Essen. . Schonnebeck bietet neben viel Natur auch Hingucker wie die markante Jugendhalle von Georg Metzendorf. Folge 35 der Stadtteil-Serie „60 Minuten in...“.
So viel ländliche Idylle vermutet man nicht in Essen-Schonnebeck: Aufgeregt schnatternd kommt uns eine Schar Gänse über die matschige Wiese entgegen, ein leises Wiehern und Schnauben dringt von der Weide am Schetters Busch, und am Tor des gleichnamigen Reiterhofes empfangen uns zwei freundlich mit dem Schwanz wedelnde Hunde. „Grün gibt es nicht nur im Süden der Stadt, sondern auch bei uns“, sagt Siegfried Brandenburg mit typischen Ruhrgebietsstolz in der Stimme, „schließlich liegt der größte Teil des Hallo-Parks in Schonnebeck.“
Brandenburg ist nicht nur Wirt des Freizeitheimes, Stadtteilpolitiker und Ratsherr, sondern, und das betont er gerne, ein richtig überzeugter Schonnebecker.
Aufgewachsen ist der 62-jährige „Siggi“ am Donatweg in Schonnebeck (zur Bildergalerie), in einer dieser klassischen Nachkriegs-Siedlungen, die in ganz Essen aufgrund der Wohnungsnot entstanden. Die Häuser des Siedlungsverbandes Katholische Familienhilfe waren von der Grundfläche zwar nur acht mal acht Meter groß, aber dafür waren sie erschwinglich. „Das Schönste war unser Riesengarten.“ Hier hielt die Mutter Hühner, Gänse und Kaninchen, hier wuchsen sämtliche Gemüse- und Obstsorten, die in diesen Gefilden gedeihen. „Für uns Kinder, und davon gab es wahrlich viele, war die Siedlung das Paradies“, schwärmt Brandenburg.
Das ist Essen-Schonnebeck
ECA-Siedlung für Bergleute
Das ist lange her: Heute sind die Straßen leergefegt, wirkt die Siedlung verschlafen. „Tatsächlich hört man hier das Gras wachsen“, versucht Brandenburg erst gar nicht, den Eindruck schönzureden. „Hier wird nur gewohnt, gearbeitet wird woanders.“ Das trifft auch auf die zweite große Schonnebecker Siedlung zu: Mit Mitteln des Marshallplanes bauten die US-Amerikaner Anfang der 1950er-Jahre rund 500 Ein- und Zweifamilienhäuser. Auf dem ehemaligen Land von vier Höfen, zwischen Hue- und Portendieckstraße, entstand für zehn Millionen Mark Wohnraum für Bergleute. Bis heute heißt die Siedlung ECA – die Abkürzung für Economic Cooperation Administration.
Inzwischen sind wir am Zentrum des Stadtteils angekommen: Für Alteingesessene ist der Karl-Meyer-Platz immer noch der Schonnebecker Markt. Schön ist diese große leere Fläche, eingerahmt von relativ unspektakulären Geschäftstshäusern, allerdings nicht. „Sie müssen mal zum Martinszug kommen, dann ist der Platz schwarz vor Menschen“, sagt Brandenburg, um gleich vom alljährlichen Marktfest und dem Zusammenhalt zu schwärmen. Lange haben die Schonnebecker für ihren Platz gekämpft, bis sich vor 25 Jahren ein Investor fand. „Hier gibt es einkaufstechnisch fast alles“, sagt Siegfried Brandenburg, „da geht es uns besser als manch anderem Essener Stadtteil.“
Mehr als 350 Jugendliche spielen bei der Spielvereinigung
Gleich neben dem Platz steht seit 1915 ein Schonnebecker Kleinod: Die Jugendhalle wurde von Georg Metzendorf entworfen und ist eine architekturgeschichtliche Rarität. Der schlichte Bau besteht mit Ausnahme des Fundamentes und des Daches aus Holz und ist komplett zerlegbar. „Sie diente uns Bürgern schon immer als Veranstaltungsstätte“, weiß der CDU-Ratsherr. Die ehemalige Oberbürgermeisterin Annette Jäger wurde hier geboren: Ihr Vater war Hausmeister in der Halle, die von den Nazis als Fremdarbeiterlager zweckentfremdet wurde. Heute ist dort ein Sport- und Gesundheitszentrum untergebracht.
Ein paar Geh-Minuten brauchen wir von dort bis zum stillgelegten Friedhof an der Matthias-Erzberger-Straße. „Viele Familienmitglieder der Albrechts liegen hier“, sagt Brandenburg und spielt damit auf die berühmteste Familie des Stadtteils an: die Albrechts, die den Aldi-Konzern gründeten und an der Huestraße ihren ersten Laden hatten.
Neben dem Friedhof befindet sich schließlich der ganze Stolz der Schonnebecker: der gepflegte Bolzplatz der Spielvereinigung Schonnebeck. „Jeden Stein der Tribüne haben wir selbst finanziert“, sagt Brandenburg, „wie das Klubhaus und den Imbiss-Stand.“ Der erfolgreiche Verein wird auch die Zukunft Schonnebecks sichern, ist Brandenburg überzeugt: „Mehr als 350 Jugendliche trainieren bei uns.“
Schonnebeck: Stadtteilwappen, SpVg und die Aldi-Keimzelle
Das Stadtteilwappen: Der Name Schonnebeck leitet sich von „schöner Bach“, „schöne Becke“ ab. Darauf deutet der gelbe Wellenbalken im von Kurt Schweder entworfenen Wappen hin. Die Pferdeprame und der Stern sind aus dem Wappen der Herren von der Porten zu Dyc, die im erstmals 1242 erwähnten Schonnebeck ihren Gutssitz hatten. Bis 1808 gehörte Schonnebeck zur neugegründeten Bürgermeisterei Altenessen, 1874 wurde aus dieser die neue Bürgermeisterei Stoppenberg ausgegliedert, an die Schonnebeck fiel. Diese Zugehörigkeit blieb bis zur Eingemeindung 1929 bestehen.
Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung
Typisch Schonnebeck: Die Schonnebecker haben ein Aushängeschild, auf die viele andere Stadtteile mit Neid schauen: Die Spielvereinigung Schonnebeck gehört zu den erfolgreichsten Fußballvereinen in der Stadt. Das liegt an der guten Arbeit, die der Verein leistet, wie auch an der Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer. Herausgekommen sind: ein perfekter Kunstrasenplatz, eine schicke, überdachte Tribüne, die die Schonnebecker selbst finanziert haben, und ein aktueller zweiter Platz in der Oberliga Niederrhein.
Keimzelle des Aldi-Imperiums: Nichts deutet darauf hin, dass sich hinter der braun verklinkerten, unscheinbaren Fassade der Aldi-Filiale auf der Huestraße 89 die Keimzelle des heutigen Imperiums verbirgt: Hier führte Karl Albrecht, der Vater der später so erfolgreichen Albrecht-Brüder, in den 1920er-Jahren das erste Geschäft als Vorläufer der Aldi-Märkte. Von dem Kaufmann F.W. Judt hatte Albrecht das „Kaufhaus“, ein Kolonialwarengeschäft, an der damaligen Mittelstraße 89 übernommen. „Aldi I“ nennt Siegfried Brandenburg, CDU-Ratsherr für Schonnebeck und Vorsitzender der örtlichen Kaufmannschaft, die Filiale, die vor sechs Jahren kurz vor der Schließung stand. Das konnten die Schonnebecker Geschäftsleute mit vereinten Kräften verhindern. Am liebsten würde Brandenburg an der Stelle des heutigen Marktes ein Museum oder eine ähnliche Einrichtung sehen, die der historischen Bedeutung des Unternehmens gerecht wird. Doch Aldi ist ein sehr nüchternes Unternehmen, und bislang stieß er mit diesem Vorschlag bei den Verantwortlichen auf taube Ohren. „Das würde dem Stadtteil gut tun und Touristen nach Schonnebeck locken“, glaubt er.
Amtlich Statistik zum Stadtteil Schonnebeck:
Schonnebeck in Zahlen
Essener Stadtteile: alle Folgen, alle Bildergalerien, historische Luftbilder
- zum Spezial zur Stadtteil-Serie
- zur Übersicht aller Stadtteil-Bildergalerien
- Folge 48: Huttrop / Folge 47: Bedingrade / Folge 46: Ostviertel / Folge 45: Freisenbruch / Folge 44: Stadtkern / Folge 43: Frintrop / Folge 42: Borbeck / Folge 41: Fulerum / Folge 40: Überruhr / Folge 39: Steele / Folge 38: Bochold / Folge 37: Westviertel / Folge 36: Bergeborbeck / Folge 35: Schonnebeck / Folge 34: Gerschede / Folge 33: Katernberg / Folge 32: Bergerhausen / Folge 31: Frillendorf / Folge 30: Stadtwald / Folge 29: Burgaltendorf / Folge 28: Südostviertel / Folge 27: Margarethenhöhe / Folge 26: Heidhausen / Folge 25: Haarzopf / Folge 24: Altendorf / Folge 23: Stoppenberg / Folge 22: Werden / Folge 21: Holsterhausen / Folge 20: Dellwig / Folge 19: Rellinghausen / Folge 18: Horst / Folge 17: Südviertel / Folge 16: Rüttenscheid / Folge 15: Byfang / Folge 14: Schuir / Folge 13: Karnap / Folge 12: Bredeney / Folge 11: Fischlaken / Folge 10: Kray / Folge 9: Leithe / 8: Nordviertel / 7: Kettwig / 6: Frohnhausen / 5: Altenessen / 4: Kupferdreh / 3: Vogelheim / 2: Schönebeck / 1: Heisingen
- Rankings: Essener Stadtteile im statistischen Vergleich
- zur Galerie mit allen Essener Stadtteil-Wappen
- zum Spezial mit Luftbildern von den Essener Stadtteilen, aufgenommen 1926