Essen. Bergeborbeck wurde von Arbeit und Schwerindustrie geprägt. Wo heute das riesige Gewerbegebiet Econova ist, stand früher das Hüttenwerk von Krupp. Folge 36 unserer Stadtteil-Serie.

Wenn Rosemarie Kussau erzählt, dass sie in Bergeborbeck lebt, dann rümpfen manche die Nase. „Bergeborbeck ist halt meine Heimat“, sagt sie fast trotzig und bemängelt gleichzeitig, dass ihr Stadtteil gerne vergessen werde, jedenfalls von den Verantwortlichen in Politik und Stadtverwaltung. „Wir müssen schon laut schreien, um gehört zu werden“, ist die Rentnerin überzeugt. Deswegen hat sie sich dem Bürgerverein Bigwam (Bürgerinititiative gegen den wilden Automarkt) angeschlossen, der sich um die Belange der Bürger im nördlichen Essen kümmert. Die ärgern sich nicht nur über den europaweit größten privaten Autohandel entlang der Hafenstraße, sondern auch über wilde Müllhalden, verdreckte Grünanlagen und vieles mehr. „Wenn wir nichts tun, tut es sonst ja keiner“, sagt die 74-Jährige.

Seit ihrer Kindheit lebt die ehemalige Verkäuferin in Bergeborbeck, seit 1962 in ein und derselben Wohnung. „Hier war früher die Luft immer dreckig“, erinnert sie sich. War der Staub rot, dann kam der Wind von der benachbarten Zinkhütte, schwarzer Staub kam von der Zeche Amalie. Beide sind längst geschlossen, doch hart gearbeitet wird hier immer noch. Bergeborbeck ist und bleibt ein typisches Viertel der Arbeiter und kleinen Leute.

Das ist Essen-Bergeborbeck

Das Stadion Essen ist wohl das bekannteste Bauwerk in Bergeborbeck.
Das Stadion Essen ist wohl das bekannteste Bauwerk in Bergeborbeck. © Hans Blossey
Das alte Georg-Melches-Stadion an der Hafenstraße wurde abgerissen – so beschloss es der Rat der Stadt Essen im Jahr 2010. 2012 fand das letzte Ligaspiel statt.
Das alte Georg-Melches-Stadion an der Hafenstraße wurde abgerissen – so beschloss es der Rat der Stadt Essen im Jahr 2010. 2012 fand das letzte Ligaspiel statt. © Kerstin Kokoska/WAZ FotoPool
Im neuen Stadion Essen spielen die ersten Mannschaften von RWE und SGS Essen.
Im neuen Stadion Essen spielen die ersten Mannschaften von RWE und SGS Essen. © Ulrich von Born / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadion Essen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadion Essen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Auf dem Geländes des Autokinos in Bergeborbeck treffen sich Käufer und Verkäufer aus ganz Europa.
Auf dem Geländes des Autokinos in Bergeborbeck treffen sich Käufer und Verkäufer aus ganz Europa. © Stefan Arend / FUNKE Foto Services
Jeden Samstag öffnet der Automarkt in Bergeborbeck.
Jeden Samstag öffnet der Automarkt in Bergeborbeck. © Stefan Arend / FUNKE Foto Services
Eine laue Spätsommernacht im September 2014: Bei der Drive Night zeigten die Oltimer-Besitzer ihre Fahrzeuge zur Vorführung.
Eine laue Spätsommernacht im September 2014: Bei der Drive Night zeigten die Oltimer-Besitzer ihre Fahrzeuge zur Vorführung. © Sebastian Konopka / FUNKE Foto Services
Das Autokino-Gelände aus der Luft betrachtet.
Das Autokino-Gelände aus der Luft betrachtet. © Hans Blossey
Das Stadion und das Autokino aus der Luft betrachtet.
Das Stadion und das Autokino aus der Luft betrachtet. © Hans Blossey
Der Stadthafen liegt im Norden von Bergeborbeck.
Der Stadthafen liegt im Norden von Bergeborbeck. © Knut Vahlensieck / Funke Foto Services
Der Stadthafen von oben.
Der Stadthafen von oben. © Hans Blossey
Die Stadt Essen nahm den Stadthafen 1934 in Betrieb.
Die Stadt Essen nahm den Stadthafen 1934 in Betrieb. © Knut Vahlensieck / Funke Foto Services
1987 übernahmen die Stadtwerke den Betrieb des Stadthafens.
1987 übernahmen die Stadtwerke den Betrieb des Stadthafens. © Knut Vahlensieck / Funke Foto Services
Im Stadthafen werden unter anderem Steine, Erden, Eisen und Stahl umgeschlagen, außerdem Brennstoffe und Chemieprodukte.
Im Stadthafen werden unter anderem Steine, Erden, Eisen und Stahl umgeschlagen, außerdem Brennstoffe und Chemieprodukte. © Knut Vahlensieck / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen.
Multikopter-Aufnahme vom Stadthafen. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Der Stadthafen aus der Luft betrachtet.
Der Stadthafen aus der Luft betrachtet. © Hans Blossey
Die Aluminium-Hütte Trimet in Bergeborbeck. Im Jahr 1994 wollte der Konzern Alusuisse die Hütte schließen. Doch der Düsseldorfer Mittelständler Heinz-Peter Schlüter kaufte sie und rettete so die Aluminium-Produktion in Bergeborbeck.
Die Aluminium-Hütte Trimet in Bergeborbeck. Im Jahr 1994 wollte der Konzern Alusuisse die Hütte schließen. Doch der Düsseldorfer Mittelständler Heinz-Peter Schlüter kaufte sie und rettete so die Aluminium-Produktion in Bergeborbeck. © Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
Rund 750 Mitarbeiter arbeiten in dem Werk in Bergeborbeck.
Rund 750 Mitarbeiter arbeiten in dem Werk in Bergeborbeck. © Knut Vahlensieck / Funke Foto Services
Die Aluminium-Hütte aus der Luft betrachtet.
Die Aluminium-Hütte aus der Luft betrachtet. © Hans Blossey
Die Aluminium-Hütte aus der Luft betrachtet. Im Hintergrund ist der Stadthafen zu sehen.
Die Aluminium-Hütte aus der Luft betrachtet. Im Hintergrund ist der Stadthafen zu sehen. © Hans Blossey
Der Vivawest-Marathon 2015 führte auch über das Trimet-Gelände.
Der Vivawest-Marathon 2015 führte auch über das Trimet-Gelände. © Kerstin Kokoska / Funke Foto Services
Die DHL-Zustellbasis in Bergeborbeck.
Die DHL-Zustellbasis in Bergeborbeck. © Ulrich von Born / FUNKE Foto Services
Die DHL-Zustellbasis in Bergeborbeck.
Die DHL-Zustellbasis in Bergeborbeck. © Ulrich von Born / FUNKE Foto Services
Industriegebiet nördlich des Stadions.
Industriegebiet nördlich des Stadions. © Hans Blossey
Die Dreifaltigkeitskirche liegt an der Stolbergstraße in Bergeborbeck, an der Grenze zu Bochold.
Die Dreifaltigkeitskirche liegt an der Stolbergstraße in Bergeborbeck, an der Grenze zu Bochold. © FUNKE Foto Services
Bergeborbeck aus der Luft betrachtet.
Bergeborbeck aus der Luft betrachtet. © Hans Blossey
Blick vom Stadion Richtung Bergeborbeck und Bochold. Die alte Bahntrasse verband früher die Gusstahlfabrik im Essener Westen mit dem Krupp-Hüttenwerk.
Blick vom Stadion Richtung Bergeborbeck und Bochold. Die alte Bahntrasse verband früher die Gusstahlfabrik im Essener Westen mit dem Krupp-Hüttenwerk. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Der Bahnhof Essen-Bergeborbeck liegt im Nachbarstadtteil Bochold.
Der Bahnhof Essen-Bergeborbeck liegt im Nachbarstadtteil Bochold. © Dominik Göttker / FUNKE Foto Services
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Berne und Borbecker Mühlenbach durchziehen Bergeborbeck

„Natürlich haben wir als Kinder immer auf der Straße gespielt, am liebsten an der verbotenen Köttelbecke.“ Berne und Borbecker Mühlenbach durchziehen den Stadtteil, der wie kaum ein anderer in Essen von der Schwerindustrie geprägt wurde. Immer noch besteht der weitaus größere Teil der Fläche aus Gewerbegebieten, die sich entlang des Stadthafens angesiedelt haben.

Den Rundgang beginnen wir am Stadion an der Hafenstraße. „Das ist eigentlich der wichtigste Bau, für den Bergeborbeck berühmt ist. Viel mehr haben wir ja auch nicht“, sagt Rosemarie Kussau trocken.

Wenn sich an den Heimspieltagen der Stadtteil mit Rot-Weiss-Fans füllt, dann sei es ein bisschen wie früher, „als wir noch in der ersten Bundesliga spielten“. Im Gegensatz zu damals gibt es aber kaum noch die typischen Eckkneipen, in denen sich die RWE-Anhänger nach dem Spiel und die Malocher nach der Arbeit treffen konnten. „Dafür haben wir noch viele typische Trinkhallen.“ Die müssten eben reichen.

S-Bahnhof Bergeborbeck liegt in Bochold

Direkt hinter dem Stadion beginnt das Gewerbegebiet Econova: Wo vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Krupp-Hüttenwerk Borbeck eines der modernsten Zentren zur Edelstahlerzeugung stand, haben sich später mit der Aluhütte Trimet, dem Kranbauer Teichmann, dem Logistikunternehmen DHL namhafte Unternehmen angesiedelt.

Einladend ist das Gelände nur bedingt, und so wenden wir uns für einen Spaziergang dem kleinen Wohngebiet zu, das sich wie ein Appendix an das Industriegebiet anschließt. Auch hier ist Bergeborbeck weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick eine Schönheit. Die Mietskasernen aus der Nachkriegszeit sind einfach, schmucklos und grau, die Straßen meist baumlos. „Dafür haben wir unsere eigene Halde“, sagt Rosemarie Kussau und stapft den kleinen Weg voran, der von der Flandernstraße aus nach oben führt. Viel Ausblick gibt es nicht: Ein wenig sieht man von der Kirche St. Maria Rosenkranz, von der geriatrischen Klinik Haus Berge und dem S-Bahnhof Bergeborbeck. Der liegt allerdings in Bochold.

Hafen am Rhein-Herne-Kanal 1934 in Betrieb genommen

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Nicht alle Essener wissen es: Auch wir haben einen Stadthafen, der zum größten Teil in Bergeborbeck liegt. 1934 wurde er in Betrieb genommen; er ist für die Wirtschaft und Industrie ein wichtiger Umschlagplatz für feste und mineralische Brennstoffe, Mineralöl- und chemische Produkte, Steine und Erden sowie Eisen und Stahl. Von besonderer Bedeutung sind dabei auch recyclebare Güter. Der Stadthafen Essen umfasst insgesamt ein 1,4 Mio Quadratmeter großes Gelände am Rhein-Herne-Kanal. Er besteht aus einem Stichhafenbecken und einem Parallelhafen.

Typisch Bergeborbeck: Bigwam

Bigwam – so nennt sich die 2012 gegründete Initiative (190 Mitglieder), in der sich Bergeborbecker Bürger gegen den wilden Autohandel rund um die Hafenstraße engagieren. Damals war man über die passive Haltung der Stadt zu den Nöten und Ängsten der Bürger empört. Auch wenn die negativen Folgeerscheinungen des wilden Automarktes die Initialzündung für die Bürgerinitiative war, so kümmert sich Bigwam inzwischen um alle Belange und Probleme, die an sie herangetragen werden

Das Bergeborbeck-Wappen: Dreiberg und Wellenbalken

Das vom Heraldiker Kurt Schweder entworfene Wappen zeigt eine aufrechte rote Pferdepramme mit silbernen Kordeln, die über einem grünen Dreiberg, belegt mit einem silbernen Wellenbalken, schwebt.

Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung

(31) Überruhr (Hinsel und Holthausen) : In Urkunden des Stiftes Rellinghausen wurden die Bauernschaften Hinsel und Holthausen früher „Over Rore“ genannt, was so viel bedeutet wie „auf der anderen Seite der Ruhr“. Das Wappen deutet auf die Ruhr hin. Ebenso ist ein Kreuzschargen abgebildet, ein glücksbringendes, germanisches Zeichen, das auf die zahlreichen Bodenfunde in diesem Bereich deutet. Seit 1808 gehörte Überruhr zur Bürgermeisterei Steele, 1894 entstand die eigenständige Bürgermeisterei Überruhr. Die Eingemeindung folgte 1929.  Quelle: Kurt Schweder/ Stadtverband
(31) Überruhr (Hinsel und Holthausen) : In Urkunden des Stiftes Rellinghausen wurden die Bauernschaften Hinsel und Holthausen früher „Over Rore“ genannt, was so viel bedeutet wie „auf der anderen Seite der Ruhr“. Das Wappen deutet auf die Ruhr hin. Ebenso ist ein Kreuzschargen abgebildet, ein glücksbringendes, germanisches Zeichen, das auf die zahlreichen Bodenfunde in diesem Bereich deutet. Seit 1808 gehörte Überruhr zur Bürgermeisterei Steele, 1894 entstand die eigenständige Bürgermeisterei Überruhr. Die Eingemeindung folgte 1929. Quelle: Kurt Schweder/ Stadtverband © „Kurt Schweders Wappen der Essener Stadtteile“ von Johann Rainer Busch, ISBN: 978-3-00-028515-8; Herausgeber ist der Stadtverband der Bürger- und Verkehrsvereine.
(42) Werden: Im Januar 799 gründete der heilige Ludgerus das Benediktinerkloster Werden. Die Äbte waren die Landesherren, 1317 erhielt Werden gar die Stadtrechte und blieb bis 1803 reichsfreies Stift. Ab 1808 selbstständige Bürgermeisterei, wurde Werden erst 1929 eingemeindet. Das Wappen zeigt ein mit vier roten Kugeln besetztes Pallium – ein Schulterschmuck, der Erzbischöfen oder heilig gesprochenen Bischöfen vom Papst verliehen wurde.  Quelle: Kurt Schweder/ Stadtverband
(42) Werden: Im Januar 799 gründete der heilige Ludgerus das Benediktinerkloster Werden. Die Äbte waren die Landesherren, 1317 erhielt Werden gar die Stadtrechte und blieb bis 1803 reichsfreies Stift. Ab 1808 selbstständige Bürgermeisterei, wurde Werden erst 1929 eingemeindet. Das Wappen zeigt ein mit vier roten Kugeln besetztes Pallium – ein Schulterschmuck, der Erzbischöfen oder heilig gesprochenen Bischöfen vom Papst verliehen wurde. Quelle: Kurt Schweder/ Stadtverband © „Kurt Schweders Wappen der Essener Stadtteile“ von Johann Rainer Busch, ISBN: 978-3-00-028515-8; Herausgeber ist der Stadtverband der Bürger- und Verkehrsvereine.
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Das Wappen ist ein sogenanntes „redendes Wappen“; der Dreiberg steht für „Berge-“ und der Wellenbalken für „-beck“ (Bach). Er bezieht sich auf den Borbecker Mühlenbach. Bergeborbeck entwickelte sich um den Rittersitz „op dem Berge“, der 1467 erstmals erwähnt wurde und die Pferdepramme im Wappen führte. Zu dem Rittersitz gehörte auch Haus Ripshorst.

Amtliche Statistik über Bergeborbeck:

Bergeborbeck in Zahlen

4403 Einwohner

4403 Menschen leben in Bergeborbeck. 15,4 Prozent sind älter als 65 und 19,3 Prozent sind jünger als 18 Jahre. Damit gehört Bergeborbeck zu den jüngsten Stadtteilen Essens: Nur Katernberg hat mit 20 Prozent mehr junge Einwohner. Der älteste Stadtteil mit den wenigsten Kindern ist übrigens Rüttenscheid mit 11,3 Prozent. In Sachen Ausländeranteil liegt Bergeborbeck im Vergleich zu anderen Stadtteilen im oberen Drittel: 19,4 Prozent der Bewohner besitzen keinen deutschen Pass.

Dünn besiedelt

13,7 Bewohner teilen sich einen Hektar bebauter Fläche. Damit ist Bergeborbeck der mit Abstand am dünnsten besiedelte Stadtteil. Im Vergleich: Im benachbarten Gerschede leben 85,6 Personen auf einem Hektar bebauter Fläche. Stadtweiter Spitzenreiter ist das Südostviertel: dort ist es mit 236,1 Personen pro Hektar besonders eng.

Nicht sehr grün

492Hektar groß ist Bergeborbeck. Davon sind 65,9 Prozent bebaut, 14,9 Prozent entfallen auf Straßen, Wege und Plätze, 6,3 Prozent auf Parks und Grünanlagen und 6 Prozent auf Wasserflächen.

Sehr viele Alleinerziehende

42,7 Prozent der Privathaushalte entfallen auf Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern. Auch da ist Bergeborbeck Spitzenreiter. Zum Vergleich: Am wenigsten Alleinerziehende (8,7 Prozent) leben in Byfang.

Stadtteil seit 1977

1977 wurde Bergeborbeck ein eigener Stadtteil. Bis dato gehörte es zum benachbarten Vogelheim.

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