Bottrop. . Im Jahr 1863 fängt der Kohleabbau auf der ältesten Zeche in Bottrop an. 1866 reißt ein Seil: 14 Bergleute sterben. Blick zurück in die Historie.
Die zarten Anfänge des Bergbaus auf heutigem Bottroper Gebiet zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren rückblickend betrachtet eher Grabungsversuche an der Oberfläche.
Erst 1854 stößt der Essener Kaufmann Julius Waldthausen in rund 170 Meter Tiefe auf erste nennenswerte Steinkohlevorkommen. Die rufen nicht nur die Waldthausens, sondern auch andere später bekannte Industriellenfamilien wie Haniel, Huyssen, Morian und Grillo auf den Plan. Sie gründen 1856 die Arenbergsche Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb .
1856: Etwa 3500 Einwohner
Im selben Jahr fällt der Beschluss zum Teufen des ersten Prosper-Schachts im äußersten Süden der kleinen Gemeinde mit ihren etwa 3500 Einwohnern. Angesichts der nahen Emscher und ihrer Nebenflüsse ein teilweise kompliziertes Unternehmen.
Die Kohleförderung beginnt 1863. Bereits im ersten Jahr fördern die Bergleute 60 000 Tonnen, im Jahr darauf bereits knapp 110 000 Tonnen des Schwarzen Goldes, das von nun an für die nächsten anderthalb Jahrhunderte die Grundlage für die spätere Stadt bildet. Bis 1900 wächst Bottrop auf rund 25 000 Einwohner. Später wird die junge Bergbaustadt, die bis 1919 auf die Stadtrechte warten musste, nicht zuletzt wegen Prosper I, zum „größten Dorf Preußens“.
Die Fördermengen erreichen mit jedem Jahr neue Höchstmarken. Bereits 1866 entsteht die Kokerei. Die Anlage entwickelt sich so vielversprechend, das man 1871 bereits Prosper II plant, der ab 1875 als eigenständige Förderanlage den Betrieb aufnimmt.
1890: Eine Million Tonnen Kohle gefördert
Auch in den ersten Jahrzehnten gab es im damaligen Deutschen Reich schon Kohlekrisen, wie zum Beispiel in den 1880er Jahren. Prosper I (wie auch Prosper II) erweisen sich allerdings dagegen als nahezu immun und stehen wirtschaftlich auf sicherem Fundament. Bereits 1890 übersteigt die Fördermenge eine Million Tonnen.
Nach der Jahrhundertwende nimmt die Arenberg-Bergbaugesellschaft weitere Schächte in Betrieb. Zur alten Zeche Prosper I gehören nun die Schächte 1/4/5. Zu Prosper II - mit dem markanten und heute denkmalgeschützten Malakoffturm an der Knappenstraße - gehören die Schächte 2 , 3 und später 8, der als Förderschacht 1921 den Betrieb aufnimmt. Die Schächte 6 und 7 firmieren unter Prosper III.
Bevor auf Prosper I 1928 die Förderung eingestellt wird, kommt es zu Änderungen. Die alte Arenbergsche Aktiengesellschaft fusioniert 1922 mit der Rheinischen Stahlwerke AG. Die Bottroper Zechen bilden fortan die Abteilung Arenberg. Auch der Kokereibetrieb wird neu geordnet. Die einzelnen Kokereien werden stillgelegt.
Schächte werden 1976 verfüllt
1928 geht die neue Zentralkokerei mit 320 Koksöfen in Betrieb. Die liegt nun östlich der Prosper II-Schächte 2/3/8 in Richtung Karnaper Gebiet und ist mit einer Jahresproduktion von etwa 1,6 Millionen Tonnen Koks die größte Kokerei des damaligen Reviers.
Zehn Jahre nach dem Ende der Förderung auf Prosper I nimmt man 1938 Schacht 5 wieder für Seil- und Materialfahrten in Betrieb. Die Mutung eines Blei- und Zinkganges folgt 1940 - endet aber nach 110 Metern erfolglos. 1959 schließt die Schachtanlage endgültig. 1976 fällt das Fördergerüst, die Schächte werden verfüllt.
Zu Prosper I gehört aber auch die Erinnerung an das größte Unglück der Prosper-Geschichte: 1866 sterben 14 Bergleute, als ein noch aus Aloefasern geflochtenes Seil eines Förderkorbs reißt.
Als Folge setzt die Zechenleitung auf eine so genannte „Fahrkunst“. Die wird allerdings Mitte der 1890er Jahre wieder aufgegeben, nachdem zuvor eine sichere Drahtseilförderung eingebaut worden war.
Nur ein Lokschuppen bleibt erhalten
Von den ursprünglichen Bauten - fast alle wurden 1984 abgerissen - ist nur noch ein ehemaliger Lokschuppen erhalten. Der malerische Backsteinbau hart am Kanalufer dient seit vielen Jahren als Bootshaus der Rudergemeinschaft Bottrop und war mehrfach auch Spielort der „FilmSchauPlätze NRW“, einer Open Air-Kinoreihe, die jährlich an wechselnden markanten Orten in Nordrhein-Westfalen Station macht.
Wo einst die umfangreichen Bauten und Maschinen der alten Zeche Prosper I standen, befindet sich heute ein nach der ersten Bottroper Zeche benanntes Gewerbegebiet. Reste der alten Anlagen und Gebäude sind nicht zugänglich, allerdings auch kaum noch zu erkennen.
Ohne die Zeche gäbe es Bottrop-Ebel nicht
29 Geschäfte, 20 Vereine, darunter polnische und schlesische Heimatvereine, zwei Kirchen: So beschreibt Heimatforscher Helmut Brus das alte Ebel. Er selbst wuchs in der Kolonie auf, in der sein Großvater Matteo Ford schon um die vorletzte Jahrhundertwende Arbeit fand. Natürlich auf der Zeche Prosper I.
Von 1856 bis 1959 ist Prosper I Arbeitsplatz für Generationen von Männern aus Bottrop und Borbeck. Viele von ihnen finden eine neue Heimat in den Arbeiterkolonien Ebel, aber auch in der Siedlung Plankenschemm und an der Essener Straße, also dem äußersten Süden der Stadt.
Brückenmaut nach Bottrop
Die Zeche wird im Jahre 1856 auf der Heiligen Wiese in Borbeck abgeteuft. 1959 wird sie stillgelegt und 1984 dann abgerissen. Prosper I ist die erste von insgesamt sieben Prosper-Zechen: Prosper I-V, Arenberg-Fortsetzung und Prosper-Haniel mit dem Vorläufer Franz Haniel, die im Laufe dieser WAZ-Serie vorgestellt werden.
Vor allem der heutige Bottroper Ortsteil Ebel wäre ohne Prosper I überhaupt nicht entstanden - oder zumindest nicht über eine lockere Ansammlung von Kotten im einst sumpfigen Umfeld der Emscher und deren Nebenflüssen hinaus gewachsen.
Die Ebel-Kolonie führt von Anfang an ein starkes Eigenleben
Die seit 1863 für die Prosper-Arbeiter entstandene Ebel-Kolonie führt schon durch ihre Lage auf der Emscherinsel und seit 1914 durch den neuen Rhein-Herne-Kanal vom Borbecker Gebiet abgetrennte Situation ein starkes Eigenleben.
Erzählen Sie uns Ihre Bergbaugeschichte
Für die Serie zum Ende des Bergbaus in Bottrop stöbert die Redaktion im eigenen Archiv, im Stadtarchiv, in der Schriftenreihe des Heimatvereins, im Essener Ruhr-Museum, in den RAG-Archiven und in etlichen Büchern zum Thema Bergbaugeschichte.
Eine der wichtigsten Quellen sind aber Ihre Erinnerungen. Die Geschichten vieler Familien in dieser Stadt sind untrennbar verknüpft mit dem Entstehen und Vergehen von Schachtanlagen, von Zechensiedlungen, mit den Hinterlassenschaften des Bergbaus wie etwa der Halden sowie von Unternehmen, die mit dem Bergbau in Bottrop groß geworden sind. Möglichst viele solcher Geschichten würden wir gern auch in unserer ultimativen Bergbau-Serie erzählen.
Deshalb unsere Bitte: Senden Sie uns Ihre Bergbau-Geschichten und Erinnerungen. Per Mail an redaktion.bottrop@waz.de, per Post an die WAZ-Lokalredaktion Bottrop, Osterfelder Straße 13, 46236 Bottrop.
Wer nach Bottrop will, muss lange über die so genannte „Fünf-Pfennig-Brücke“ die Emscher überqueren. Die bildet zugleich die Grenze zwischen der Provinz Westfalen und der preußischen Rheinprovinz.
Kirchlicherseits halten noch lange nach 1929 die Verbindungen nach Essen. Die Katholiken hatten seit der stiftischen Zeit ihre Pfarrkirche in Borbeck, St. Dionysius. Mit der Errichtung der Michaels-Pfarre in Dellwig im 20. Jahrhundert verkürzt sich der Weg zur Kirche an der dortigen Haus-Horl-Straße. Noch in den späten 1930er Jahren berichten Gläubige - und vor allem die Messdiener - von langen Versehgängen und Krankenkommunionen, die der Priester in Chorkleidung begleitet von Ministranten mit Kerzen und Glöckchen zu Fuß nach Ebel zurücklegt.
Es kommt Bewegung in den schon lange geforderten Bau einer Kirche
Zwar gestattet die damals zuständige erzbischöfliche Behörde in Köln Messfeiern in der Ebeler Schule. Aber als sich 400 und mehr Gläubige im Schulsaal, auf Gängen und Treppen drängen, um die Sonntagsmesse zu besuchen, kommt Bewegung in den schon länger geforderten Bau einer Kirche. 1937 beginnt die Errichtung der Matthiaskirche nach Plänen von Josef Franke. Ab 1938 hat Ebel einen eigenen Seelsorger.
Auch die Protestanten gehören noch lange nach der Eingemeindung nach Bottrop zur Muttergemeinde Bergeborbeck. Bis in die 50er Jahre macht sich an hohen Feiertagen der Posaunenchor auf nach Ebel und spielt auf den Straßen und in der - inzwischen abgerissenen - evangelischen Kapelle.
Mit dem Verschwinden von Prosper I - einst dem wirtschaftlichen Rückgrat der Kolonie - verändert sich auch der Charakter. Viele Familien ziehen weg. Für Geschäfte, Gaststät.ten und Vereine wird es zunehmend schwierig.
In Ebel wechseln mehrfach die Zuständigkeiten
Große Eingemeindungswellen und Gebietsreformen machen sich vor allem in „Grenzregionen“ bemerkbar. Ebel ist dabei geradezu ein Klassiker. Traditionell gehörte das Gebiet zu den Bauernschaften Vogelheim, Dellwig und Gerschede. Abgabepflichtig waren sie alle dem Oberhof in Bobeck und damit bis 1803 dem Essener Damenstift.
Seit der preußischen Zeit gehörte Ebel zur Bürgermeisterei Borbeck. Als die im Zuge der großen Eingemeindungswelle 1915 der Stadt Essen zugeschlagen wird, fällt auch Ebel an Essen - und bleibt dort bis zur großen Gebietsreform 1929. Seither ist Ebel Stadtteil von Bottrop, das seinerseits 1919 zu Stadt erhoben worden war.
Wie groß die Veränderungen 1929 waren zeigt sich auch daran, dass Ortsteile, die heute wie selbstverständlich zum Stadtgebiet gehören, noch keine 90 Jahre vom schmucken Bottroper Rathaus aus regiert werden. Dazu gehört vor allem Vonderort, das bis 1929 zur Bürgermeisterei Osterfeld gehört, aber auch Teile des damaligen Essen-Karnap, die vor 89 Jahren an Bottrop fallen.
Mit der Eingemeindung nach Bottrop verlässt Ebel auch die alte preußischen Rheinprovinz und gehört fortan zur Provinz Westfalen. Aus heutiger Sicht fast schon kurios mutet es an, dass damit auch die „Maut“ an der Emscherbrücke wegfällt. Denn wer bis dahin von Bottrop nach Ebel und damit ins rheinische Essen wollte, hatte an der „Fünf-Pfennig-Brücke“ zu zahlen.
In Ebel hat sich viel verändert
Seither hat sich viel verändert in Ebel. An die frühere Lebensform der Bewohner zwischen Pütt, Vereinen, dem großen Garten zur Selbstversorgung und Ställen für Ziegen und Schweine sind nur noch hier und da die Taubenschläge geblieben. Denn der Taubensport ist immer noch eine Nummer in Bottrop.
Nach Emscher und Rhein-Herne-Kanal zieht sich seit Mitte der 1970er Jahre auch die A42 als Trennlinie durch Ebel. Im Gegensatz zur Emscher, die in wenigen Jahren als naturnah umgebauter Fluss den Erholungs- und Freizeitwert in Ebel erheblich steigern dürfte, wird die Autobahn weiterhin die beherrschende Geräuschkulisse bilden.
Und heute ein Ort für Freizeitsportler
Auch der Rhein-Herne-Kanal, der seit 1914 die Insellage Ebels noch verstärkt, wird seit dem Ende der Prosperzechen mehr und mehr auch als Freizeitort wahrgenommen. An seinem Ufer - beim heutigen Gewerbegebiet Prosper I - liegt der alte Lokschuppen von Prosper I. Er dient nicht nur als Station des Kulturkanals, sondern vor allem als Bootshaus der Rudergemeinschaft Bottrop.