Langenberg. Modern Arnis Velbert ist ein Verein, der effektive Selbstverteidigung lehrt. In Langenberg residieren die Sportler seit gut drei Jahren.

Der Schlag mit der flachen Hand zielt in Richtung Gesicht von Martin Kosa. Treffen wird er allerdings nie. Blitzschnell lenkt er den Arm ab, greift die Hand, biegt die Finger nach hinten. Ich gehe in die Knie, so weh tut der Griff. Kosa grinst: „Und das ist nur Training“, sagt er.

Der 52-jährige hat vor drei Jahren den Verein „Modern Arnis Velbert“ (MAV) gegründet und unterrichtet seitdem gut ein Dutzend Mitglieder in der philippinischen Kampfkunst. „Nicht Kampfsport“, darauf legt Kosa wert. „Es gibt hier keine Wettkämpfe und keine Urkunden. Wir sind nicht auf Leistung aus.“

Angriffe abwehren, auch mit Alltagsgegenständen

Körperliche Unterschiede spielen beim Modern Arnis keine Rolle: Wer die Hebeltechniken beherrscht, kann auch körperlich überlegene Angreifer abwehren.
Körperliche Unterschiede spielen beim Modern Arnis keine Rolle: Wer die Hebeltechniken beherrscht, kann auch körperlich überlegene Angreifer abwehren. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Stattdessen geht es darum, „Angriffe abzuwehren. Wir üben das sehr nah am Alltag“, erläutert Kosa, der seit seinem achten Lebensjahr Kampfsport betreibt. Dazu gehöre auch der Einsatz von Alltagsgegenständen als Waffe: „Handtuch, Smartphone, Flasche – das geht alles“, sagt er.

Begonnen hatte der 52-Jährige ursprünglich ganz klein, im Offenen Bürgerhaus BiLo in Velbert-Birth. „Ich habe da mit zwei Schülern angefangen“, erzählt er. „Aber das sind sehr schnell immer mehr geworden, da wurde der Raum irgendwann zu klein.“

Nur Vereine bekommen Hallenzeiten

Eine Hallenzeit gibt es in Velbert aber nur für Vereine, also gründete er gemeinsam mit sieben anderen den MAV – und bekam zwei Trainingszeiten in der Turnhalle an der Wilhelm-Ophüls-Schule zugewiesen. „Man muss ja nehmen, was man kriegt“, sagt Kosa lachend, „aber ich möchte hier nicht mehr weg. Ich liebe die Halle, ich mag die Leute. Es passt einfach.“

Übungen mit dem Stock – oder auch mit zwei Stöcken – schulen die Bewegungsabläufe und das periphere Sehen. Gleichzeitig kann der Stock durch nahezu jeden beliebigen Gegenstand ersetzt werden – etwa eine Flasche oder ein Handtuch.
Übungen mit dem Stock – oder auch mit zwei Stöcken – schulen die Bewegungsabläufe und das periphere Sehen. Gleichzeitig kann der Stock durch nahezu jeden beliebigen Gegenstand ersetzt werden – etwa eine Flasche oder ein Handtuch. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Für Modern Arnis hat sich Kosa entschieden, weil er in seinem Berufsleben gemerkt hat, „dass andere Kampfsportarten einfach nicht realitätsnah genug sind.“ Er komme aus der Security-Branche, „habe auch viele Jahre im Begleitschutz gearbeitet. Unter anderem für Larry Hagman.“ Der dürfte einigen noch als J.R. Ewing aus der Serie „Dallas“ bekannt sein.

Ursprung im Dschungelkampf

„Modern Arnis bietet gute Entwaffnungstechniken“, sagt der Vereinsgründer. Und blickt dann zurück: Ursprünglich wurde die Kampfkunst um das Jahr 1521 herum auf den Philippinen entwickelt. Die Einheimischen wehrten sich damit im Dschungelkampf gegen die spanischen Entdecker.

Professor Remy Presas entwickelte die Kampfkunst dann nach dem Zweiten Weltkrieg weiter, passte sie an moderne Gegebenheiten an. „Und es entwickelt sich ständig weiter“, sagt Kosa. „Wenn wir merken, dass man bestimmte Techniken verbessern kann, dann tun wir das auch. So wird die Kampfkunst immer weiter verfeinert und verbessert.“

Einsteigen ist zu jeder Zeit möglich

Die Altersstruktur im MAV ist bunt gemischt, einsteigen jederzeit möglich.
Die Altersstruktur im MAV ist bunt gemischt, einsteigen jederzeit möglich. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Einsteigen ist übrigens stets möglich – völlig unabhängig von Vorerfahrung, Alter oder Statur. „Ich hatte hier sogar einen Rollstuhlfahrer, der einige Zeit mit uns trainiert hat.“ Und der älteste Sportler „ist auch schon 69 Jahre alt.“

Viel wichtiger sei, dass seine Sportler Spaß am Training haben. „Darum geht es natürlich auch“, sagt der 52-Jährige. Dementsprechend hat er auch den Verein strukturiert: „Es gibt keine Kündigungsfrist bei mir“, sagt er. Wer feststelle, dass „das nicht mehr mein Ding ist, kann sofort kündigen und muss dann nicht noch für eine Zeit zahlen, in der das Training gar nicht mehr genutzt wird.“

„Selbstverteidigung muss erschwinglich sein“

Bislang habe das aber noch niemand in Anspruch genommen. Genauso entspannt ist Kosa beim Kennenlernen: Schnuppertraining ist immer möglich, die ersten beiden Male sind kostenfrei. Auch der Beitrag ist „so niedrig kalkuliert wie möglich. Selbstverteidigung muss erschwinglich sein“, findet Kosa.

„Wir sind keine Boxbude“, sagt Martin Kosa über den MAV schmunzelnd, „keine Schlägertypen. Hier hat alles Hand und Fuß und man lernt auch, was hinter den Techniken steckt, bekommt also auch anatomische Kenntnisse vermittelt.“
„Wir sind keine Boxbude“, sagt Martin Kosa über den MAV schmunzelnd, „keine Schlägertypen. Hier hat alles Hand und Fuß und man lernt auch, was hinter den Techniken steckt, bekommt also auch anatomische Kenntnisse vermittelt.“ © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Und kommt damit gleich zu einem Punkt, der ihm sehr wichtig ist: „Ich krieg zuviel, wenn ich diese Werbungen sehe, die versprechen, dass man sich nach wenigen Wochen Training selbst verteidigen kann.“ Das reiche vielleicht, um die Grundzüge einiger Techniken zu verstehen.

Übung, Übung, Übung

„Aber das muss ja in Fleisch und Blut übergehen.“ Im Ernstfall habe man als Angegriffener überhaupt keine Zeit darüber nachzudenken, wie ein Schlag pariert werden kann. „Das muss automatisch ablaufen. Und dazu brauche ich Übung, Übung, Übung.“

Wer einmal bei Martin Kosa und den anderen Sportlern von Modern Arnis Velbert vorbeischauen möchte, kann sich vorab mit dem Trainer und Vereinsgründer unter 01575 36 76 446 in Verbindung setzen. Weitere Informationen gibt es auch im Internet: www.arnis-fma.de

Die Geschichte der Kampfkunst

Die Philippinen sind vor vielen Jahrhunderten von Seefahrern aus dem südostasiatischen Raum besiedelt worden. Diese brachten ihre heimatlichen Kriegskünste mit. Über lange Zeit entwickelte sich ein besonderer Stil, dessen erstes prominentes Opfer Ferdinand Magellan war, der 1521 von Häuptling Lapu Lapu mit Arnis-Techniken ins Meer zurückgedrängt wurde.

Unter spanischer Besatzung wurde das Arnis-Training verboten. Die Filipinos „verpackten“ die geschmeidigen Arnis-Techniken in ihre Volkstänze und konnten so unter den Augen der folklorebegeisterten Spanier ihre Kampfkunst trainieren.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg hat Remy Presas die vielen unterschiedlichen Stilelemente zu einem einheitlichen System zusammengefasst, das den Ansprüchen an ein modernes Selbstverteidigungssystem gerecht wird.

Der Vater des Modern Arnis, Großmeister Professor Remy Presas (10. Dan), betreute den Deutschen Arnis Verband (DAV), bis er im Jahr 2001 nach einer schweren Krankheit starb. Modern Arnis Velbert ist Mitglied im DAV, ebenso im Stadtsportbund Velbert, der Jiu-Jitsu Union NW und dem Dachverband für Budotechniken NRW.