Mülheim. Wo verliert die SPD die meisten Wählerstimmen, wo gewinnen die Grünen? Ein Blick in die Wahlbezirke nach der Kommunalwahl in Mülheim.

Schon bei der Kommunalwahl 2014 galten sie mit 10,9 Prozent der Wählerstimmen als Gewinner, nun haben die Grünen ihr Ergebnis von vor sechs Jahren mehr als verdoppelt auf 23,4 Prozent. Zum ersten Mal holten sie Direktmandate – in sechs Wahlbezirken. Klarer Verlierer bei der Ratswahl ist die SPD, aber auch die CDU muss Verluste einstecken. Wer sonst noch Niederlagen verkraften oder Siege feiern kann – ein Überblick der Tops und Flops der Mülheimer Ratswahl.

Ratswahl in Mülheim: Sechs Wahlbezirke gehen an Bündnis 90/Die Grünen

Das gab es bei einer Kommunalwahl in Mülheim noch nie: Sechs Wahlbezirke gehen direkt an die Grünen. Gewonnen haben die Direktkandidaten am Kahlenberg (Tim Giesbert), in Heißen-Süd/Heimaterde (Daniela Grobe), in Holthausen-Nord (Franziska Krumwiede-Steiner), in Stadtmitte-Ost (Timo Spors), in Stadtmitte-Zentrum (Oliver Linsel) und in Broich-Nord (Björn Maue). Die Fraktionssprecher Giesbert und Krumwiede-Steiner waren schon im bisherigen Rat vertreten, die anderen ziehen neu ein. Insgesamt steigern die Grünen die Zahl ihrer Ratsmandate von sechs auf 13.

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Geplündert haben sie dabei besonders bei der SPD. Vier Wahlbezirke, die 2014 noch an die Sozialdemokraten gingen, sind nun grün. Besonders knapp war es in Broich-Nord – da liegen die Grünen nur 0,28 Prozentpunkte vor der SPD. Von der CDU haben die Grünen den Kahlenberg und Holthausen-Nord übernommen. Ersterer war schon bei der Europawahl an die Grünen gegangen. Im gesamten Stadtgebiet konnten die Grünen ihr gutes Ergebnis der Europawahl (23,0) knapp übertreffen mit 23,42 Prozent. In totalen Zahlen allerdings hatten bei der Europawahl aufgrund der höheren Wahlbeteiligung mehr Menschen ihr Kreuz bei Grün gemacht.

Die AfD: In Fraktionsstärke im Mülheimer Stadtrat

Die AfD zieht mit 7,2 Prozent der Stimmen und vier Sitzen in den Stadtrat ein. Zwar war ihnen die Fraktionsstärke schon 2014 gelungen mit 5,2 Prozent. Doch schnell zerschlug sich das Trio aus Jochen Hartmann, Lutz Zimmermann und Martin Fritz, von denen übrigens in den nächsten Stadtrat keiner mehr einziehen wird. Hartmann und Fritz erzielten die schlechtesten Ergebnisse bei der Wahl des Oberbürgermeisters, Zimmermann hatte sich kur vor der Wahl vom Bündnis für Bildung distanziert, dessen Fraktionschef er war.

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Nun gibt es ein komplett neues AfD-Programm und -Personal: Mit Alexander von Wrese, Dominic Fiedler, Tobias Laue und Karin Fiene sitzen bald vier neue Gesichter im Stadtparlament. Spitzen- und OB-Kandidat Alexander von Wrese erzielte in seinem Wahlkreis das beste Ergebnis für die Blauen – 12,09 Prozent in Styrum-Süd. Innerhalb des Wahlbezirks gewann er einen von stadtweit 148 Stimmbezirken und damit den einzigen, der nicht an SPD, CDU oder Grüne ging.

Die Partei: Knapp an der Fraktionsstärke vorbeigeschrammt

Zum ersten Mal schafft es „Die Partei“ in den Mülheimer Stadtrat. An der Fraktionsstärke sind sie allerdings knapp vorbeigerutscht. Mit 4,45 Prozent und 2866 Stimmen bekommen sie zwei Sitze im Rat. Die FDP beispielsweise erhält sich mit nur knapp 150 Stimmen mehr und 4,66 Prozent die Fraktionsstärke.

Nichtsdestotrotz kann das Ergebnis als Erfolg gewertet werden: Sonja Strahl und Vorstand Dominik Messink bekommen ein Stadtratsmandat. Das beste Wahlbezirksergebnis erzielte Tim Stanke-Rosmannek mit 7,85 Prozent in Broich-Nord. Partei-OB-Kandidat Andy Brings hat insgesamt mehr Wähler überzeugen können als seine Kollegen: Mit 3940 Stimmen und 6,08 Prozent landete er auf dem sechsten Platz der zehn OB-Anwärter.

Größter Verlierer: Die SPD mit über zehn Prozentpunkten

Schon 2014 gab es einen Negativrekord, nun hat die SPD ihr Ergebnis von vor sechs Jahren mit 10,23 Prozentpunkten unterboten. Sechs Wahlbezirke hat sie verloren, vier an die Grünen, zwei an die CDU. So gingen Winkhausen und Heißen-Ost, die 2014 noch klar SPD-Land waren, dieses Mal an die Christdemokraten. In Heißen-Ost wurde die SPD sogar nur drittstärkste Kraft.

Nur knapp erhalten konnte sich die SPD Speldorf-Nordost mit nur 0,52 Prozentpunkten vor der CDU; 2014 erreicht sie hier mit 31,1 Prozent noch eine deutliche Mehrheit. Und auch in vielen SPD-Hochburgen mussten die Sozialdemokraten deutlich Wählerstimmen lassen: In Heißen-Mitte ging es bergab von 40,2 auf 30,45 Prozent, in Dümpten-Süd und Styrum-Süd sogar um 13,4 Prozentpunkte von 43,5 auf 30,1 beziehungsweise von 41,3 auf 27,9 Prozent. Ihr bestes Ergebnis erzielte die SPD in Eppinghofen-Nordwest (32,56 Prozent), allerdings auch nur mit einer Wahlbeteiligung von 29,3 Prozent; die wenigsten Wählerstimmen gab’s in Holthausen Süd: 11,9 Prozent.

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CDU: Leichte Verluste – trotzdem zwei Sitze mehr im Rat

Weil drei Fraktionsmitglieder die CDU in der laufenden Ratsperiode verlassen haben, bekommen die Christdemokraten rund um Fraktionschefin Christina Küsters zwei Ratssitze mehr (14), als sie aktuell haben. Schwarz-Grün hätte genau die Hälfte der Stimmen, mit einem CDU-Oberbürgermeister eine knappe Mehrheit.

Die Zahl der gewonnen Wahlkreise bleibt gleich: Zehnmal erreicht die CDU die Mehrheit. Das beste Ergebnis gab es für Christina Küsters in Speldorf-Süd (38,5 Prozent). An die Grünen verliert die CDU den Kahlenberg und Holthausen-Nord. In Broich-Süd konnte sich Heiko Hendriks mit 31,58 Prozent deutlich gegen SPD-Chef Rodion Bakum durchsetzen – 2014 hatte die CDU den Wahlbezirk nur knapp für sich gewinnen können.

Mülheimer Stadtrat: Weitere Verlierer

Der BAMH war 2014 noch nicht angetreten, hatte sich aber in der Ratsperiode mit fünf Sitzen gebildet, von denen nun nur noch einer übrig bleibt. Noch dazu erzielte Martin Fritz das schlechteste Ergebnis aller OB-Kandidaten – nur 808 Mülheimer gaben ihm die Stimme.

Blick auf die OB-Wahl

Bei der OB-Wahl gelang dem parteilosen Bewerber Horst Bilo die Überraschung, die viertmeisten Stimmen auf sich zu vereinen (8,32 Prozent). Im Wahlbezirk Dümpten-Nordost in der Nähe seines Wohnortes holte der Unternehmer sogar 11,41 Prozent und blieb damit nur knapp hinter Grünen-Kandidat Wilhelm Steitz . Dem wiederum gelang in zwei von 148 Stimmbezirken die Mehrheit: im Stimmbezirk 13, der zur Stadtmitte-Zentrum gehört, sowie im Stimmbezirk 81 in Heißen-Süd, Heimaterde.

In seinem Heimatstadtteil Saarn gelangen dem parteilosen Kandidaten Jürgen Abeln die besten Ergebnisse: 11,27 Prozent gab’s an der Saarner Kuppe, in den anderen Saarner Bezirken lag Abeln im hohen einstelligen Bereich.

Die höchste Prozentzahl überhaupt erreichte Monika Griefahn in Eppinghofen-Nordwest mit 35,09.

Ebenfalls unzufrieden kann die FDP sein. Fraktionschef Peter Beitz sagte am Sonntag, er habe nicht gedacht, „dass wir das schlechte Ergebnis von 2014 noch unterbieten“. Immerhin: Die Fraktionsstärke bleibt den Liberalen bei 4,66 Prozent knapp erhalten.

Einen der größten Abwärtstrends legten die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) in den vergangenen Jahren hin. 2009 noch drittstärkste Kraft, 2014 immerhin noch viertstärkste, bleiben ihnen jetzt mit 4,7 Prozent nur noch drei Sitze im Stadtrat. Besonders stark verloren haben sie in den beiden MBI-Hochburgen Speldorf-Nordost (2014: 14,19) und Holthausen-Süd (2014: 13,96): In Holthausen-Süd gab es nur noch 5,75 Prozent, in Speldorf-Nordost immerhin noch 7,65.

Gar nicht mehr dabei sein wird das Bündnis für Bildung, dessen Fraktion sich verworfen hatte kurz vor der Wahl. Wir aus Mülheim kann seinen Sitz behaupten, die Linke bekommt auch ein Mandat.