukturwandel. Er leidet und wird auch nie mehr in dem Maße zurückkommen.“ Inhaber im eigenen Laden hätten noch eher die Tendenz, die Zähne zusammenzubeißen, so Delija. Filialen, in denen Fachkräfte und Aushilfen arbeiten, nicht aber die Eigentümer persönlich, würden dagegen eher geschlossen.

Citymanagerin: Konzept ist klug und lukrativ

Zum neuen Konzept für das Forum meint die Citymanagerin: „Es ist klug, sich anders aufzustellen, und einfach notwendig, Verkaufsfläche zu reduzieren.“ Die Nutzung zweier Geschosse für medizinische Dienstleistungen findet sie schlüssig: „Da passt alles zusammen. Das ist logisch und auch relativ lukrativ.“

Auch interessant

Auch Meinolf Thies, Betreiber der Filmpassage im Forum, der mit den Eigentümern im juristischen Clinch liegt, findet anerkennende Worte. Die Perspektive „Forum Medikum“ wertet er „zunächst einmal als positive Nachricht für Mülheim, das Einkaufszentrum und alle Mieter“, als wirkliche Verbesserung. „Schön auch zu lesen, dass der Eigentümer sogar über 40 Millionen Euro verfügen soll, um die Planung umzusetzen“, ergänzt Thies.

Kinobetreiber will nicht nur als „Pottfüller“ herhalten

Geärgert hat ihn die Aussage von Centermanager Daniel Wahle, man wolle das Kino im Forum langfristig halten, sofern es die Corona-Krise übersteht. „Das hat der Eigentümer höchstselbst in der Hand“, findet Thies und argwöhnt, dass die Filmpassage wohl höchstens „als ,Pottfüller der Zukunft’ herhalten soll“.

Der Streit zwischen dem Kinounternehmer und dem Center-Eigentümer Commerz Real schwelt weiter. Die eine Seite kürzte die Mietzahlungen nach einem Wasserschaden, die andere habe versucht, „sich an der Kaution zu bedienen“, behauptet Thies. Noch steht man nicht vor Gericht, aber kurz davor, bestätigen beide Parteien. Auch kritisiert Thies, dass das Forum in der Corona-Krise nicht entgegenkommend war, nicht die Miete stunden oder Kosten erlassen wollte.

„Ob die Filmpassage bleibt, hängt nicht von der Corona-Pandemie ab“

Deshalb, so Thies, „entscheidet sicher nicht der Verlauf der Corona-Pandemie über das Schicksal der Filmpassage bis Ende 2023“. Ob sie im Center bleibe, hänge vielmehr davon ab, ob man sich mit Commerz Real endlich einigen kann. Er wird sarkastisch: „Vielleicht hegt man dort schon lange den Plan, aus dem größten Saal einen Klettergarten zu machen, um durch die zahlreich zu erwartenden Blessuren die frisch akquirierten Arzt- und Physiopraxen auch gut genug auszulasten.“