Bottrop. Der Bergbau ist in Bottrop Geschichte. Die Ehrengarde Prosper-Haniel bietet Führungen im Malakoffturm an, um Brauchtum lebendig zu halten.
„Ein Turm mit Vergangenheit und Zukunft“ steht am Eingang des Bottroper Malakoffturms geschrieben. Schon von der Einfahrt an der Knappenstraße zu sehen, ragt der Förderturm der ehemaligen Schachtanlage Prosper II in die Höhe. Neben der alten Waschkaue, in der heute die Eloria-Erlebnisfabrik ihr Zuhause gefunden hat, steht der Turm inmitten einer Brachfläche, die an die beendete Geschichte des Bergbaus in der Stadt erinnert.
Dass hier viel Melancholie in der Luft liegt, merkt man sofort beim Eintritt in den Malakoffturm, wie der Förderturm mit festungsähnlicher Architektur genannt wird. „Es ist unser zweites Zuhause“, sagt Wolfang van Haaren. Er ist Vorsitzender der Ehrengarde Prosper-Haniel, einem Verein ehemaliger Mitarbeiter und Bergleute des Bergwerks Prosper-Haniel. Seit 2018 ist dort Schicht im Schacht und der Bergbau ein für alle Mal Geschichte.
Brauchtum bewahren: „Der Bergbau hat das Ruhrgebiet groß gemacht“
Damit die Geschichte des Bergbaus in Bottrop nicht in Vergessenheit gerät, hat es sich die Ehrengarde zur Aufgabe gemacht, die bergmännischen Traditionen zu bewahren. „Der Bergbau hat das Ruhrgebiet groß gemacht und hatte enorm viel Einfluss auf die Entwicklung der Stadt. Deshalb liegt uns der Bergbau sehr am Herzen“, sagt Wolfgang van Haaren. Auch die persönlichen Verbindungen und Erfahrungen, die er und seine Kumpel auf Prosper-Haniel gemacht haben, erklären die immer noch brennende Leidenschaft für den Bergbau in der Stadt.
Um die Brauchtümer des Bergbaus zu bewahren und interessierten Menschen alles über den Bergbau und die Kohleförderung zu erklären, bieten die ehemaligen Kumpel regelmäßig Führungen an im Malakoffturm, der von der Stiftung Denkmalpflege instand gehalten wird. „Der Förderturm war früher der Dreh- und Angelpunkt von Prosper-Haniel. Wir sind froh, dass er erhalten bleibt und die Reste des Bergbaus zeigt.“ Denn übrig geblieben ist von Prosper-Haniel und dem Bergbau-Kapitel der Stadt nicht viel. „Nach dem Rückbau ist hier nicht mehr viel geblieben. Der Malakoffturm ist aber zum Glück denkmalgeschützt“, sagt er.
Jede Woche bietet die Ehrengarde Führungen durch den Malakoffturm an
Für sich behalten wollen sie den Turm dabei aber nicht. Im Gegenteil: „Wir bieten jeden Donnerstag Führungen an, bei denen wir alles über den Bergbau erzählen und hier zeigen.“ Von 14 bis 17 Uhr werden die Führungen angeboten und ermöglichen den Besuchern einen Blick über das Ruhrgebiet. Denn dank der guten Instandhaltung des Turms dürfen die Mitglieder der Ehrengarde mit den Besuchern bis auf Höhe der ersten Seilscheiben hinaufsteigen.
„Der Turm bekam während der Nutzung im Laufe der Jahre immer mehr Schräglage und wurde dann mit einem Stahlgerüst stabilisiert. Die Seilscheiben mussten ja Tag für Tag riesige Mengen Gewicht befördern und der Turm diesen Kräften standhalten“, erklärt Wolfgang van Haaren. Über die verschiedenen Arten der Kohlegewinnung, diverse Werkzeuge und Maschinen, die komplexe Fördermaschine der Zeche, die Kleidung der Bergleute und all die anderen Ausstellungsstücke und erhaltenen Überbleibsel des Bergbau-Alltags wissen er und seine Kumpel so einiges.
Über den Malakoffturm und die gesamte Komplexität der Prosper-Zechen und des 1974 entstandenen Verbundbergwerks Prosper-Haniel im Laufe der Jahrzehnte berichten sie beim Gang durch den Förderturm, mit Leidenschaft und stets einer persönlichen Geschichte über die Zeit im Bergbau.
Das Steigerlied hat für die ehemaligen Bergleute eine besondere Bedeutung
Ein besonderes Highlight: Die noch intakte Signalanlage, die mit der Anzahl an lauten Glocken-Schlägen den Halt oder die Auf- und Abfahrt des Förderkorbes verkündete. „Die Glocke zu betätigen, ist besonders bei Kindern sehr beliebt.“ Ein Stückchen weiter steht dann ein Ausstellungsstück mit besonders viel emotionaler Bedeutung. „Wir haben hier einen Teil des letzten Stücks Kohle, das auf Prosper-Haniel gefördert wurde.“ Das andere Teil des Stücks hat Bundespräsident Steinmeier bei der Schließung des letzten deutschen Steinkohlebergwerks bekommen.
„Der Schacht hier war 813 Meter tief und wurde 1987 verfüllt. Ich selbst habe ihn während meiner Ausbildung hier noch aktiv erlebt“, erzählt er von früher. Immer wieder schwelgen er und seine Kumpel bei ihren Treffen im Malakofftum in Erinnerungen an früher. „Wir unterhalten und über die alten Zeiten und lachen gemeinsam.“ Auch Traditionen wie die „Mettenschicht“, die letzte Schicht vor Weihnachten, zelebrieren die Kumpel jedes Jahr in ihrem Turm. Zur Brauchtumspflege der Ehrengarde gehört neben den Treffen und Führungen im Malakoffturm vor allem auch eins: die Bewahrung des Steigerliedes. „Wir kommen oft zu Beerdigungen oder Geburtstagen ehemaliger Bergleute und singen dann das Steigerlied.“ Der Tradition entsprechend natürlich mit einem Schnaps am Ende der letzten Strophe.