Essen. Ausgedehnte Grünflächen und ein romantisches Tal – Essen-Bedingrade ist mittlerweile ein sehr beliebtes Wohngebiet. Mitten im Stadtteil steht als Landmarke der Frintroper Wasserturm. Folge 47 unserer Stadtteil-Serie “60 Minuten in...“.
Für Anne und Heinz Maaßen ist Bedingrade vor allen Dingen eines: grün. Das beginnt schon am Haus der Familie auf der Bergheimer Straße. Von vorne eher unscheinbar, verbirgt sich hinter dem Geburtshaus von Heinz Maaßen ein riesiger Garten, der an den Sportplatz von Adler Union Frintrop angrenzt. Durch die Büsche sieht man die Silhouette des Frintroper Wasserturms, in dessen Schatten der 59-Jährige aufgewachsen ist. „Das ist unser kleines Paradies“, sagt er. Eine hölzerne Laube, Sandkasten, Schwimmbecken, Hollywoodschaukel und diverse Sitzplätze sind über die Rasenfläche verteilt. Die Nachbarn rechts haben noch eine Schüppe draufgelegt und sich einen großen Pool gebaut, drumherum stehen schicke Loungemöbel, die zum Fläzen einladen: So sieht Dolce Vita in Bedingrade aus.
Heinz Maaßen ist ein echter Bedingrader Junge, der mit drei Geschwistern und zahlreichen Cousins und Cousinen, die mit in dem Mehrfamilienhaus lebten, groß geworden ist. „Wir waren quasi eine Fußballmannschaft“, sagt er. Zum Spielen ging man auf die Straße oder in den Lunapark, später dann wurde bei Union Frintrop gekickt. Alle männlichen Maaßens waren Kruppianer, schon der Urgroßvater, der das Haus 1906 kaufte, hat, wie sein Urenkel Heinz, bei Krupp gelernt.
„Bredeney des Nordens“
So viel Verbundenheit zur Stadt und zum Stadtteil prägt: Deswegen kann sich Heinz Maaßen nicht vorstellen, irgendwo anders zu wohnen. „Hier vorne ist der älteste Zweiradladen von Bedingrade“, sagt er, als wir den Rundgang beginnen. Die Familie van Buer betreibt ihn bereits seit 1950 am gleichen Standort auf der Schloßstraße. „Zündapp“ steht in altmodischen Lettern auf der Hauswand. An der nächsten Ecke treffen sich lebenslustige Rentner in der Gaststätte "Zum scharpen Eck" am Kreyenkrop und trinken ihr erstes Bier. Die Straßen wirken ruhig, die gleichförmigen Allbau-Wohnblöcke sind versetzt angeordnet mit viel Grün drumherum. Ein Stück weiter dann stehen wir vor dem Wahrzeichen des Stadtteils, das seltsamerweise nicht Bedingrader sondern Frintroper Wasserturm heißt. „Da würde ich gerne mal reinschauen“, sagt Maaßen.
Das ist Essen-Bedingrade
Von hier sind es nur ein paar Schritte über die Frintroper Straße, dann die Bedingrader Straße runter und schon führt der Weg vorbei an Feldern und Wiesen. Dass Bedingrade (zur Bildergalerie) in der Vergangenheit eine Bauernschaft war, lässt sich nicht leugnen. Auch nicht, dass der westliche Stadtteil inzwischen eine begehrte Wohngegend ist, den manche als „Bredeney des Nordens“ bezeichnen. Schmuck sind die großen Einfamilienhäuser, teuer die wenigen noch unbebauten Grundstücke, die auf dem Weg zum Hexbachtal liegen.
„So oft wir Zeit haben, kommen wir hierher“, erzählt Anne Maaßen, als wir auf den schmalen Fußweg einbiegen, der das Naturschutzgebiet durchquert.
Kleine Wasserläufe plätschern am Wegesrand des Siepentales, das die Grenze zwischen Bedingrade und Mülheim-Dümpten bildet. Immer wieder mussten die Bürger ihr Tal gegen Pläne der Stadt verteidigen: 1978 wollte man die A31 durchs Tal bauen, später Gewerbe ansiedeln, dann eine Umspannanlage einrichten. Selbst ein Gefängnisbau stand zur Diskussion. Doch die Bedingrader liefen Sturm. Sie vereitelten alle hehren Vorhaben und halfen so, dieses urwüchsige Stück Natur zu erhalten.
Der Steenkamp Hof, ein bäuerliches Denkmal
Es ist ein besonderes Denkmal, das sich am Reuenberg befindet: Auf dem Steenkamp Hof können Besucher erfahren, wie bäuerliches Leben in Bedingrade im 19. und 20. Jahrhundert aussah. In dem 1786 errichteten Längsdielenhaus ist durch die Aufteilung in Stall- und Wohnteil das enge Zusammenleben von Mensch und Tier in früherer Zeit erkennbar. Die Geschichte der Familie Kleine Steinkamp, die den Hof bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges bewirtschaftete, ist in einer der oberen Kammern dokumentiert. Im Nebengebäude sind landwirtschaftliche Geräte ausgestellt.
Das Stadtteilwappen: Pflug auf grünem Schild
Die Bauerschaft Bettingrath wurde im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Hier sind die alten Höfe Heuckes, Grafschmidt, Paus, Kirchmann und Grote bekannt. Zeitgleich tauchte der Stadtteil auch unter dem Namen „Batingrotha“ auf – gedeutet wird „Bating“ als Familienname, „rotha“ als Begriff für Rodung. Da nach der Rodung der Pflug kam, schlägt sich der alte Name im Wappen nieder, wo ein Pflug auf grünem Schild gezeigt wird. Von 1808 bis 1915 gehörte Bedingrade zur Bürgermeisterei Borbeck, ehe die Eingemeindung im Jahr 1915 erfolgte.
Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung
Der Frintroper Wasserturm
Im Oktober 1896 wurde im Auftrag der Firma Thyssen mit dem Bau des Wasserturmes begonnen. Die Fertigstellung erfolgte ein Jahr später. Der Turm ist 44,15 Meter hoch. Der Speicherbehälter aus Stahl fasst rund 1 Million Liter Wasser. Das fließt nicht nach Essen, sondern versorgt die Nachbarstädte Bottrop, Gladbeck und Dorsten. Warum der unter Denkmalschutz stehende Turm, der bis heute in Betrieb ist, im Volksmund Frintroper Wasserturm heißt, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.
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