Langenberg. Nach einem Streit gründeten 23 Turner 1882 den Männer-Turn-Verein Langenberg. Heute ist der MTV mit einem großen Breitensport-Angebot präsent.
Ernst blicken acht Herren im mittleren Alter in die Kamera, sie tragen dunkle Anzüge – und halten einen Krug Bier in der Hand. Ernst schauen sie deshalb, weil sie gerade im Streit aus dem Langenberger Turnverein ausgeschieden sind und sich darauf vorbereiten, ihren eigenen Club zu gründen.
Die Aufnahme entstand 1882 und zeigt den Entstehungsmoment des Männer-Turn-Vereins Langenberg (MTV). Zur Gründungsversammlung am 1. April des gleichen Jahres kamen schon 23 Herren. Sechs Wochen später wählten die Mitglieder ihren ersten regulären Vorstand.
MTV bietet hauptsächlich Breitensport
Heute, gut 140 Jahre später, ist der Verein breit aufgestellt und bietet den Langenbergern vor allem Breitensport an. „Wir haben nur eine Mannschaft im Ligabetrieb“, sagt der aktuelle Vorsitzende Hendrik Haase, „und das ist unser Schachteam.“
„Der Rest ist eher Hobby“, sagt der 43-Jährige. Dazu zähle etwa die Gruppe, die sich regelmäßig zum Hallenfußball treffe: „Der Jüngste ist 18, der Älteste 74.“ Oder der Bereich Kindersport: „Diese drei Gruppen haben wir stark gefördert“, sagt Haase.
Angebote gelten gruppenübergreifend
Insgesamt stehe im MTV der freundschaftliche Austausch im Vordergrund – „auch über die Gruppen hinweg“, so Haase. Der Verein habe viele Angebote zum Beispiel für die älteren der rund 300 Mitglieder – etwa Gymnastik. „Wir nutzen auch das Lehrschwimmbecken in Nierenhof oder die kleine Halle im Bürgerhaus.“
Dementsprechend stammen auch viele der Übungsleiter aus den eigenen Reihen. „Viele Mitglieder sind 25 Jahre und mehr dabei, da wachsen solche Strukturen“, sagt der Vorsitzende. Nicht wenige Übungsleiter hätten die 60 schon hinter sich gelassen, „in der Leichtathletik und beim Nordic Walking sind die sogar schon 70 Jahre alt.“
Nachwuchsarbeit ist „sehr schwierig“
Gerade diese Generation habe „einfach Spaß an der Sache“, freut sich Hendrik Haase. „Die legen auch regelmäßig das Sportabzeichen ab.“ Einige hätten sich dieses Abzeichen schon so oft erarbeitet, „da werden wir Jüngeren niemals auch nur annähernd heran kommen.“ Willy Bender habe etwa „gefühlt schon 50 Mal das Abzeichen abgelegt“, sagt Haase lachend, „das ist uneinholbar.“
Sorge bereitet allerdings die Nachwuchsarbeit, die sei „sehr, sehr schwierig.“ Die Nachfrage in der jungen Generation sei einfach anders, „zu erkennen, dass Vereinsleben und Vereinsarbeit schöne Sachen sind.“ Es gebe zwar immer wieder junge Leute, „die im Verein groß geworden sind“, ergänzt Sabine Boll, die sportliche Leiterin des MTV.
Jugendliche haben viele Alternativen zum Verein
„Die wissen dann, dass der Verein ein Anlaufpunkt ist, an dem ich neue Leute kennen lernen, Kontakte knüpfen und sogar Freunde finden kann.“ Das Familiäre, das sei eben „der Ursprung des Vereinslebens.“ Allerdings hätten junge Leute heute zum Einen weniger Zeit und zum Anderen „gibt es so viele Möglichkeiten, sich zu betätigen“, sagt Sabine Boll, „zum Beispiel Fitnessstudios oder Angebote der VHS.“
Regen Zulauf wiederum hat der MTV, wenn es um die alljährliche Treppenwanderung kreuz und quer durch Langenberg geht. „2019 hatten wir erstmals mehr als 320 Teilnehmer“, sind Hendrik Haase, Sabine Boll und Patrick Isert aus dem Vereinsvorstand hörbar stolz.
Treppenwanderung ist der Höhepunkt des Jahres
„Da zeigt sich: Wir werden wahrgenommen“, sind sich die drei einig. „Inzwischen kommen auch Leute von außerhalb“, sagt Sabine Boll. Über 1400 Stufen führt die Wanderung, zwischen 90 und 120 Minuten brauchen die Teilnehmer dafür. „Es gibt aber auch Jugendliche, die joggen die Strecke in einer halben Stunde“, sagt die sportliche Leiterin.
In der Corona-Zeit jedoch ruht das Vereinsleben weitestgehend, auch die Treppenwanderung musste ausfallen. „Wir hatten uns dagegen entschieden, zu früh wieder Gruppen trainieren zu lassen“, sagt Hendrik Haase, der Vorsitzende des MTV. „Etwas weniger als die Hälfte unserer Mitglieder gehört zur Risikogruppe, die Verantwortung wollten wir nicht übernehmen.“
Wiedersehensfeier nach Corona
Während der Vorstand sich hauptsächlich per Videokonferenz oder telefonisch abstimmte, war Sabine Boll auch unterwegs: „Ich habe unseren älteren Damen ein Bewegungsprogramm für zu Hause gebracht.“ Dank Patrick Isert, der hauptberuflich bei Domizil arbeitet, sei der Verein sowieso „ganz nah dran an den Bedürfnissen der älteren Mitmenschen“, sagt die sportliche Leiterin.
Aber Corona habe auch etwas Gutes gehabt, ergänzt Hendrik Haase: „Die Halle Donnerstraße ist fertig repariert, die können wir bald wieder nutzen.“ Und sobald das Vereinsleben wieder starten darf, „planen wir eine große Wiedersehensfeier am Vereinsheim“, verspricht der MTV-Vorsitzende – „mit allen Mitgliedern und Übungsleitern.“
Fast 140 Jahre Vereinsgeschichte
Die erste Erweiterung erlebte der MTV 1894 mit der Gründung einer Jugendabteilung. Beim Silberjubiläum waren die alten Streitereien vergessen, auch der Langenberger Turnverein überbrachte Glückwünsche.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Verein dann seinem Namen untreu, heißt es in der Vereinschronik, denn 1920 gründete der MTV eine Abteilung für Turnerinnen.
Über die Jahre kamen dann unter anderem Handball, Volleyball, Tennis, Fußball und Taekwondo dazu; seit 1933 gibt es die Frauenabteilung, seit 1965 die Mutter-Kind-Gruppe.
Weitere Informationen über den Verein und sein umfangreiches Angebot gibt es auf mtv-langenberg.de.