Essen. Bergeborbeck wurde von Arbeit und Schwerindustrie geprägt. Wo heute das riesige Gewerbegebiet Econova ist, stand früher das Hüttenwerk von Krupp. Folge 36 unserer Stadtteil-Serie.
Wenn Rosemarie Kussau erzählt, dass sie in Bergeborbeck lebt, dann rümpfen manche die Nase. „Bergeborbeck ist halt meine Heimat“, sagt sie fast trotzig und bemängelt gleichzeitig, dass ihr Stadtteil gerne vergessen werde, jedenfalls von den Verantwortlichen in Politik und Stadtverwaltung. „Wir müssen schon laut schreien, um gehört zu werden“, ist die Rentnerin überzeugt. Deswegen hat sie sich dem Bürgerverein Bigwam (Bürgerinititiative gegen den wilden Automarkt) angeschlossen, der sich um die Belange der Bürger im nördlichen Essen kümmert. Die ärgern sich nicht nur über den europaweit größten privaten Autohandel entlang der Hafenstraße, sondern auch über wilde Müllhalden, verdreckte Grünanlagen und vieles mehr. „Wenn wir nichts tun, tut es sonst ja keiner“, sagt die 74-Jährige.
Seit ihrer Kindheit lebt die ehemalige Verkäuferin in Bergeborbeck, seit 1962 in ein und derselben Wohnung. „Hier war früher die Luft immer dreckig“, erinnert sie sich. War der Staub rot, dann kam der Wind von der benachbarten Zinkhütte, schwarzer Staub kam von der Zeche Amalie. Beide sind längst geschlossen, doch hart gearbeitet wird hier immer noch. Bergeborbeck ist und bleibt ein typisches Viertel der Arbeiter und kleinen Leute.
Das ist Essen-Bergeborbeck
Berne und Borbecker Mühlenbach durchziehen Bergeborbeck
„Natürlich haben wir als Kinder immer auf der Straße gespielt, am liebsten an der verbotenen Köttelbecke.“ Berne und Borbecker Mühlenbach durchziehen den Stadtteil, der wie kaum ein anderer in Essen von der Schwerindustrie geprägt wurde. Immer noch besteht der weitaus größere Teil der Fläche aus Gewerbegebieten, die sich entlang des Stadthafens angesiedelt haben.
Den Rundgang beginnen wir am Stadion an der Hafenstraße. „Das ist eigentlich der wichtigste Bau, für den Bergeborbeck berühmt ist. Viel mehr haben wir ja auch nicht“, sagt Rosemarie Kussau trocken.
Wenn sich an den Heimspieltagen der Stadtteil mit Rot-Weiss-Fans füllt, dann sei es ein bisschen wie früher, „als wir noch in der ersten Bundesliga spielten“. Im Gegensatz zu damals gibt es aber kaum noch die typischen Eckkneipen, in denen sich die RWE-Anhänger nach dem Spiel und die Malocher nach der Arbeit treffen konnten. „Dafür haben wir noch viele typische Trinkhallen.“ Die müssten eben reichen.
S-Bahnhof Bergeborbeck liegt in Bochold
Direkt hinter dem Stadion beginnt das Gewerbegebiet Econova: Wo vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Krupp-Hüttenwerk Borbeck eines der modernsten Zentren zur Edelstahlerzeugung stand, haben sich später mit der Aluhütte Trimet, dem Kranbauer Teichmann, dem Logistikunternehmen DHL namhafte Unternehmen angesiedelt.
Einladend ist das Gelände nur bedingt, und so wenden wir uns für einen Spaziergang dem kleinen Wohngebiet zu, das sich wie ein Appendix an das Industriegebiet anschließt. Auch hier ist Bergeborbeck weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick eine Schönheit. Die Mietskasernen aus der Nachkriegszeit sind einfach, schmucklos und grau, die Straßen meist baumlos. „Dafür haben wir unsere eigene Halde“, sagt Rosemarie Kussau und stapft den kleinen Weg voran, der von der Flandernstraße aus nach oben führt. Viel Ausblick gibt es nicht: Ein wenig sieht man von der Kirche St. Maria Rosenkranz, von der geriatrischen Klinik Haus Berge und dem S-Bahnhof Bergeborbeck. Der liegt allerdings in Bochold.
Hafen am Rhein-Herne-Kanal 1934 in Betrieb genommen
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Nicht alle Essener wissen es: Auch wir haben einen Stadthafen, der zum größten Teil in Bergeborbeck liegt. 1934 wurde er in Betrieb genommen; er ist für die Wirtschaft und Industrie ein wichtiger Umschlagplatz für feste und mineralische Brennstoffe, Mineralöl- und chemische Produkte, Steine und Erden sowie Eisen und Stahl. Von besonderer Bedeutung sind dabei auch recyclebare Güter. Der Stadthafen Essen umfasst insgesamt ein 1,4 Mio Quadratmeter großes Gelände am Rhein-Herne-Kanal. Er besteht aus einem Stichhafenbecken und einem Parallelhafen.
Typisch Bergeborbeck: Bigwam
Bigwam – so nennt sich die 2012 gegründete Initiative (190 Mitglieder), in der sich Bergeborbecker Bürger gegen den wilden Autohandel rund um die Hafenstraße engagieren. Damals war man über die passive Haltung der Stadt zu den Nöten und Ängsten der Bürger empört. Auch wenn die negativen Folgeerscheinungen des wilden Automarktes die Initialzündung für die Bürgerinitiative war, so kümmert sich Bigwam inzwischen um alle Belange und Probleme, die an sie herangetragen werden
Das Bergeborbeck-Wappen: Dreiberg und Wellenbalken
Das vom Heraldiker Kurt Schweder entworfene Wappen zeigt eine aufrechte rote Pferdepramme mit silbernen Kordeln, die über einem grünen Dreiberg, belegt mit einem silbernen Wellenbalken, schwebt.
Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung
Das Wappen ist ein sogenanntes „redendes Wappen“; der Dreiberg steht für „Berge-“ und der Wellenbalken für „-beck“ (Bach). Er bezieht sich auf den Borbecker Mühlenbach. Bergeborbeck entwickelte sich um den Rittersitz „op dem Berge“, der 1467 erstmals erwähnt wurde und die Pferdepramme im Wappen führte. Zu dem Rittersitz gehörte auch Haus Ripshorst.
Amtliche Statistik über Bergeborbeck:
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