Langenberg. Die Anlage der Gartenfreunde Bonsfeld in Langenberg hat nichts gemein mit dem Klischee der Schrebergärten. Gemeinsamkeit ist hier wichtig.

Wo keine zehn Meter neben einer großen Flagge von Borussia Dortmund eine ebenso große Flagge des FC Schalke 04 im Winde weht, da lohnt es sich, genauer hinzusehen; hier können die Menschen meist noch etwas über zivilisatorisches Miteinander und Koexistenz lernen.

Isabel Cienia und Markus Heinemann lieben ihren Kleingarten n Bonsfeld.
Isabel Cienia und Markus Heinemann lieben ihren Kleingarten n Bonsfeld. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Wer also den kleinen hölzernen Torbogen mit der Inschrift „Gartenfreunde Bonsfeld“ durchschreitet, landet in einem Kleinod, eingerahmt von Bonsfelder und Hüser Straße: Die Sonne quält sich immer wieder durch die grau-weißen Wolken, ein leichter Herbstwind raschelt in den Apfelbäumen, deren Blätter sehr trocken und deren Äpfel sehr rot sind und irgendwie vergeht die Zeit hier ein wenig langsamer, in dieser merkwürdig entschleunigten Spätsommersedierung, die den Blick schärft für das Minuziöse; für die kleinen Details des Alltäglichen.

Bis zu 480 Quadratmeter groß

Der Kies etwa, der den Weg durch die Parzellen weist, knirscht bei jedem Schritt unter den Schuhen. „In unserer Anlage haben wir 91 Gärten, der kleinste umfasst 80, der größte 480 Quadratmeter“, sagt Jürgen Bolscho, zweiter Vorsitzender der Gartenfreunde.

Kleingartenanlagen, das sind vor dem inneren Auge vorbeiziehende Bilder von baugleiche Parzellen, Gartenzwergen und immer gleichen Büschen; das sind Millimeterstreitigkeiten um Rasenanlagen und juristische Scharmützel wegen sanft dahinwuchernder Hecken.

Gärten sind Unikate

In Bonsfeld aber gibt es nichts von alldem (gut, um ehrlich zu sein: nicht die gesamte Gartenanlage wurde auf einen Gartenzwergbestand überprüft, aber ganz grundsätzlich wirkt hier ziemlich wenig bieder). Die Kleingärten bei den Gartenfreunden sind alle irgendwie einzigartig.

Acht Jahre Wartezeit

Seit dem Jahr 2000 gibt es die Gartenfreunde als eingetragenen Verein. Er war gegründet worden, um die Natur auf der Anlage vor Bebauung zu schützen.

Wer eine Parzelle auf der Anlage beziehen will, braucht Geduld: Ungefähr 25 Parteien stehen auf der Warteliste. „Knapp acht Jahre“, sagt Bolscho.

Da wären etwa die Parzellen der drei türkischen Großfamilien, die auf ihrem Gelände um die 400 Paprikastauden angepflanzt haben. Oder der große Birnbaum, der seit einiger Zeit vom Birnengitterrost befallen ist, einem Pilz aus der Familie der Pucciniaceae, was nichts zur Sache tut, aber sich doch sehr klangvoll anhört.

Ausgleich zur anstrengenden Arbeit

Milo Mirkovic hat seinen Kleingarten liebevoll gestaltet.
Milo Mirkovic hat seinen Kleingarten liebevoll gestaltet. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Oder die Parzelle von Bolscho, auf der er genau fünf Paprikastauden gepflanzt hat (eine einzige rote Paprika hängt von den traurigen Stauden, die grünen sind deutlich besser ausgeschlagen), ein paar Erdbeeren und Kohlrabi, die in diesem Jahr aber nichts geworden sind.

Für Bolscho ist das Ganze der ideale Ausgleich zu seiner Arbeit bei Wieland, dem Metallwarenhersteller an den Serpentinen in Richtung Vogelstraßen. Über seinem kleinen Garten weht stolz eine leicht verblichene Flagge mit dem Stadtwappen von Greifswald, wie über so vielen anderen Parzellen auch.

Klar, die Flagge der Stadt Greifswald ist hier einzigartig, aber es finden sich türkische Flaggen, ein Union Jack und die Flagge des Sandžak, einer muslimisch geprägten Region, die Teile von Serbien und Montenegro umfasst.

„Zusammenhalt ist top“

Ob Kleingärtner im Sandžak gut mit Nachbarn aus der Türkei oder Großbritannien auskommen würden, ist nicht überliefert, in Bonsfeld aber scheint das gut zu funktionieren. „Das Klima hier ist top“, sagt Bolscho, „der Zusammenhalt auch – trotz der sieben Nationen, die hier zusammen sind“.

Da kommen direkt wieder die beiden Flaggen vom Eingang in den Sinn. Wer in Bolschos Parzelle in seiner Hollywood-Schaukel sitzt – aus dem Radio tönen Rocksongs aus den Achtzigern – und sich den Wind durch die Haare wehen lässt, der spürt sie, die entschleunigende Wirkung, die diese grüne Enklave entfaltet.

Hier verbringen Menschen ihre Zeit neben- und miteinander, die verschiedene Gemüsesorten anbauen, aus verschiedenen Winkeln der Welt kommen, verschiedene Jobs bei verschiedenen Unternehmen und verschiedene Ansichten haben und auch ganz verschiedene Vorstellungen davon, wie ein idealer Kleingarten aussehen sollte.

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