Bottrop. Auf der Gastromeile wird mit einem bunten Programm samt Steigerlied-Singen an Bottrops Vergangenheit als Kohle-Stadt gedacht. Was geplant ist.
Besondere Bergbau-Stelen in der Fußgängerzone, die Ehrengarde von Prosper-Haniel und das Steigerlied – eine ganz besondere Veranstaltung zur Erinnerung an Bottrops 162-jährige Vergangenheit als Kohle-Stadt ist auf der Gastromeile geplant. „Und das wurde auch mal Zeit“, findet Jojo Eiweleit, Wirt aus dem König Pilsener Bierhaus. „Wir müssen den Menschen, die so viel für unsere Stadt getan haben, jetzt zeigen: Wir haben euch nicht vergessen.“
Grubennacht-Ideengeber: „Der Bergbau hat uns viel gegeben“
Und das wollen sie in diesem Jahr, erstmals auf der Bottroper Gastromeile. Allen voran Eiweleit, der als Ideengeber hinter dem Projekt steht. Den Impuls dazu hatte er bei einem Fußballspiel. „Die Blauen (FC Schalke 04, Anm. d. Red.) zeigen uns, wie man den Bergbau vernünftig ehrt. Es gibt regelmäßige Events, man ist stolz auf seine Kumpels und singt gemeinsam vor Anpfiff das Steigerlied – so laut es geht.“
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Diese Erfahrung hat der Schalke-Fan zum Anlass genommen, selbst ein Fest auf der beliebten Ausgehmeile in Bottrop anzustoßen. Dazu hat er sich an Simone Ruhrberg und Dirk Helmke von der IG Rathausviertel gewandt. Eiweleit konnte die Interessengemeinschaft, die auch die regelmäßige Kneipennacht veranstaltet, von der Idee überzeugen, freut er sich.
„Vor allem, weil es sehr wenige Veranstaltungen zum Kohle-Aus in der Umgebung gibt. Das ist einfach schlimm“, findet er, „denn der Bergbau hat uns viel gegeben. “ Da sei es normal, dass man einfach mal daran erinnert. „Fast jeder Bottroper hat jemanden in der Familie oder seinem Bekanntenkreis, der unter Tage war oder – in welcher Form auch immer – von den Zechen profitiert hat. Heute fährt man durch das Ruhrgebiet und stellt fest: Die Kohle fehlt einfach.“
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Für Eiweleit ein Grund, dem Trend mit einer würdigen Veranstaltung entgegen zu wirken und dabei die Art der Kumpels, die ihn besonders geprägt hat, herauszustellen: „Heute ist das Miteinander gefühlt immer schwieriger, manche denken nur noch an sich. Da möchten wir einfach mal wieder an die einzigartige Mentalität der Bergleute erinnern. Hautfarbe, Herkunft, Alter – das war alles egal, denn aufm Pütt musste man sich auf einander verlassen. Und am Ende der Schicht hat man sich gegenseitig gebuckelt (den Rücken gewaschen, Anm. d. Red.). All das möchten wir anerkennen und daran erinnern.“
Erste Bottroper Grubennacht: Das Programm
Konkret starten wird der Gedenktag am 6. Jahrestag der Schließung der Zeche Prosper-Haniel, die in einem offiziellen Festakt am 21. Dezember 2018 stattgefunden hat. Das Datum ist dabei ganz bewusst gewählt: „Wir wollen diesen Tag, der eigentlich ein trauriger ist, mit etwas Positivem besetzen. Deshalb feiern wir an ihm einfach unsere Bergleute und ihre Geschichte.“
Ab 16 Uhr wird daher gemeinsam mit der Ehrengarde Prosper-Haniel, die als Mitveranstalter tief in die Planungen involviert ist, rund um den Bergmann „Anton“, der in der direkten Nähe zum Rathaus als Statue an die Geschichte erinnern soll, das Steigerlied angestimmt. Dafür soll der Toilettenwagen des Weihnachtsmarkts, der wohl aus baulichen Gründen fast auf den Füßen des Bergmann aus Bronze stehen muss, weggeschoben werden, um der Aktion Raum zu bieten. Die Statue war ein Geschenk der RAG-Stiftung zur Zechenschließung. Sie wurde nach einem Entwurf der verstorbenen Bottroper Künstlerin und Kulturpreisträgerin Bernhardine Lützenburg angefertigt.
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Nach dem emotionalen Start, dem auch Oberbürgermeister Bernd Tischler, der von der Idee begeistert ist, beiwohnen wird, zieht der Trupp die Luise-Hensel-Straße entlang zur Gastromeile. Dort sind weitere Redebeiträge, aber auch gemeinsame Gesangsrunden geplant. Der Musiker Heiko Fänger wird Weihnachts- und „Grubenlieder“ singen, darunter natürlich abermals das Steigerlied. Auf der Gastromeilen-Bühne werden dann auch Jürgen Pluta und seine „Kumpelzz“ auftreten, die am selben Tag auch ein ausverkauftes Konzert für den guten Zweck in der Kultkneipe Hürter geben. Für ein Zusatztermin einen Tag später sind noch wenige Tickets erhältlich.
Bergbau-Geschichte: Stehlen geben Einblick in Historie
Ruhrpott-Kultur gibt es auch in der Galerie-7. Dort wird Renate Kraft-Mysliwietz, Mitglied des Künstlerbunds, bereits ab 13 Uhr aus ihrem Kinderbuch „Glück auf, Kumpel“ vorlesen. Außerdem kann man entlang der Gastromeile auch viel über Bottrops Bergbau-Geschichte erfahren. Spezielle Stelen mit historischen Fotos sollen die Geschichte der Bottroper Zechen erzählen. Hierbei hat Stadtarchivarin Heike Biskup tatkräftig unterstützt.
An einem Stand der Ehrengarde und am Fashiontruck der Grubenhelden gibt es Kleidung und Souvenirs passend zum Thema. Selbstredend erstrahlt auch das König Pilsener Bierhaus in Bergbau-Stil, wie Eiweleit, der das Lokal mit seiner Partnerin Lisa Minney führt, ankündigt. Von Grubenlampen bis zur Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, wird alles zu finden sein. Darunter übrigens auch ein ganz besonderes Stück: ein gusseiserner Bergmann, den Michael Gerdes, SPD-Politiker und Mitglied des Bundestags, dem Bierhaus für die Grubennacht ausleiht.
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Noch vor der Premiere ist für die Beteiligten übrigens klar: Es soll eine neue Bottroper Tradition werden, gemeinsam feierlich an die Geschichte zu denken und „sie zu ehren“, wie Eiweleit findet. Er fordert sogar: „Der Jahrestag der Zechenschließung sollte ein gesetzlicher Feiertag werden!“