Mülheim/Duisburg. Die Auffassung der Stadt Mülheim ist gerichtlich bestätigt: Der Betrieb der Freizeitanlage am Entenfang ist illegal. Eine Räumung stand im Raum.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass das Freizeitdomizil Entenfangsee seinen Betrieb einstellen muss. 550 Pächter des Camping- und Wochenendplatzes an der Stadtgrenze von Mülheim zu Duisburg können aber aufatmen: Die Stadt Mülheim rückt nicht kurzfristig zur Räumung aus.
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In seinem aktuellen Urteil bestätigt das Gericht die Auffassung der Stadt, dass der Betrieb der Anlage illegal ist. Es fehle, trotz Baugenehmigungen für einzelne Gebäude, an der erforderlichen Genehmigung für den Betrieb eines Camping- und Wochenendplatzes. Zugleich verstoße das Freizeitdomizil gegen zahlreiche Brandschutzvorgaben. Die Anlagen-Betreiberin hatte per Eilantrag gegen eine Ordnungsverfügung der Stadt Mülheim geklagt.
Gericht stützt Einschätzung der Feuerwehr zu erheblichen Brandschutzmängeln
Die Einschätzung der Mülheimer Feuerwehr zum Brandschutz ist laut Gericht nachzuvollziehen. Die Mülheimer Brandexperten hatten ihre Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass sich ein Feuer nicht zuletzt auch wegen der langen Anfahrtswege der Löschfahrzeuge unkontrolliert auf weitere Bereiche des Camping- und Wochenendplatzes ausdehnen könne.
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Auch hier bestätigte das Gericht die Rechtsauffassung des Mülheimer Bauordnungsamtes: Obwohl die Brandschutzmängel geraume Zeit bekannt gewesen seien, habe die Betreiber des Freizeitdomizils, die Campinggesellschaft am Entenfangsee, zu keiner Zeit darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt diese Mängel dulden werde.
Stadt hatte dem Betreiber Mitte Oktober mit Räumung gedroht
Mit einer Ordnungsverfügung hatte die Stadt dem Betreiber Mitte Oktober eine Räumung angedroht wegen der fortbestehenden Brandschutzmängel. Zu dieser soll es nun aber nicht kommen. Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass die Mülheimer Behörde die Entenfangsiedlung nicht versiegeln dürfe. Begründung: Die Betreiberin könne den Betrieb der Anlage nicht einstellen, ohne in die Rechte der Parzellen-Nutzer einzugreifen. Die Stadt habe es diesbezüglich versäumt, auch gegenüber dortigen Nutzern entsprechende Verfügungen zu erlassen.
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In einer ersten Stellungnahme sagte Mülheims Baudezernent Peter Vermeulen, dass die Nutzer der Entenfangsiedlung aufatmen könnten angesichts der nicht weiter drohenden, sofortigen Räumung. „Aber es muss was für den Brandschutz getan werden.“
Stadt will zeitnah neu verhandeln, Betreiber geht in die nächste Instanz
Dazu werde man spätestens im Januar in Verhandlungen mit dem Betreiber der Anlage einsteigen. Vermeulen zeigte sich erleichtert, dass das Gericht nun auch der Stadt Druck vom Kessel genommen habe, nicht sofort räumen zu müssen, um im Falle eines Brandes nicht haftbar gemacht werden zu können.
Der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, Dietmar Harsveldt, kündigte derweil gegenüber dieser Redaktion an, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster erheben zu wollen. In diesem Jahr bestehe die Anlage 50 Jahre, bis vor fünf Jahren, als die Diskussionen um illegale Erstwohnsitze in Campinganlagen des Landes in Gang gekommen sei, habe die Stadtverwaltung die Situation „aktiv geduldet“. Auf eine solche Duldung habe er sich verlassen, als er den Betrieb 2011 übernommen habe, so Harsveldt. Die Anlage sei historisch so gewachsen.
Betreiber appelliert an Ratspolitik, Verantwortung für 500 Bürger zu zeigen
Eine andere Lösung sei es, die baurechtliche Mängelsituation über Paragraf 35 des Baugesetzbuches (Bauen im Außenbereich) zu lösen. Das haben Vertreter der Stadt bei einer Ortsbesichtigung zuletzt mit dem Gericht selbst als Option benannt, sollte der bestehende Bebauungsplan per Gericht gekippt würde, der keine festen Häuser erlaubt. 550 Pächter zählt Harsveldt aktuell, darunter rund 350 mit einem Erstwohnsitz in der Entenfangsiedlung.
Er appelliert auch an die Ratspolitik, „die Geschichte hier baurechtlich zu legalisieren. Die Politik sollte wahrnehmen, dass hier rund 500 Mülheimer Bürger wohnen.“ Die Stadt sieht Harsveldt aufgrund der langjährigen Duldung der Verhältnisse „in einer gewissen Verantwortung“ für deren Bürger, die am Entenfang heimisch geworden sind.
Stadt und Betreiber sind sich nicht einig, wer den Impuls geben muss
Seit 2015 schwelt der Streit um illegales Wohnen
2015 war es NRW-Bauminister Michael Groschek (SPD), der die Stadt aufforderte, gegen illegales dauerwohnen am Entenfang vorzugehen.
Die Dauercamper am Entenfang haben sich im Lauf von 50 Jahren zwischen Autobahn und Stadtgrenze ein Dorf geschaffen. Dabei regelt der Bebauungsplan „K5a“: Rund um den See ist dauerhaftes Wohnen nicht erlaubt.
Harsveldt reklamiert für sich die Bereitschaft zum Handeln. So habe er einen Gutachter beauftragt, ein Brandschutzkonzept zu erarbeiten. Dieses werde bis zum 31. Januar vorliegen. Und entsprechend wolle er den nötigen Brandschutz umsetzen. Unter einer Voraussetzung: dass ihm baurechtlich eine Sicherheit gegeben werde für den Betrieb der Anlage. „Der Impuls muss von der Stadt kommen“, sagt Harsveldt.
Der Chef der städtischen Bauaufsicht, Felix Blasch, sieht derweil Harsveldt am Zug. „Ohne Brandschutz können wir nichts machen. Die Gefahr muss beseitigt werden.“ So liege der „Handlungsdruck“ beim Betreiber. Erst mit schlüssigem Brandschutzkonzept könne über eine baurechtliche Genehmigung nachgedacht werden.