Essen. . Obwohl große Straßen Bergerhausen durchziehen und früher die Industrie dominierte, gibt es mit dem Walpurgis- und dem Siepental viel Ruhe und Grün. Folge 32 unserer Stadtteil-Serie „60 Minuten in...“.
Dass Bergerhausen zu Recht den Berg in seinem Namen trägt, merkt man bereits auf den ersten hundert Metern, die wir die Rellinghauser Straße hinunterlaufen. „Früher endete hier die Tram“, erzählt Altfrid Norpoth und zeigt auf das alte Gebäude, das von der Zeche Ludwig übriggeblieben ist. Zu steil war die Straße, die ‘runter zur Ruhr führte. Erst 1928, mit dem Bau der Rellinghauser Straße, konnte die Straßenbahn bis nach Rellinghausen fahren.
Begonnen haben wir unseren Spaziergang dort, wo Altfrid Norpoth seit mehr als 34 Jahren in der Gemeindearbeit aktiv ist: Die katholische St. Hubertuskirche richtet an diesem Wintertag ihre verbrannte Turmspitze wie einen mahnenden Finger in den blassblauen Himmel. Vor zwei Jahren schlug dort der Blitz ein und der zweithöchste Kirchturm Essens verlor durch den ausgelösten Schwelbrand fünf Meter. Nur der engagierte Einsatz vieler Gemeindeglieder verhinderte Schlimmeres.
Hubertuskirche auf der Stadtteilgrenze gebaut
„Übrigens wurde die Hubertuskirche nicht, wie sonst üblich, in der Ortsmitte gebaut, sondern genau auf der Grenze zu zwei anderen Stadtteilen“, berichtet der 66-Jährige, der Zeit seines Lebens hier wohnt. Dabei verschweigt er nicht, dass Bergerhausen (zur Bildergalerie) eigentlich gar kein Zentrum besitzt. Nur eine geografische Mitte, die von historischer Bedeutung ist: Am Krausen Bäumchen, der einstigen Zinsgrenze zwischen dem Essener und Rellinghauser Stift, steht heute ein Wegekreuz.
Zum Krausen Bäumchen sind wir durch die lang gezogene Weserstraße gelangt, die die Rellinghauser Straße mit der Ruhrallee verbindet. Dort finden sich ein paar Überbleibsel aus der Zeit, als die Kohle schwarzes Gold genannt wurde: Eine Reihe von hübsch renovierten Zechenhäusern steht noch an der Elbestraße. Ein paar Meter weiter stoßen wir auf ein anderes Zeugnis: Eine Gedenktafel erinnert an ein 1942 erbautes Zwangsarbeiterlager der Firma Krupp.
Das ist Essen-Bergerhausen
Zwei Täler sind die eigentliche Attraktion des Stadtteils
„Eigentlich wurde der Stadtteil durch Bergbau und Industrie geprägt“, weiß Norpoth, „drumherum entstanden dann nach und nach die Wohnsiedlungen.“ An den Lionsweg oder an der Weserstraße zogen vor allem Polizisten und Postler, Lehrer und Finanzbeamte. So beschaulich und bürgerlich erscheint Bergerhausen immer noch. Ob an der Billebrinkhöhe, der Pregelstraße oder der Weichselstraße – überall wechseln sich schmucke Ein- und Mehrfamilienhäuser ab, gibt es gepflegte Vorgärten, verkehrsberuhigte Zonen und viel Grün. Dass liegt nicht nur an den Kleingartensiedlungen, die sich zwischen den Wohnhäusern breit gemacht haben. Es sind vor allen die beiden Täler, die die eigentliche Attraktion des Stadtteils sind: Das langgestreckte Siepental, das sich von der Töpferstraße bis zur Ruhr zieht und das waldreiche Walpurgistal sorgen mit ihren schönen Spazierwegen für stadtnahe Erholung und für Ruhe.
Das erstaunt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die viel befahrene Ruhrallee, die ebenfalls vierspurige Töpferstraße und die A52 nicht weit entfernt sind. Für den Bau der Autobahn verschwanden die letzten landwirtschaftlich genutzten Flächen. „Bis in die 1960er-Jahre gab es in Bergerhausen noch viele Wiesen, Bäche, und Tümpel“, erinnert sich Norpoth, „dort haben wir als Kinder Heuschrecken und andere Krabbeltiere gefangen.“
Mittlerweile sind wir an der letzten Station unseres Rundweges angekommen, die für den Katholiken Altfrid Norpoth eine besondere ist: Wo früher die katholische St. Raphaelkirche stand, entstehen jetzt schicke Eigentumswohnungen. „Die Entscheidung, das Gotteshaus aufzugeben, war sehr schwer aber im nachhineinrichtig“, ist Norpoth überzeugt, „denn nur so ist unsere Gemeinde auch für die Zukunft gerüstet.“
Bergerhausen: Statistik, Wappen und ehemalige Dinnendahl’sche Fabrik
Das Stadtteilwappen von Bergerhausen: 943 wurde Bergerhausen zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Damals belegte die Familie Vittinghoff-Schell auf Schloss Schellenberg das Bergerhauser Schymanns Gud mit einer Erbrente. Im 16. Jahrhundert taucht Bergerhausen im Pachtbuch der Abtei Werden auf. Die aus einzelnen Kotten und Weilern zusammengesetzte, ehemalige Bauerschaft war noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ländlich geprägt. Das Wappen ist eine Namensanspielung und zeigt ein Fachwerkhaus auf einem Dreiberg. Hammer und Schlegel deuten auf den Erzbergbau hin (zur Bildergalerie mit allen Stadtteilwappen).
Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung
Die ehemalige Dinnendahl’sche Fabrik: Ein Stück Industriegeschichte wartet am Ende des Bergerhauser Siepentales unweit der Ruhr: Von der ehemaligen Dinnendahl’schen Fabrik an der Kunstwerkerstraße ist noch die sehr ansehnliche Fassade der Maschinenhalle stehen geblieben. Dort gibt es nun schicke Loft-Wohnungen. Der Essener Franz Dinnendahl (1775-1826) war ein genialer Erfinder. Seine Dampfmaschine zur Wasserhebung stellte eine Revolution dar, weil sie den Tiefbau erst möglich machte – vorher war das Einbrechen von Grundwasser in die Schächte ein schwer lösbares Problem.
Der lange Streit um die Ruhrallee: Eine der großen Essener Verkehrsachsen führt durch Bergerhausen und teilt den Stadtteil: Die vierspurige Ruhrallee gehört zudem zu den meistbefahrenen Straßen der Stadt. Jahrelang stritten die Bergerhauser Bürger hitzig über eine mögliche Untertunnelung, die Straßen NRW anvisierte, um die A44 an die A52 anzubinden. Besonders die Gegner des Tunnels formulierten lautstark ihren Widerstand. Dann zog die Landesregierung 2011 die Pläne eines Tunnels zurück – sie waren schlichtweg zu teuer.
Amtlich Statistik zum Stadtteil Bergerhausen:
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