Bottrop. Fünf Jahre nach dem Ende des Bergbaus in Bottrop laufen die Planungen für die Nachnutzung der Flächen. Das geht nicht so schnell wie erhofft.
Fünf Jahre vor dem Ende des Bergbaus in Bottrop waren sich die Städte Bottrop und Essen einig mit dem Land und der RAG: Eine solche Mammutaufgabe wie die Entwicklung der ehemaligen Bergbauflächen bekommen wir nur gemeinsam gestemmt. So entstand das Megaprojekt „Freiheit Emscher“ für die Flächen im Bottroper Süden oder im Essener Norden. Fünf Jahre nach dem Ende des Bergbaus soll die Entwicklungsgesellschaft Freiheit Emscher (FEEG) beginnen mit der Vermarktung der Flächen. Eines von vielen Problemen: Viel Fördergeld ist da, aber viele Flächen sind noch nicht verfügbar. Und die größte Bottroper Bergbaufläche liegt gar nicht im Projektgebiet. Ein Überblick über den Stand der Planungen, sortiert nach Flächengröße.
Bergwerk Franz Haniel (38 Hektar)
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Das Gelände des ehemaligen Bergwerks Franz Haniel an der Fernewaldstraße ist mit 38 Hektar die größte Einzelfläche, die neu entwickelt wird. Unter Denkmalschutz stehen der Doppelbock-Fördertum und einige Nebengebäude. Sowohl für die Bergwerksfläche als auch für die neuen Straßen ist je ein Bebauungsplan in Arbeit. Zum Glück: So könnte es gelingen, Mittel aus dem EU-Strukturwandelprogramm „Just Transition Fund“ (JTF) dort für die Erschließung sinnvoll einzusetzen. Die großen Nutzer der künftigen Gewerbeflächen sind schon ausgewählt: Deichmann und RKK Wellpappe. sollen zusammen rund 25 Hektar bekommen – die Verträge sind allerdings noch nicht unterzeichnet.
Welheimer Mark (20 Hektar)
Rund um das Klärwerk der Emschergenossenschaft auf 20 Hektar in der Welheimer Mark sind Flächen zum Teil schon jetzt verfügbar. Hier soll der Gewerbepark mit dem Arbeitstitel „Welheimer Wasser-Mark“ entstehen. Die Idee: „Analog des Pilotprojekts der Emschergenossenschaft, grünen Kraftstoff auf Basis von CO₂ und Wasserstoff herzustellen, soll der Standort Firmen die Möglichkeit bieten, aus den in der Kläranlage entstehenden (Abfall-)Produkten zukunftsorientierte und innovative nachhaltige Produkte zu erzeugen.“
Außerdem soll auf den Flächen ein großes Stück des „Gewerbeboulevards“ entstehen, mit dem die Flächen im Bottroper Süden und Essener Norden vernünftig für den Verkehr erschlossen werden. Nach jetzigem Stand wird er nicht auf einer eigenen Trasse gebaut, sondern auf der dann erheblich verbreiterten Straße „In der Welheimer Mark“, sagt Planungsamtsleiterin Christina Kleinheins. „Flächen dafür haben wir zum Glück reichlich.“
Auf dem Gelände der ehemaligen Kohle-Öl-Anlage hat die RAG ebenso Flächen reserviert für eine Grubenwasseraufbereitung wie auf Prosper II. Die braucht sie womöglich, wenn das Wasser aus den Grubengewölben unter Bochum, Essen und Bottrop nicht wie geplant untertage von selbst Richtung Lohberg fließt, wo es in den Rhein eingeleitet werden soll. Dann müsste das Wasser auf Zollverein in Essen hochgepumpt und am Schrägschacht durch vorbereitete Rohre wieder in die Gewölbe von Prosper II gepumpt werden. Bis klar ist, ob dieser Plan funktioniert, können diese Flächen nicht für „Freiheit Emscher“ verplant werden.
Sturmshof (20 Hektar)
In den Planungen für „Freiheit Emscher“ spielt der Sturmshof, die ehemalige Kohlenlagerfläche an der Stadtgrenze zu Essen, eine prägende Rolle. So soll das dort irgendwann mal aussehen: „Auf Sturmshof entsteht ein attraktiver Standort der Zukunft mit wissensorientiertem Gewerbe, Dienstleistungen und Start-ups sowie Gastronomie, Kultur- und Freizeitangeboten an einer neuen Kanalpromenade. In diesem urbanen Umfeld rücken Arbeit und Freizeit näher zusammen und bilden die Basis einer produktiven Stadt.“
Eine schöne Vision, die aber auf unsicherem Grund steht. Nicht aus der Bergbauvergangenheit, sondern aus der Zeit als Hafengelände stammen instabile Bodenmassen. Mit Geldern aus dem JTF soll hier sichererer Baugrund entstehen. Und auch hier wird der Gewerbeboulevard wohl nicht über die ursprünglich geplante Trasse gebaut werden können.
Prosper II (16 Hektar)
Auf dem 16 Hektar großen Gelände von Prosper II zwischen Knappen- und Prosperstraße läuft der Abriss der alten Gebäude. Die RAG beginnt die dritte und letzte Rückbauphase, sagt Projektingenieur Robert Bures. Er rechnet damit, dass die RAG damit Ende 2025 fertig sein wird. Doch dann kann die Stadt nicht sofort loslegen: Die Entlassung aus der Bergaufsicht steht nach aktuellen Schätzungen erst 2027/28 an. Das wird zu spät sein für die EU-Fördermillionen des JTF. Diese Fördergelder können nur fließen in Projekte, die bis 2026 zu großen Teilen fertig werden.
Auch auf Prosper II hat die RAG fünf Hektar Fläche für die Grubenwasseraufbereitung reserviert, sagt die Planungsamtsleiterin: „Aber die haben wir in Verhandlungen etwas aus dem Weg räumen können.“ Das macht im Wortsinn den Weg frei für die Umwelttrasse, die hier entstehen soll. Die ist allerdings vom ersten Spatenstich noch sehr weit entfernt. Vorerst ist zu klären, welches Nahverkehrsmittel die Menschen auf dieser Trasse schnell und klimaneutral befördern soll. Christina Kleinheins: „Von der Straßenbahn bis zur Seilbahn ist hier noch ganz Vieles in der Diskussion.“
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Noch so ein Standort mit extremem Potenzial, schwärmen die Planer. Ihre Vision: „Im direkten Umfeld von Prosper II befinden sich historische Denkmäler, aber auch Freizeitattraktionen wie Tetraeder und Alpincenter. Dieses Angebot wird entlang der Umwelt-Trasse durch einen Gewerbemix aus Kreativ- und Freizeitwirtschaft erweitert. Ergänzend sind offene Werkstätten und Showrooms vorgesehen. Parzellengrößen von 4.400 bis 10.500 Quadratmetern sind geplant. Für die östlich gelegenen Flächen Richtung Kokerei ist eine Ansiedlung von Produktionsbetrieben denkbar. Die Flächengrößen liegen zwischen 9.000 und
12.000 Quadratmetern.“
Wohl vom Tisch ist auf Prosper II der geplante Autobahnanschluss „Lichtenhorst“ an die A42. Stattdessen setzt Dezernent Klaus Müller auf einen anderen Autobahnanschluss: Wenn die B224 zur A52 ausgebaut wird, soll sie die Anschlussstelle „Sturmshof“ bekommen.
Schacht 9 (Grafenwald, 7,1 Hektar)
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In Grafenwald hat der Bergbau bereits die ehemalige „Bereitschaftssiedlung“ hinterlassen, dazu entsteht auf dem Gelände von Schacht 9 am Vossundern eine gemischte Fläche für Wohnen und verträgliches Gewerbe. Nach dem Ende des Bergbaus hatten die Planer wegen der Knappheit von Gewerbegebieten dort vor allem Gewerbe ansiedeln wollen. Im Streit um die städtischen Neubaupläne am Heimersfeld hatte Oberbürgermeister Bernd Tischler vorgeschlagen, am Vossundern statt am Heimersfeld den dringend benötigten Wohnraum zu planen. Auf knapp 1,9 Hektar soll dort jetzt auch Wohnraum entstehen, das Bebauungsplanverfahren läuft.
Schacht 10 (Kirchhellen, am Ende 0 Hektar)
Rückbau bis zur Grasnarbe: Dazu hat sich die RAG am Schacht 10 am Alten Postweg verpflichtet. Die Rückbauverpflichtung gibt es weiterhin. Doch nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine seit 2022 und der Ankunft der Ukraine-Flüchtlinge hat die Stadt ein Angebot der RAG angenommen,
. Bis zu 150 Menschen kann die Stadt dort unterbringen. Eine Taxibuslinie sowie gespendete Fahrräder sollen den Menschen den Weg in die Kirchhellener Dorfmitte erleichtern.